Leitsatz
Die arbeitsvertragliche Verweisung auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen oder einen kirchlichen Tarifvertrag beinhaltet regelmäßig die Vereinbarung der Geltung des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts und der auf dessen Grundlage abgeschlossenen Dienstvereinbarungen, wenn das in Bezug genommene Regelwerk von der Anwendbarkeit des kollektiven kirchlichen Arbeitsrechts ausgeht.
Orientierungssätze
Die kollektiven Regelungen des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts und der auf dessen Grundlage geschlossenen Dienstvereinbarungen können durch eine Kettenverweisung zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht werden. Bei ihr verweist der Arbeitsvertrag auf eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung oder auf einen kirchlichen Tarifvertrag, wobei dieses Bezugnahmeobjekt seinerseits auf nach dem kirchlichen Mitarbeitervertretungsrecht geschlossene Dienstvereinbarung verweist oder auf andere Weise die Anwendbarkeit des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts voraussetzt.
Eine solche Kettenverweisung ist regelmäßig weder überraschend i. S. des § 305c BGB noch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent. Sie entspricht vielmehr dem erkennbaren Ziel der Sicherung der Funktionalität der Mitarbeitervertretung. Erklärt sich ein Arbeitnehmer mit der Geltung eines spezifisch kirchlichen Regelwerks einverstanden, welches von der Anwendbarkeit des Mitarbeitervertretungsrechts ausgeht, muss ihm klar sein, dass der kirchliche Arbeitgeber mit der Vertragsgestaltung entsprechend seiner kirchenrechtlichen Verpflichtung auch das Mitarbeitervertretungsrecht zur Anwendung bringen will.
Liegt keine zumindest konkludente Inbezugnahme des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts vor, erweist sich ein mit einem kirchlichen Arbeitgeber geschlossener Arbeitsvertrag bezogen auf das kollektive kirchliche Arbeitsrecht in der Regel als lückenhaft. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist diese Lücke regelmäßig dahingehend zu schließen, dass die Geltung des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts und der nach dessen Maßgaben abgeschlossenen Dienstvereinbarungen als vereinbart anzusehen ist. Ein solches Verständnis entspricht der kirchengesetzlichen Verpflichtung der Arbeitgeberseite als kirchlicher Einrichtung und ihrem Interesse an einer einheitlichen Anwendung des kollektiven Rechts. Die Arbeitnehmerseite hat typischerweise ein Interesse, von der Mitarbeitervertretung repräsentiert zu werden.
Die vollständige Urteilsbegründung kann hier nachgelesen werden.
BAG vom 22.3.2018 – 6 AZR 835/16 –
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.
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