FC St. Pauli: Fußballprofi und Beamter - Hamburg macht´s möglich!
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als einer der wenigen Fußballspieler aus den höchsten Ligen in Deutschland übt Fabian Boll trotz seiner sportlichen Karriere weiter seinen erlernten Beruf aus – fünfmal in der Woche, in der Regel jeweils vier Stunden.1 Der Fußballprofi: „Mein Hauptberuf ist Polizist.“ Wenn Boll auch nachmittags trainiert, müsse er dann eben dafür an anderen Tagen länger Dienst leisten. Für seinen „Nebenberuf“ als Profi erhalte er brutto monatlich rund das Zehnfache seiner Dienstbezüge als Beamter. Sein Alltag: Morgens um 9.30 Uhr Training. Ab mittags vier Stunden Dienst auf Wache. Der Profi: „Manchmal bin ich froh, nach dem Fußball ins Büro zu kommen. Das ist ein bisschen Gehirn-Jogging. Außerdem muss ich mir keine Sorgen machen, wenn mein Vertrag mal ausläuft.“2 ... „Bei der Arbeit blende ich den Fußball völlig aus. Das Ganze ist eine Wechselwirkung, die hilfreich ist“, sagt Fabian Boll. Hin und wieder überschneiden sich seine Berufe sogar, aber: „Einem Beamten auf Lebenszeit kündigt man nicht so schnell.“ 20 Stunden pro Woche mache er eben deshalb „den Job“.
Abgesehen davon, dass ein Beamter wegen seines öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses schon gar nicht dem Kündigungsrecht unterliegt, stellt sich die Frage:
Ist diese Verbindung von Beamtenverhältnis und Fußballprofitum nach dem geltenden Nebentätigkeitsrecht eigentlich zulässig?
Grundsätzlich gilt:
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Nach dem Beamtenrecht ist es einem „normalen Beamten“ „in der Regel“ untersagt, bei einer Teilzeittätigkeit im Beamtenverhältnis mehr als acht Stunden pro Woche zu arbeiten: Grund: Auch ein Teilzeitbeamter hat sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen! (Siehe hierzu etwa § 99 Abs. 3 Satz 1 und § 91 Abs. 1 BBG.)
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§ 99 Abs. 3 Satz 3 BBG lautet: Soweit die Vergütung für eine Nebentätigkeit mehr als 40 % des jährlichen Endgrundgehalts übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Grund: Es soll der Aufnahme eines „Zweitberufes“ entgegengewirkt werden.
Hamburg macht es vor: Wo eine Regel ist, da gibt es offensichtlich auch eine Ausnahme!
Denn: Für die Hamburger Polizei ist Boll längst ein Sympathieträger geworden. Mit seiner offenen und bodenständigen Art wirbt er kostenlos für die Behörde; wenn St. Pauli siegt, gewinnt auch die Polizei. „Meine Kollegen unterstützen mich voll und ganz, dafür bin ich ihnen dankbar. Ich bin halt einer von ihnen“, sagt Boll.
Ich denke:
Das starre und apodiktische deutsche Nebentätigkeitsrecht für Beamte ist nicht mehr zeitgemäß!
Wenn einem „normalen Beamten“ künftig eine Nebentätigkeitsgenehmigung versagt werden sollte, weil er die bisher obligatorische 8-Stunden-Grenze überschreitet oder weil sein Nebenverdienst – der letztendlich auf seinem eigenen wirtschaftlichen Geschick beruht – zu hoch ist, so sollte er sich ruhig einmal auf den „Fall Boll“ berufen.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
PS: Nach dem Aufstieg in die zweite Bundesliga schickten Polizisten aus der gesamten Bundesrepublik ihrem Kollegen Boll Glückwünsche. Er fand zahlreiche Emails in seinem Postfach vor, als er seinen Dienst auf dem Kommissariat antrat. In weiser Voraussicht hat er auf seinem Computer (Dienstcomputer?) einen eigenen Ordner für die Glückwunschschreiben angelegt.
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1 http://www.welt.de/sport/article1082499/Das_ist_der_sportliche_Orgasmus_des_Monats.html
2 http://www.bild.de/BILD/sport/fussball/bundesliga/vereine/fc-st-pauli/2010/07/21/kommissar-boll/ich-lebe-meinen-traum-einzige-profi-der-richtig-normal-arbeitet.html
Zum Nebentätigkeitsrecht wird empfohlen:
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Baßlsperger, Einführung in das Beamtenrecht, Kapitel 17 Rn. 90 ff
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 79 HBG Rn. 1 ff

