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„Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider Deinen Nächsten!“

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Nach § 85 BBG und den entsprechenden Vorschriften der Länderbeamtengesetze 1 wird Beamten auf Antrag ein Dienstzeugnis ausgestellt, wenn das Beamtenverhältnis beendet wird. Anders als die dienstliche Beurteilung dient dieses Dienstzeugnis nicht der innerdienstlichen Verwendung, sondern der Information eines neuen Arbeitgebers. Dabei sind Dienstzeugnisse aber oft nur nach dem äußeren Anschein wohlwollend formuliert.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat der Beamte aber einen Anspruch auf  eine „wohlwollende“ Abfassung eines qualifizierten Zeugnisses.2  Andererseits ist der Dienstherr an die Wahrheitspflicht gebunden. Deshalb hat sich im Bereich der Dienstzeugnisse eine eigene „Formulierungskultur“ entwickelt. Dabei gilt der Grundsatz: Dienstzeugnisse muss man richtig lesen können!

Einige Beispiele:
• „Der Beamte war stets bemüht, seine Arbeit zu unserer vollen Zufriedenheit zu erledigen.“
= Er hat sich zwar „bemüht“, die Arbeitsergebnisse ließen jedoch zu wünschen übrig!

• „Die Beamtin hat alle Arbeiten mit großem Fleiß und Interesse erledigt.“
= Die Beamtin zeigte zwar Eifer und Engagement, ihr Arbeitserfolg war aber eher mäßig.

• „Die Leistungen des Beamten lagen stets innerhalb seiner Fähigkeiten.“
= Dem Beamten fehlen die Voraussetzungen, um brauchbare Leistungen zu erbringen.

• „ Die engagierte Beamtin verstand es, die anfallenden Arbeiten mit Verstand zu delegieren.“ oder „Die Beamtin koordinierte die in ihrem Bereich anfallenden Arbeiten vorzüglich.“
= Die Beamtin war eher faul; drückte sich vor eigener Arbeit.

• „Die Beamtin stand in regem Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen.“ oder „Die bei allen Kollegen beliebte Beamtin...“ oder „Sie trug stark zur Verbesserung des Arbeitsklimas bei.“
= „Schwätzerin“, die andere von der Arbeit abhält.

• „Der Beamte war ein verständnisvoller Vorgesetzter.“
= Es fehlte ihm jegliche Autorität und Durchsetzungskraft.

Ich denke:
„Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider Deinen Nächsten!“ lautet bekanntlich das achte der zehn Gebote, die Gott Moses verkündete. Daran sollten sich auch Arbeitgeber und Dienstherren bei der Abfassung von Zeugnissen halten.

Auch bei Dienstzeugnissen sollte man nicht immer „zwischen den Zeilen“ lesen müssen. Ansonsten gibt es unter Zugrundelegung der oben angeführten Beispiele nur eine einzige Auslegung, wenn im Dienstzeugnis stehen sollte: Der Beamte glänzte mit nie gesehenem Eifer!

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

_________________________________

1 Eine entsprechende Übersicht über alle bundes- und landesrechtlichen Regelungen findet sich bei Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht.
2 BVerwG vom 23.11.1995, Az.: 2 A 2 / 94 – juris.


Zum Dienstzeugnis vgl.:

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 72 BayBG, Rn. 1 ff

  • Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, Kapitel 16, Rn. 88 und 89

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 27.11.2014 um 10:30:
"Die gesellige Beamtin stand in ständigem Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Kolleginnen" bedeutet einfach: Die Beamtin trinkt gerne und viel und hält die anderen durch ihre Geschwätz von der Arbeit ab.
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