Zeckenbiss und Wespenstich als Dienstunfall?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der schönste Sommer hat seine Schattenseiten - zumindest wenn man der Insektenplage ausgeliefert ist. Insektenstiche können – wie im oben genannten Fall der niedersächsischen Lehrerin – zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Es fragt sich, wann im Einzelfall von einem „Dienstunfall“ nach § 31 BeamtVG ausgegangen werden kann, der zu einem finanziellen Ausgleich erlittener Schäden durch den Dienstherrn führt.
§ 31 BeamtVG setzt zunächst einen Körperschaden voraus, der in diesem Fall hier zweifels-frei gegeben ist. Der Schaden darf dabei jedoch nicht einer „allgemein üblichen Risikosphäre“ zugerechnet werden können und damit keine sogenannte „Gelegenheitsursache“ darstellen.
Hierzu ergingen schon mehrfach Entscheidungen der Verwaltungsgerichte:
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So hatte der BayVGH2 folgenden Fall zu entscheiden: Ein Bibliotheksbeamter wehrte auf dem Weg zu seinem Dienstgebäude ein Insekt ab, wobei er sich selbst durch einen Schlag auf sein Ohr eine Trommelfellverletzung zuzog(!). Der BayVGH hat dieses Ereignis der „allgemein üblichen Risikosphäre“ zugerechnet und das Vorliegen eines Dienstunfalles abgelehnt.
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In einem Fall des VG Wiesbaden3 wurde ein Polizeibeamter während einer Dienstfahrt von einer Wespe gestochen. Das Gericht entschied, dass hier nicht von einem Dienstunfall ausgegangen werden könne, weil sich während der Dienstfahrt lediglich eine allgemeine, jeden Bürger treffende Gefahr verwirklicht habe.
Anders hat jetzt das BVerwG in dem eingangs erwähnten Fall des Zeckenbisses entschieden.
Danach gilt:
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Sämtliche Risiken, die sich im Machtbereich des Dienstherrn ereignen, sind auch im Sinne des Dienstunfallrechts der Risikosphäre des Dienstherrn zuzurechnen.
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Ein Dienstunfall setzt nicht voraus, dass der Beamte bei seiner Tätigkeit einer höheren Gefährdung ausgesetzt ist, als diese im privaten Bereich besteht.
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Eine „Gelegenheitsfolge“ liege demgegenüber nur dann vor, wenn eine krankhafte Veranlagung oder ein anlagebedingtes Leiden die Ursache der Schädigung ist.4
Fazit:
Und tut der Stich auch noch so weh – nichts geht übers BeamtVG!
Herzlich,
Ihr Dr. Maximilian Baßlsperger
Nachrichtlich: § 31 BeamtVG „Dienstunfall“ lautet:
( 1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch
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Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
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die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
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Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).
(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle; hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Halbsatz 1 auch für den Weg von und nach der Familienwohnung. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte von dem unmittelbaren Wege zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht, weil sein dem Grunde nach kindergeldberechtigendes Kind, das mit ihm in einem Haushalt lebt, wegen seiner oder seines Ehegatten beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anvertraut wird oder weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg nach und von der Dienststelle benutzt. Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.
(3) Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung an einer solchen Krankheit gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war. Die in Betracht kommenden Krankheiten bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung.
(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. ...
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1 BVerwG, NVwZ 2010, 708.
2 BayVGH, RiA 2009, 90 ff.
3 VG Wiesbaden, NVwZ 1999, 324.
4 Vgl. dazu auch: Belitzki, Der Zeckenstich als Dienstunfall nach § 31 I 1 BeamtVG: Dienstliches oder privates Risiko?, NVwZ 2010, 688 ff.

