Selbsteintrittsrecht der höheren Behörde bei Ernennungen?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die einzelnen Landesbeamtengesetze sehen vor, dass die zuständigen obersten Dienstbehörden1 für die Ernennung der Beamten ihres Ressorts zuständig sind, die Ausübung dieser Befugnisse aber auch durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen können. Es fragt sich, ob ein Selbsteintrittsrecht einer höheren Behörde besteht, wenn von dieser eine wirksame Delegationsverordnung erlassen wurde.
Für ein solches Selbsteintrittsrecht spricht die Tatsache, dass die Ernennungsbehörde durch den Erlass einer weiteren Verordnung die Zuständigkeit jederzeit wieder an sich ziehen könnte.
Dagegen spricht allerdings das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, wonach auch eine oberste Dienstbehörde solange an die von ihr erlassenen Rechtssätze gebunden ist, als diese (noch) nicht aufgehoben wurden.
Man wird deshalb davon ausgehen müssen, dass auch im staatlichen Bereich ein Selbsteintrittsrecht der höheren Behörde nur dann rechtmäßig ausgeübt wird, wenn dieses Recht durch Gesetz vorgesehen ist, wie dies etwa in Art. 3 b BayVwVfG bestimmt wird.2 Kommt danach eine staatliche Behörde einer schriftlichen Weisung der übergeordneten Aufsichtsbehörde nicht fristgerecht nach, so kann der Leiter der Aufsichtsbehörde an Stelle der angewiesenen Behörde handeln. In diesem Fall würde sich die Fehlerfolge der Nichtigkeit aus § 11 Abs. 1 Ziffer 2 BeamtStG ergeben: Die Ernennung wäre zwar nach dieser Regelung nichtig, sie könnte jedoch nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 BeamtStG nachträglich von der zuständigen Ernennungsbehörde bestätigt werden und wäre dann als von Anfang an wirksam anzusehen.
Die sachliche Zuständigkeit umschließt dabei sowohl die Zuständigkeit im Instanzenzug (z. B. Staatsministerium, Mittelbehörde, Ortsinstanz) als auch die Zuständigkeit im Rahmen einer Aufgabendifferenzierung (z. B. in Bayern: Bayerisches Landesamt für Steuern im Verhältnis zum Landesamt für Finanzen).
Die Festlegung der Ernennungszuständigkeit verbietet es also, der Behörde die Ernennungszuständigkeit allein wegen der höheren hierarchischen Ebene dann zuzusprechen, wenn sie durch eine Rechtsnorm der niedrigeren Ebene übertragen ist. Eine „Allzuständigkeit“ der obersten Dienstbehörde in Ernennungsangelegenheiten sieht das Gesetz nicht vor. So fällt eine durch eine entsprechende Rechtsverordnung übertragene Zuständigkeit nur dann wieder der höheren Stelle („Mitglieder der Staatsregierung“) zu, wenn diese Verordnung aufgehoben oder entsprechend geändert wird.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Vgl. für Bayern Art. 18 BayBG.
2 So auch Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 3 VwVfG, Rn. 9; Huck/Müller Verwaltungsverfahrensgesetz, § 3 VwVfG, Rn. 36.
Zur Nichtigkeit wegen sachlicher Unzuständigkeit der Ernennungsbehörde siehe
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 11 BeamtStG, Rn. 10a
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 11 BeamtStG, Rn. 45 ff

