Wer arbeitet schon gerne länger?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
heute darf ich Sie zunächst zu einem kleinen Quiz einladen. Bitte versuchen Sie einmal folgende Frage zu beantworten:
Von wem stammt der Ausspruch:
„Ich habe immer großen Wert darauf gelegt, nicht länger arbeiten zu müssen.“
a) Hauptschullehrer Gustav Heinemann bei einer Umfrage der Leuphana Universität Lüneburg zum Gesundheitszustand von Lehrern.
b) Steueramtsfrau Christa Klar vom Finanzamt Mühldorf am Inn beim Mittagessen am letzten Tag vor dem Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Februar 2012.
c) Regierungsrat Gustav Glanz, der seit 29 Jahren zwischen seinem Heimatort Grabenstätt am Chiemsee zu seiner Dienstelle bei der Regierung von Oberbayern in München pendelt.
d) Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, am 2.2.2006 zur internen Altersgrenze seiner Bank von 62 Jahren.
e) Abteilungsleiter Adolf Kurz vom Landesamt für Steuern (München) bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand am 30.5.2012.
f) Amts- und Hausmeister Hans Wurm, ebenfalls vom Landesamt für Steuern (München), bei einem Weißwurstessen vom selben Tag anlässlich seines letzten Arbeitstages vor seinem Eintritt in den Antragsruhestand mit 64.
g) Der ehemalige Kurzzeitbundespräsident Christian Wulff (geboren am 19.6.1959) bei einem Interview, das vom ZDF vor seinem Zapfenstreich am 8.3.2012 unter anderem zu seinem „Ehrensold“ von 199.000 Euro pro Jahr geführt wurde.
Man hält Beamte generell für faul, unflexibel, feige und entscheidungsschwach. (Siehe dazu den Blog: Das Ansehen des Berufsbeamtentums oder: Thomas von Aquin lässt grüßen!) Viele von ihnen sind „amtsmüde“ und versuchen, so schnell wie möglich aus dem aktiven Dienst auszuscheiden. Das gilt vor allem bei Lehrern. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes erreichten 2009 nur rund 40 Prozent der Lehrer die Regelaltersgrenze von 65 Jahren.1
Was sind die Gründe?
Mehr als die Hälfte der Lehrer leidet gesundheitlich stark unter Stress und emotionaler Beanspruchung. Unter den von der Leuphana Universität Lüneburg befragten und von der DAK in Auftrag gegebenen Studie2 liegen die Gründe für Erkrankungen in Arbeitszeiten von bis zu 55 Stunden pro Woche. Eine negative Auswirkung haben auch andere Umstände, wie das Gefühl mangelnder Anerkennung, Zeitdruck, fehlende Erholungspausen und große Leis-tungsunterschiede bei den Schülern. Bei der Befragung gaben außerdem 45 Prozent der Lehrer an, sie könnten nach der Arbeit schlecht abschalten und müssten oft an Schwierigkeiten in der Schule denken. Jeder dritte ist emotional hoch beansprucht, fühlt sich "wie ein Nervenbündel" oder reagiert ungewollt gereizt. Für die Studie wurden knapp 1.300 Lehrer im Alter zwischen 24 und 65 Jahren über drei Jahre hinweg an 29 Schulen befragt.3
Ich denke:
Sollte der Wunsch nach einem vorzeitigen Ruhestand bestehen, dann liegen häufig schwer-wiegende Gründe vor, die den Arbeitsalltag stören oder gar unerträglich machen.
Dies beschränkt sich aber gewiss nicht nur auf den Lehrerberuf oder den Beamtenstatus. Hier sind sicher alle Branchen der freien Wirtschaft und das Beamtentum gleichermaßen betroffen, ebenso wie jeder Beschäftigte – egal ob Arbeitnehmer oder Beamter – seinem Beruf dann gerne nachgeht, wenn das „Gesamtpaket Berufstätigkeit“ in sich stimmig ist.
(Die richtige Lösung zum Quiz ist übrigens die Antwort d).4
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 http://www.business-on.de/weser-ems/statistische-bundesamt-pensionierung-lehrer-lehrkraeftedemnach-ruhestand-_id15812.html
2 http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-10/studie-ausgebranntsein-lehrer
3 http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-10/studie-ausgebranntsein-lehrer
4 Passauer Neue Presse vom 1.6.2012 – Seite 3.

