Zweistufentheorie: Welche Disziplinarmaßnahme ist richtig?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die gesetzlich vorgegebenen disziplinarrechtlichen Reaktionen unterscheiden sich zunächst nach den jeweiligen Beamtenverhältnissen.
1. Mögliche Disziplinarmaßnahmen
Als mögliche Disziplinarmaßnahmen gegen aktive Beamte sehen die Disziplinargesetze von Bund und Ländern nach § 5 BDG (und dem jeweiligen Landesrecht) einheitlich vor:
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Verweis
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Geldbuße
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Kürzung der Dienstbezüge
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Zurückstufung im Amt und
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Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind: die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts.
Den Beamten auf Probe und den Beamten auf Widerruf können nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden. Auch hier spielt die Maßnahmezumessung eine wichtige Rolle, weil diese Beamten wegen charakterlicher Nichteignung oder aufgrund besonderer Tatbestände entlassen werden können, wenn sie ein Verhalten an den Tag legen, das im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte (vgl.: § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG für Bundesbeamte und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG für Landes- und Kommunalbeamte).
2. Zweistufentheorie
Wie findet man nun aber aus diesem gesetzlich festgelegten – enumerativen – Katalog die „richtige“ Disziplinarmaßnahme?
Beamte begehen nach § 77 Abs. 1 BBG/§ 47 Abs. 1 BeamtStG ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Bei der Bestimmung der richtigen Maßnahme wird zunächst danach unterschieden, ob es sich um ein innerdienstliches oder ein außerdienstliches Vergehen handelt.
a) Innerdienstliche Pflichtverstöße
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme gehen die Disziplinargerichte in gefestigter Rechtsprechung (vgl. etwa das Urteil des BVerwG vom 10. Februar 2010 – Az.: 2 WD 9.09 – juris, Rn. 35 ff m-w.N.) bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
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In der ersten Stufe bestimmen die Gerichte im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbare Fälle als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (BVerwG v. 11.9.2014, Az.: 2 WD 11/13 – juris).
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In der zweiten Stufe wird geprüft, ob im konkreten Einzelfall Umstände vorliegen, die zu einer Milderung oder zu einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe gefundenen Regelmaßnahme führen. In diesen Fällen ist gegenüber der ersten Stufe die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach „oben" bzw. nach „unten" zu ändern(BVerwG a.a.O.).
Bei der konkreten Maßnahmezumessung (vgl.: § 13 BDG und das jeweilige Landesdisziplinarrecht) kommt es in der zweiten Stufe zum Beispiel auf die Dauer, die Häufigkeit der Pflichtverstöße, sowie auf das bisherige Verhalten oder die dienstlichen Leistungen des Beamten an. Bei schwerwiegenden Verstößen kommt dabei auch eine Entfernung aus dem Dienst in Betracht, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl.: § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG und das entsprechende Landesrecht).
Gründe für eine im Vergleich zur ersten Stufe geringe Maßnahmezumessung sind nach der Rechtsprechung etwa die Tatsache, dass sich ein Verstoß „noch im mittleren Bereich bewegte“ und sich nunmehr die Einstellung des Beamten zu seiner Tätigkeit – wenn auch erst „nach einer durch Disziplinarverfahren erzwungenen Lern- und Überdenkensphase – zum Positiven gewendet hat“.
b) Außerdienstliche Pflichtverstöße:
Entscheidend für die rechtliche Einordnung als inner- oder außerdienstliches Fehlverhalten ist nach dem BVerwG die kausale und logische Einbindung eines Verhaltens in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit („konkreter Dienstbezug“).
Zu der disziplinarrechtlichen Ahndung außerdienstlicher Pflichtverstöße siehe bereits den Fachbeitrag: Disziplinarrechtliche Risiken des Verhaltens nach Dienstschluss
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

