Kurzarbeit in Kommunen – worauf Sie bei der Einführung achten müssen
Prof. Dr. Boris Hoffmann, Hochschule für Polizei und Verwaltung NRW, Köln
Geltungsbereich (§ 1 TV COVID)
Der Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigte, die in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist, und der von einem bei diesem geltenden Tarifvertrag erfasst sind (z. B. TVöD).
Damit können alle kommunalen Einrichtungen aber auch Betriebe, die nach den Voraussetzungen der §§ 96 ff. SGB III einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben können, vom TV COVID Gebrauch machen.
Hinweis!
Eine Beendigungskündigung während der Kurzarbeit führt dazu, dass der Tarifvertrag ab diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr findet. Es sei denn die Kündigung wird durch Ihren Mitarbeiter mittels einer Kündigungsschutzklage gerichtlich angegriffen.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Vom Anwendungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen sind folgende Beschäftigungsgruppen:
- Auszubildende, Schülerinnen und Schüler, Dual Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten,
- Ausbildende, denen zeitlich überwiegend Tätigkeiten der Ausbildung von Auszubildenden oder Schülerinnen und Schülern bzw. der Betreuung von Dual Studierenden oder Praktikantinnen und Praktikanten übertragen sind oder die ausdrücklich gegenüber Dritten als Ausbildende, Praxisanleitende bzw. Betreuende benannt sind, wenn zu erwarten ist, dass diese während des Kurzarbeitszeitraumes im bisherigen Umfang die Ausbildung bzw. Betreuung durchführen,
- Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis während des Kurzarbeitszeitraumes aufgrund Aufhebungsvertrag oder deshalb endet, weil ein befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wird,
- Schwangere Frauen und werdende Väter, die Elterngeld in Anspruch nehmen werden, und bei denen der Bezug von Kurzarbeitergeld in den Bemessungszeitraum des Elterngeldes gemäß § 2 BEEG fällt,
- Geringfügig Beschäftigte,
- Beschäftigte in der Freistellungsphase des Altersteilzeitblockmodells.
Gut zu wissen!
Gilt bei Ihnen bereits am 1.4.2020 eine Betriebsvereinbarung, die eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 % des Nettomonatsentgelts entsprechend § 5 Abs. 1 TV COVID vorsieht, findet der Tarifvertrag bei Ihnen keine Anwendung. In allen anderen Fällen verdrängt dieser anderweitige betriebliche Regelungen zwingend.
Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit
Sie können nur dann Kurzarbeit in Ihrem Betrieb einführen, wenn die Voraussetzungen der §§ 96 ff. SGB III vorliegen. Dies bedeutet, dass Sie insbesondere einen erheblichen Arbeitsausfall in Ihrer Dienststelle oder in Ihrem Betrieb nachweisen müssen.
Hiervon können Sie ausgehen, wenn
- ein unabwendbares Ereignis (z.B. Arbeitsausfall aufgrund einer behördlichen oder einer behördlich anerkannten Maßnahme wegen der Corona-Virus-Pandemie) oder
- wirtschaftliche Ursachen (z.B. Auftragsmangel infolge der Corona-Virus-Pandemie) zu dem Arbeitsausfall geführt haben und
- dies zu Einbußen bei den Einnahmen (z.B. Reduzierung oder Einstellung des Ticketverkaufes in Museen oder Touristenattraktionen) geführt hat.
Wichtig!
Anzeige bei der Arbeitsagentur
Sie müssen den bei Ihnen verbuchten Arbeitsausfall bei der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit (maßgebend ist der Sitz des Betriebes) schriftlich oder elektronisch anzeigen.Stellungnahme des Betriebs-/Personalrats
Ganz wichtig ist allerdings, dass Sie Ihrer Anzeige gemäß § 99 Abs. 1 Satz 3 SGB III eine Stellungnahme Ihres Betriebs- /Personalrats beifügen. Andernfalls ist die von Ihnen vorgenommene Anzeige unwirksam.Hinzu kommt, dass Sie die jeweiligen Beteiligungsrechte nach dem BetrVG bzw. nach dem BayPVG zusätzlich zu beachten haben (z. B. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 – Beginn und Ende bzw. Lage der täglichen Arbeitszeit).
Ankündigungs- und Einführungsfrist beachten
Sie müssen die in § 2 Abs. 3 TV COVID normierte Ankündigungsfrist von regelmäßig sieben Kalendertagen beachten, damit sich Ihre Mitarbeiter auf die bevorstehende Kurzarbeit einstellen können.
Tipp!
Nutzen Sie hierfür die betriebsüblichen Wege (z.B. eigene Homepage oder das Intranet).
Nach der Ankündigung müssen Sie die Kurzarbeit innerhalb einer Frist von sechs Wochen einführen (§ 2 Abs. 3 Satz 2 TV COVID).
Achtung!
Wollen Sie die Rahmenbedingungen der Kurzarbeit verändern, müssen Sie dies mindestens drei Arbeitstage vorher anzeigen, eine entsprechende Ausweitung bedarf sogar einer neuen Ankündigungsfrist von sieben Arbeitstagen (§ 10 TV COVID).
Betriebe in denen Kurzarbeit eingeführt werden kann
Kurzarbeit (dies kann auch eine Reduzierung der Arbeitszeit auf „Null“ sein) kann nur für ganze Betriebe oder Teile davon eingeführt werden (§ 3 Satz 1 TV COVID). Erfasst sind auch
- Regie- und Eigenbetriebe,
- Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
- eigenbetriebsähnliche kommunale Einrichtungen,
- sonstige kommunale Einrichtungen,
- öffentlich-rechtliche Betriebe wie Krankenhäuser, Kurkliniken, Kindergärten, Alters- und Pflegeheime, Schulungs- und Erholungsheime, Hallenbäder, Bauernhöfe, Verkehrsbetriebe, Forst- oder landwirtschaftliche Betriebe, Schulen und Volkshochschulen und sonstige Verwaltungen jeder Art (Behörden).
Hinweis!
Selbstverständlich können Sie Teile der Belegschaft von der Kurzarbeit ausschließen, etwa um eine Kontaktstelle für die Öffentlichkeit bereit zu halten.
Anzeige- und Informationspflichten (§ 4 TV COVID)
Sie müssen zum einen sofort nach Feststellung der Notwendigkeit der Kurzarbeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit Anträge zur Gewährung von Kurzarbeitergeld stellen (eine entsprechende Kopie der für den Antrag notwendigen Unterlagen muss an Ihren Betriebs- oder Personalrat weitergeleitet werden). Zum anderen müssen Sie Ihren Betriebs- oder Personalrat einmal wöchentlich über den aktuellen Stand informieren.
Aufstockung des Kurzarbeitergeldes
Nach § 5 Abs. 1 TV COVID erhalten die Beschäftigten, die von der Kurzarbeit betroffen sind, vom Arbeitgeber zusätzlich zum verkürzten Entgelt und dem von der Agentur für Arbeit zu erwartenden Kurzarbeitergeld eine Aufstockung auf 95 Prozent (Entgeltgruppen 1 bis 10 der Anlage A zum TVöD) bzw. 90 Prozent (Entgeltgruppen 11 bis 15 der Anlage A zum TVöD) des bisherigen durchschnittlichen Nettoentgelts.
Wichtig!
Das aktuelle Nettomonatsentgelt und das Kurzarbeitergeld sind zu addieren.
Sie müssen dann die entsprechende Differenz zum regulären Nettomonatsentgelt (hier sind die letzten drei Monate vor Einführung des Kurzarbeiterentgelts maßgebend) berechnen.
Festzusetzen ist sodann das entsprechende Bruttoentgelt.
Nach § 5 Abs. 2 TV COVID bleiben bei der Zahlung von Urlaubsentgelt bzw. Urlaubsgeld, vermögenswirksamen Leistungen, der Jahressonderzahlung sowie bei der Sparkassensonderzahlung die Zeiten, in denen Kurzarbeit geleistet worden ist, außer Betracht.
Wichtig!
Da der tarifliche Aufstockungsbetrag zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, müssen Sie diesen bei der betrieblichen Altersversorgung berücksichtigen.
Zahlung des Kurzarbeitergeldes und des Aufstockungsbetrages (§ 6 TV COVID)
Das Kurzarbeitergeld und der Aufstockungsbetrag werden zum Zeitpunkt der tariflich geregelten monatlichen Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber gezahlt. Dies gilt unabhängig von dem Zahlungszeitpunkt durch die Agentur für Arbeit. Damit treten Sie als Arbeitgeber regelmäßig in Vorleistung.
Checkliste für die Einführung von Kurzarbeit
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Ja |
Nein |
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Ist der Anwendungsbereich des TV COVID im Hinblick auf Ihre Beschäftigten eröffnet? |
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Gilt bei Ihnen zum 1.4.2020 bereits eine dem TV COVID vorgehende Betriebs- oder Dienstvereinbarung? |
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Ist Ihr Betrieb (Dienststelle) oder Teile davon von einem erheblichen Arbeitsausfall betroffen? |
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Haben Sie der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit den Arbeitsausfall unter Beifügung der Stellungnahme Ihres Betriebs- oder Personalrates angezeigt und Kurzarbeitergeld beantragt? |
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Haben Sie die allgemeinen Beteiligungsrechte des BetrVG oder des BayPVG beachtet? |
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Haben Sie die siebentägige Ankündigungsfrist vor der Einführung der Kurzarbeit berücksichtigt? |
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Haben Sie auf die sechswöchige Einführungsfrist nach Ihrer Ankündigung geachtet? |
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Laden Sie sich die Checkliste hier als bearbeitbares Word-Dokument herunter!
Weitere Erläuterungen zum TV COVID finden Sie im TVöD Kommentar von Breier/Dassau im Teil C 1.9.

