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Gerechte Arbeitsverteilung im öffentlichen Dienst

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Immer wieder gibt es innerhalb der einzelnen Behörden Vorwürfe, die Arbeit werde auf die einzelnen Dienstposten „ungerecht“ verteilt. Dabei gelingt es aber weder den einzelnen Vor-gesetzten, noch den Personalvertretungen, Modelle zu entwickeln, mit deren Hilfe solche „Ungerechtigkeiten“ völlig ausgeschlossen werden können.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Verteilung der anfallenden Aufgaben wird innerhalb der verschiedenen Organisationseinheiten durch den jeweiligen Geschäftsverteilungsplan auf verschiedene Arten vorbestimmt.

Ein fiktives Beispiel:

In einem Finanzamt sind die Einkommenssteuerfälle der Anfangsbuchstaben Aa bis Ey dem Sachgebiet 1 zugeordnet, das die Sachgebietsleiterin Sigi Süß leitet. Dabei besteht nach dem Geschäftsverteilungsplan (Organisationsplan etc.) folgende weitere Unterteilung:

Die Fälle mit den Anfangsbuchstaben:

  • Aa bis Bm sind von der Sachbearbeiterin Amanda Lier (= Dienstposten 1 im Sachge-biet 1),

  • Bn bis Da vom Sachbearbeiter Gustav Glanz (= Dienstposten 2 im Sachgebiet 1),

  • Db bis Ey von der Sachbearbeiterin Zora Zotter (= Dienstposten 3 im Sachgebiet 1), zu erledigen

usw.

Dadurch ergeben sich naturgemäß Umstände, die entweder kontraproduktiv sind und / oder von den Mitarbeitern als ungerecht empfunden werden könnten.

  • So wird Amanda Lier vielleicht eine größere Anzahl schwierig zu lösender Einzelfälle zu bearbeiten haben, als eine Kollegin/ein Kollege.

  • Sachbearbeiter Gustav Glanz ist mit der Bearbeitung seiner Fälle evtl. wesentlich schneller fertig als alle anderen Mitarbeiter. Dennoch ist er an die Vorgaben der Ar-beitszeitverordnung gebunden und arbeitet absichtlich langsamer, damit er nicht Ge-fahr läuft, bei einer künftigen Neuverteilung im Geschäftsverteilungsplan mehr Fälle zugewiesen zu bekommen.

  • Kollegin Zora Zotter hat einen Heimarbeitsplatz genehmigt bekommen und kann die ihr zugewiesenen Fälle ohne eine strenge Bindung an die Arbeitszeitverordnung erledigen.

Die Liste dieser „Ungerechtigkeiten“ ließe sich wohl noch lange fortsetzen.

So mancher Mitarbeiter fühlt sich wegen der ihm übertragenen Aufgaben gegenüber den Kollegen im Nachteil.

Ich denke:
Die Aufteilung der anfallenden und zu erledigenden Arbeiten einer Behörde auf die bei ihr vorhandenen Ämter im konkret-funktionellen Sinn (siehe dazu den Beitrag: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand) und damit auf die jeweiligen Mitarbeiter hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen.

Letztendlich muss sich die Arbeitsverteilung an konkreten Umständen orientieren, um mög-lichst objektiv und damit „gerecht“ zu sein. Subjektive Besonderheiten haben außer Acht zu bleiben. Welche Verteilungsmethode angewendet wird, ist in der letzten Konsequenz eine Sache des Dienstherrn. Dabei sind aber nicht nur fürsorgerechtliche Erwägungen anzustellen, sondern es sind auch die Interessen der Allgemeinheit zu bedenken.

So wäre es dem oben angeführten fiktiven Modell auch eine Arbeitsverteilung nicht nach Buchstaben, sondern nach der Reihenfolge der Eingänge denkbar (Amanda Lier erhält den 1. Fall, Gustav Glanz den 2. Fall, Zora Zotter den 3. Fall. usw.).

Dieses System hätte aber auch Nachteile:

Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der einzelne Sachbearbeiter bei einer Ver-teilung nach Anfangsbuchstaben die Steuerfälle vielleicht bereits seit Jahren bearbeitet und deswegen Rückschlüsse auf die aktuelle Bearbeitung ziehen kann. Die gewonnenen Erfah-rungen könnten dann aber auch zu einer schnelleren Bearbeitung beitragen, was wiederum nicht nur dem jeweiligen Beamten, sondern auch dem Bürger als „Kundschaft“ zugutekäme.

Außerdem könnte gerade auch der Bürger ein Interesse daran haben, dass er es mit „seinem Sachbearbeiter“ zu tun bekommt.

Gibt es also bei der Arbeitsverteilung im öffentlichen Dienst der Weisheit letzten Schluss?

„Das ist der Weisheit letzter Schluss:
Nur der verdient sich Zufriedenheit im Leben,
der täglich sie erobern muss.“1

Herzlich,
Ihr Dr. Maximilian Baßlsperger

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1 Frei nach Goethe, Faust, 2. Teil, 5. Akt.

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