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Mit Legasthenie ins Beamtenverhältnis?

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Das Bundesverwaltungsgericht hat gegenwärtig die folgende Frage zu klären: Darf eine Lese-Rechtschreibschwäche eines Schulabgängers in dessen Abiturzeugnis vermerkt werden? Daran schließt sich vielleicht einmal die Frage an: Kann man mit Legasthenie Beamter des gehobenen oder höheren Dienstes werden?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

drei Abiturienten hatten sich ihre Legasthenie durch ein fachärztliches Gutachten bescheinigen lassen. Die Rechtschreibung wurde in ihren schriftlichen Prüfungsleistungen auch wunschgemäß nicht berücksichtigt. Das Abitur wurde bestanden. Die Abiturzeugnisse enthielten Vermerke über die besonderen Bewertungsmaßstäbe aufgrund der Lese-Rechtschreibschwäche. Dagegen klagten die drei Betroffenen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte den Klägern in der Vorinstanz Recht gegeben.

Dabei stellt sich die Frage, ob man mit einer Legasthenie auch in ein Beamtenverhältnis übernommen werden und evtl. an einer verwaltungsinternen Hochschule studieren kann.

Die Antwort lautet dabei eindeutig: Ja, man kann!

Die Ursache der Legasthenie liegt in einer neurobiologischen Hirnfunktionsstörung, die entwicklungsbiologisch und zentralnervös begründet ist. Mögliche Genorte sind von der genetischen Forschung entdeckt.1

Es handelt sich also um eine „Krankheit“, bei deren Vorliegen nach dem SGB IX ein Grad der Behinderung bis zu 50 v.H. vorliegen kann. Dabei lautet § 68 Abs. 4 SGB IX:

„Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Abs. 1) während der Zeit einer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist.“

Auch die Teilhaberichtlinien2 fördern die Ausbildung und spätere Übernahme von Legasthenikern:
„Bei Veranstaltungen auf dem Gebiet der Personalführung sowie bei Aus- und Fortbildungslehrgängen mit dienstrechtlichem Inhalt soll auf die besonderen Belange der schwerbehinderten Beschäftigten eingegangen werden.“

Im Rahmen der beamtenrechtlichen und haushaltsmäßigen Möglichkeiten sind durch geeignete Maßnahmen die notwendigen Rahmenbedingungen für eine behinderungsgerechte und erfolgreiche Ausbildung im Sinn einer gleichberechtigten Teilhabe – insbesondere in Bezug auf die Barrierefreiheit – zu schaffen. Insbesondere für blinde Bewerberinnen und Bewerber kann in dieser Zeit ein Orientierungstraining an ihrem künftigen Ausbildungsplatz erfolgen.

Ich denke:
Wenn – wie in der Praxis bereits vielfach geschehen – auch Blinde in den öffentlichen Dienst übernommen werden können, dann muss dies auch für Legastheniker möglich sein.
Die Teilhabe von Legasthenikern am Berufsleben ist wesentliche Voraussetzung für die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen. Dem Staat kommt als öffentlichem Arbeitgeber dabei auch eine besondere Vorbildfunktion zu.3

Übrigens: Der Nachteilsausgleich darf sich dabei nicht nachteilig auf die Bewertung der Prüfungsleistungen auswirken. In Zeugnissen dürfen Hinweise auf einen Nachteilsausgleich ausdrücklich nicht aufgenommen werden! Dies wird ausdrücklich in den Teilhaberichtlinien bestimmt.  
Widerspricht sich da der Freistaat Bayern nicht selbst, wenn er einerseits die Bemerkung über die Behinderung in Abiturzeugnissen fordert, in seinen eigenen Teilhaberichtlinien aber verbietet?

Übrigens:
Die drei Kläger studieren mittlerweile alle an verschiedenen Hochschulen.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1  http://www.kvl-freiburg.de/docs/LVLRechtkgefLegasthenieDefinitionen.pdf
2 Siehe etwa Abschnitt 4 Ziffer 1.5. der bayerischen Teilhaberichtlinie, abgedruckt:  http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=VVBY-VVBY000040109&doc.part=X&st=vv
3 Siehe dazu Abschnitt 4 Ziffer 4.1. der o.g. Teilhaberichtlinie.


Siehe dazu auch die Beiträge:

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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 11.10.2015 um 07:36:
So unsozial wie "L.W." kann man doch gerade im öffentlichen Dienst niemals sein!!! Diese Aussage muss auf einhellige Kritik stoßen!
kommentiert am 08.10.2015 um 11:00:
Sozialisation und Integration schön und gut. Wer möchte aber einen Legastheniker als Mitarbeiter haben? Am Schluss muss man sich mehr um den Mitarbeiter kümmern, als um die eigene Arbeit. Das kann nicht der Sinn einer noch so weitgehenden Sozialkompetenz sein!
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