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Maßnahmeverbot wegen bereits erfolgter strafrechtlicher Ahndung

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Der Beitrag der vergangenen Woche zum Thema Diebstahl geringwertiger Sachen und seine disziplinarrechtlichen Folgen hat gezeigt, dass auch bei Vorliegen eines Dienstvergehens eine disziplinarrechtliche Ahndung unter Umständen nicht mehr in Frage kommt, wenn vorher bereits eine strafrechtliche Ahndung erfolgte.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nicht jedes außerdienstliche Fehlverhalten führt automatisch auch zu einer disziplinarrechtlichen Verfolgung. Eine Einschränkung disziplinärer Maßnahmen ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip1 und dem daraus entspringenden Maßnahmeverbot des § 14 Abs. 1 BDG (und dem entsprechenden Landesdisziplinarrecht). Ist danach gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden, darf wegen desselben Sachverhalts

  • weder ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts ausgesprochen werden und

  • eine Kürzung der Dienstbezüge nur erfolgen, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.2

Daraus ergibt sich, dass Disziplinarmaßnahmen wie die Zurückstufung, Aberkennung des Ruhegehalts oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerste disziplinarrechtliche Ahndung vom Maßnahmeverbot des § 14 BDG nicht erfasst werden. Eine Kürzung der Dienstbezüge ist allerdings dann nicht angezeigt, wenn bereits aufgrund der strafrechtlichen Sanktion die Gewähr besteht, dass der Beamte künftig seine Dienstpflichten erfüllen wird. Dabei kann auch bei einem Ersttäter die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme erforderlich sein, wenn der Beamte ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zeigt.3

Handelt es sich bei dem Beamten bereits um einen Wiederholungstäter bzw. Rückfalltäter wird dies in der Regel ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Beamte auch in Zukunft seine beamtenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen wird. Im Ergebnis wird daher das relative Maßnahmeverbot des § 14 BDG hier nicht greifen.4

Eine besondere Rolle spielt dieses Maßnahmeverbot beim Alkoholgenuss und dem anschließenden Führen von Kraftfahrzeugen.

Im Falle einer erstmaligen außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt (1.1 BAK; absolute Fahruntüchtigkeit) ergibt sich nach § 316 StGB eine Strafandrohung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Infolgedessen kommt lediglich eine Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich in Frage, bei der dann aber das Maßnahmeverbot des § 14 BDG greift. Eine einmalige außerdienstliche Trunkenheitsfahrt im Sinne von § 316 StGB bedeutet bei einem Beamten, der dienstlich nicht mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs betraut ist, gemäß der neuen Rechtsprechung des BVerwG5 und dem o.g. Orientierungsrahmen, dass die Verletzung der ihm obliegenden außerdienstlichen Verhaltenspflicht keine disziplinarrechtlichen Folgen nach sich zieht. Etwas anderes ergibt sich jedoch für den Wiederholungsfall.6

Eine disziplinarische Reaktion des Dienstherrn erscheint dagegen in der Regel sehr wohl erforderlich, wenn die Straftat des Beamten einen abstrakten Dienstbezug aufweist. In dem eben angeführten Beispielsfall der Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) ergibt sich eine solche andere Bewertung etwa dann, wenn der Beamte – etwa als Polizeivollzugsbeamter – dienstlich mit der Führung eines Kraftfahrzeugs betraut ist. Bereits die erste außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines solchen dienstlich mit der Führung von Kraftfahrzeugen betrauten Beamten stellt dann ein Dienstvergehen dar, welches mit einer Gehaltskürzung geahndet werden kann.7

Lesen Sie dazu den Blogbeitrag:
Außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines Beamten

und den Fachbeitrag:
Disziplinarrechtliche Risiken des Verhaltens nach Dienstschluss

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 15 BayDG, Rn, 9 mit weiteren Nachweisen.
2 Ist der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig freigesprochen worden,
   darf nach § 14 Abs. 2 BDG und des entsprechenden Landesdisziplinarrechts wegen des
   Sachverhalts, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen ist, eine
   Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden, wenn dieser Sachverhalt ein Dienstvergehen
   darstellt, ohne den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift zu erfüllen.
3 BVerwG v. 15.5.1993, ZBR 1993, 379 ff.
4 So schon BVerwG v. 28.11.1990, Az.: 1 D 11/90.
5 Die Änderung erfolgte durch Urteil vom 30.8.2001, Az.: 1 D 37/99, PersV 2001, 173 ff.
6 Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, MatR II, Rn. 409.
7 VG Berlin v. 5.12.2011, Az.: 80 K 41.11 OL.

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