Liebe Leserinnen, liebe Leser,
früher hatte man nicht ohne Grund die Dienstleistungen der Bahn und der Post als wichtige Funktionen des Staates unter dem Begriff „Daseínsvorsorge“ eingestuft und sie dem öffentlichen Bereich zugeordnet. Postboten und Lokführer waren noch bis 1990 („Wende“) überwiegend Beamte und insbesondere Lokführer waren damals noch zu 98 Prozent in einem Beamtenverhältnis tätig1, wobei das Streikverbot als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums Tarifkonflikte und Arbeitsniederlegungen bei der Bahn ausschloss.
Auch jetzt gibt es unter den Lokführern noch eine immer kleiner werdende Zahl von Beamten, nämlich solche, die ihre rechtliche Stellung bereits zur Zeit der Privatisierung der Bundesbahn besaßen. Insbesondere dieser Personenkreis ermöglichte es der Bahn, während des Streiks sogenannte „Notfahrpläne“ aufrechtzuerhalten.
Für den betroffenen Bürger stellt sich gerade bei Arbeitsniederlegungen die wichtige Frage, ob es für das öffentliche Leben nicht sinnvoll wäre, wieder mehr Lokführer zu Beamten zu ernennen.
Damit würde nicht nur der Daseinsvorsorge der Bürger in diesem Bereich wieder ein höherer Stellenwert zuerkannt. Es sprechen auch noch weitere Argumente für diesen Schritt: Man will – nicht nur aus umweltpolitischen Gründen – „Weg von der Straße, hin auf die Schiene!“ Viele Bürger sind auf Bahnverbindungen angewiesen, sei es in beruflicher Hinsicht, sei es bei der Gestaltung ihrer Freizeit (Familien- und Verwandtenbesuche, Heimfahrten usw. usw.). Nicht nur aus diesen Gründen müssen Notfallpläne eben „funktionieren“. Dass dies nicht (mehr) der Fall ist, das zeigte sich bei den Arbeitskampfmaßnahmen der GDL mit größter Deutlichkeit.
Es wäre also durchaus sinnvoll, eine größere Zahl von Lokführern wieder zu Beamten zu ernennen. Dann bedürfte es auch nicht des Umwegs, den etwa Rainer Blasius in der FAZ vom 20.10.20142 unter Berufung auf den Arbeitsrechtler Robert von Steinau-Steinrück vorschlägt. Nach deren Auffassung empfiehlt es sich, die Frage des Streikverbots für den öffentlichen Dienst in seiner Gesamtheit neu zu regeln. Die bisherige statusrechtliche Abgrenzung des absoluten Streikverbots für Beamte in Verbindung mit dem absoluten Streikrecht für Tarifbeschäftigte sei nicht mehr sinnvoll. Vielmehr müsste man „Beschränkungen für Arbeitskämpfe in der Daseinsvorsorge“ in die gesetzgeberischen Überlegungen einbeziehen. Der maßgebliche Anknüpfungspunkt sei hierbei die massive Betroffenheit unbeteiligter Dritter – also der Bürger – durch die Arbeitskampfmaßnahmen.
Ich denke:
Die negativen Auswirkungen der Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Hand gingen stets einher mit der Privatisierung von Beschäftigungsverhältnissen. Wenn man den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG aber nicht weiter einschränkt, sondern so wichtige Bereiche wie den Schulbereich oder die öffentliche Daseinsvorsorge – entgegen der gegenwärtigen Tendenz – wieder als schützenswerten Kernbereich des Zusammenlebens versteht, dann muss sich konsequenterweise bei den Beschäftigungsverhältnisses eine Kehrtwendung vollziehen: Weg vom Angestellten – hin zum Berufsbeamten (siehe dazu den Beitrag: Der Funktionsvorbehalt im Beamtenrecht).
Mecklenburg – Vorpommern kommt dabei zumindest im Schulwesen eine Vorreiterrolle zu, wie sich aus dem Beitrag Lehrer als Beamte: Hat die Vernunft gesiegt? zweifelsfrei ergibt.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Siehe dazu auch die Beiträge:
- Streikrecht für Beamte
- Streikrecht für Beamte – Teil II
- Beamtenstreikrecht: Der Schuss ins eigene Bein
Zur Funktionsvorbehalt wird empfohlen:
1 Summer in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 1 BeamtStG, Rn. 25 ff.
1 Timo Schwarzwälder, Machtmissbrauchskontrolle von Streiks selbstständig organisierter Funktionsunternehmen, S. 15.
2 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/lokfuehrer-streik-massiv-betroffen-13140188.html:
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