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Gleichstellung von Beamten nach dem SGB IX

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Wer einen GdB von 50 aufweist, ist nach § 2 Abs. 2 SGB IX schwerbehindert. Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Es fragt sich, ob diese Regelung auch für Lebenszeitbeamte gilt.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

bei Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 soll die Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX die Teilhabe am Arbeitsleben sicherstellen. Sie ist an die Voraussetzung geknüpft, dass diese behinderten Menschen ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung erfolgt auf einen entsprechenden Antrag hin durch die Bundesagentur für Arbeit.

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.7.20101 entschieden: „Der Zweck der Gleichstellung erfordert es nicht, gleichgestellte behinderte Beamte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit … in den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV einzubeziehen. Da diese Beamten aufgrund ihrer Rechtsstellung einen dauerhaft gewährleisteten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung haben, kann es bei ihnen nur darum gehen, sie vor beruflicher Überforderung und einer darauf beruhenden vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand zu bewahren.“

Daraus ergibt sich:

• Die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit,
• die Vorverlagerung des Eintrittsalters in den gesetzlichen Ruhestand und
• die Möglichkeit des früheren Eintritts in die Altersteilzeit,
• der Zusatzurlaub von 5 Arbeitstagen pro Jahr

gelten nur für schwerbehinderte Beamte, nicht aber für solche Beamte, welche nach § 2 Abs. 3 SGB IX den Schwerbehinderten gleichgestellt sind.

2. Eine Gleichstellung hat gem. § 2 III SGB IX dann zu erfolgen, wenn der behinderte Mensch ohne die Gleichstellung einen Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten kann, da der behinderte Mensch ohne die Gleichstellung im Wettbewerb des allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in gleicher Weise bestehen kann. Beamte besitzen einen „sicheren Arbeitsplatz“. Es fragt sich deshalb, ob etwa ein Beamter auf Lebenszeit mit einem GdB von mindestens 30, aber weniger als 50 überhaupt einen Anspruch auf Gleichstellung besitzt.

Auf Grund dieser gesicherten Rechtsstellung war Beamten auf Lebenszeit bisher regelmäßig eine Gleichstellung verwehrt, da sie nicht in eine Wettbewerbssituation treten mussten, sondern vielmehr hinsichtlich ihrer beruflichen Situation als hinreichend abgesichert angesehen wurden.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat nun mit Urteil vom 1.3.20112 – unter Abweichung von den Entscheidungen der Vorinstanzen – entschieden, dass auch Beamte auf Lebenszeit einen Anspruch auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten haben können. Diese Meinung wurde seit langem auch von der beamtenrechtlichen Literatur vertreten.3

Ich denke:
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts verdient in vollem Umfang Zustimmung.

Auch bei Beamten kann es darum gehen, einen geeigneten Arbeitsplatz zu behalten oder zu erlangen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil einem Widerspruch und einer Klage des Beamten gegen Abordnungen und Versetzungen des Dienstherrn nach § 54 Abs. 4 BeamtStG (Landesbeamte) und § 126 Abs. 4 BBG (Bundesbeamte) keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

___________________________________

1 Az.: 2 C 17/09, ZBR 2011, 169-170 = PersV 2011, 266-268
2 Az. B 7 AL 6/10 R - juris
3 Vgl. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 99 BayBG, Rn. 88.

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