Freies Ermessen: Lebenslang = 2 Jahre!
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Fall hatte nicht nur in der Fußballwelt für ein enormes Aufsehen gesorgt: Nach einer roten Karte gegen einen Mannschaftskollegen trat ein Spieler bei einem Hallenturnier in Oberbayern wutentbrannt der Schiedsrichterin Rebekka Redinger in die Wade, schlug sie zu Boden, würgte sie und zog sie an den Haaren wieder brutal nach oben, sodass die damals 20-Jährige mit Halswirbelverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Die Sanktionen:
- Der Spieler wurde vom ordentlichen Strafgericht zu einer Geldstrafe verurteilt und musste einen Betrag von 1.500 Euro als Schmerzensgeld an die junge Schiedsrichterin zahlen.
- Das Sportgerichtsurteil lautete natürlich: Lebenslange Sperre für den Täter!
Jetzt, nach vier Jahren, wurde er vom Präsidenten des Bayerischen Fußballverbandes begnadigt.1
Horst Winkler, Vorsitzender des Fußballbezirks Oberbayern und früherer Beamter des gehobenen Dienstes („Diplomverwaltungswirt FH“): „Normalerweise werden zu lebenslanger Sperre verurteilte Täter nach zwei bis drei Jahren begnadigt!“
Die Schiedsrichterin äußerte sich verständlicherweise wie folgt: „Wer möchte gerne Wochenende für Wochenende beschimpft, womöglich sogar noch tätlich angegriffen werden, für nichts und wieder nichts und dann noch obendrein von den großen Funktionären eine auf den Deckel bekommen?“2
Schon im Rahmen seiner Ausbildung müsste der Bezirksvorsitzende zu § 40 VwVfG gelernt haben, dass ein Ermessen immer auch „sinnvoll“ und zweckmäßig auszuüben ist. Selbst wenn die Entscheidungsträger des Fußballverbandes an die Verbandssatzungen gebunden sind, so müssten sie zumindest auf eine sinnvolle Regelung für die Zukunft hinwirken. Ständig wird ein zunehmender Schiedsrichtermangel beklagt. Niemand braucht sich zu wundern, wenn sich die Nachwuchsgewinnung bei solch hanebüchenen Entscheidungen des Verbands äußerst schwierig gestaltet.
Ich denke:
Selbst wenn es verfassungsrechtlich bedenklich sein könnte, dass ein Fußballverband einen Spieler lebenslang vom Spiel suspendiert und ihm keine zweite Chance einräumt, so erscheint eine regelmäßige Begnadigung nach zwei bis vier Jahren doch völlig sinnwidrig und kontraproduktiv zu sein.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
___________________________________
Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint nach Ostern am 28. 4.2014

