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Betriebsveranstaltungen

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Neues und Wichtiges auf einen Blick:

  1. Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bis 31.12.2014

  2. Gesetzliche Neuregelung seit 1.1.2015

 

1. Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bis 31.12.2014

Der Bundesfinanzhof hatte bekanntlich zu den Betriebsveranstaltungen entschieden:

  • An der nicht zu Arbeitslohn führenden Freigrenze von 110 € wird (noch) festgehalten, die Finanzverwaltung jedoch zugleich aufgefordert, „alsbald“ die Höhe der Freigrenze auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen (BFH-Urteil vom 12.12.2012, BFH/NV 2013 S. 637).

  • Zu den auf die Teilnehmer aufzuteilenden Gesamtkosten gehören nur die Aufwendungen, durch die die Teilnehmer objektiv bereichert sind. Dies sind alle Aufwendungen für Leistungen, die von den Teilnehmern unmittelbar konsumiert werden können, also vor allem Speisen, Getränke und Entertainment (Musik, Kabarett usw.). Nicht dazu gehören hingegen Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen, also die Kosten für den sog. äußeren Rahmen wie z. B. die Saalmiete und die Kosten für den mit der Organisation beauftragten Eventveranstalter oder die anteiligen Aufwendungen der Buchhaltung. Auch die Kosten, die den Arbeitnehmern direkt zugeordnet werden können (z. B. Taxikosten oder andere individualisierbare Kosten), sind steuerlich bei dem jeweiligen Arbeitnehmer gesondert zu würdigen (ggf. handelt es sich um steuerfreien Reisekostenersatz; BFH-Urteile vom 16.5.2013, BStBl. 2015 II S. 186 und S. 189).
  • Die nach dem vorstehenden Absatz maßgebenden (z. B. um den äußeren Rahmen geminderten) Gesamtkosten sind auf alle Teilnehmer zu verteilen. Der auf Begleitpersonen entfallende Anteil (Ehegatte, Lebenspartner, Kinder) ist grundsätzlich nicht dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Auch bei der Begleitperson selbst entsteht – schon mangels eines Arbeitsverhältnisses – kein lohnsteuerpflichtiger Vorteil. Da der Bundesfinanzhof insoweit von einer Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ausgeht, unterliegt der auf den Ehegatten entfallende Anteil auch nicht einer Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG (es liegt ja gerade kein Geschenk vor; vgl. hierzu das Stichwort „Pauschalierung der Lohnsteuer für Belohnungsessen, Incentive-Reisen, VIP-Logen und ähnliche Sachbezüge“). Eine Zurechnung des auf die Begleitpersonen entfallenden Anteils beim Arbeitnehmer ist ausnahmsweise nur vorzunehmen, wenn es sich um Veranstaltungen mit einem marktgängigen Wert handelt (z. B. Musicalbesuch, Konzerte weltberühmter Künstler; BFH-Urteil vom 16.5.2013, BStBl. 2015 II S. 189). Nicht entschieden ist, ob eine Zurechnung beim Arbeitnehmer auch dann vorzunehmen ist, wenn der Pro-Kopf-Anteil der Begleitperson die Freigrenze von 110 € überschreitet (z. B. bei einem Pro-Kopf-Anteil von 125 €).

Nach den vorstehenden Ausführungen ist bis zum 31.12.2014 zu verfahren. Sofern in der Vergangenheit die Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen abweichend von den vorstehenden Grundsätzen behandelt wurden, kann eine Erstattung der zu viel gezahlten Pauschalsteuern beantragt werden, sofern die entsprechende Lohnsteuer-Anmeldung verfahrensrechtlich noch änderbar ist (vgl. das Stichwort „Änderung der Lohnsteuerpauschalierung“).

2. Gesetzliche Neuregelung seit 1.1.2015

Durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl. I S. 2417, BStBl. 2015 I S. 58) ist die Besteuerung von geldwerten Vorteilen, die ein Arbeitgeber im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gewährt, seit 1.1.2015 erstmals gesetzlich geregelt worden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG). Sofern sich aus den LStR 2015 hiervon abweichende Regelungen ergeben, sind diese nicht mehr anzuwenden. Die Finanzverwaltung hat aufgrund der Gesetzesänderung ein Anwendungsschreiben zur neuen Rechtslage bekannt gegeben (BMF-Schreiben vom 14.10.2015, BStBl. I S. 832).1 Die sich hieraus ergebende Verwaltungsauffassung ist in die nachfolgenden Ausführungen eingearbeitet worden. Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Einführung eines Freibetrags von 110 € anstelle einer Freigrenze

Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen führen seit 1.1.2015 nicht zu Arbeitslohn, soweit die Aufwendungen je teilnehmenden Arbeitnehmer 110 € (= Freibetrag) nicht übersteigen. Die frühere Freigrenze ist also in unveränderter Höhe in einen Freibetrag umgewandelt worden. Dies führt zu einer Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtslage.

Der Freibetrag gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Die Grenze von zwei Veranstaltungen gilt nach Verwaltungsauffassung arbeitnehmerbezogen! Es kommt also darauf an, an wie vielen Betriebsveranstaltungen der einzelne Arbeitnehmer im jeweiligen Kalenderjahr teilgenommen hat. Damit entfällt zugleich die bis zum 31.12.2014 vorgenommene Unterscheidung, ob es sich um gleichartige Betriebsveranstaltungen handelt oder nicht.

Vgl. die Erläuterungen unter den nachfolgenden Nrn. 1 und 3.

b) Maßgebende Gesamtkosten für die Prüfung der 110-Euro-Freibetragsgrenze

Nach der geltenden gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer in die Gesamtkosten einzubeziehen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt. Zum rechnerischen Anteil an den Kosten gehören insbesondere die Aufwendungen für den äußeren Rahmen (z. B. Saal-/Raummiete, „Eventmanager“). Rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers für den äußeren Rahmen bleiben unberücksichtigt (z. B. Abschreibung auf die Veranstaltungsräumlichkeiten). Auch steuerfreie Reisekosten (z. B. für die An- und Abreise auswärtiger Arbeitnehmer) sind nicht mit einzubeziehen.

Vgl. die Ausführungen unter der nachfolgenden Nr. 4.

c) Zurechnung des Begleitpersonen-Anteils beim Arbeitnehmer

Abweichend von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist seit dem 1.1.2015 gesetzlich geregelt worden, dass dem Arbeitnehmer auch der Anteil an den maßgebenden Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung zuzurechnen ist, der auf seine Begleitpersonen (Ehegatte, Lebenspartner, Kinder) entfällt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG).

Vgl. die Ausführungen und Beispiele unter der nachfolgenden Nr. 4.

d) Geschenke und Verlosungsgewinne

Es kommt für eine Einbeziehung der Aufwendungen des Arbeitgebers in die Gesamtkosten nicht darauf an, ob es sich um übliche Zuwendungen handelt. Auch unübliche Zuwendungen, wie z. B. Geschenke und Verlosungsgewinne, deren Gesamtwert 60 Euro übersteigt oder Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass – nicht nur bei Gelegenheit – einer Betriebsveranstaltung sind daher in die Gesamtkosten einzubeziehen.

Die in R 19.5 Abs. 6 Satz 3 LStR 2015 erwähnte Grenze von 60 € für die Einbeziehung von Geschenken in die Gesamtkosten ist durch die zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommene Gesetzesänderung überholt und seit dem 1.1.2015 nicht mehr anzuwenden.

Vgl. die Erläuterungen unter den nachfolgenden Nrn. 7 und 8.

e) Vorsteuerabzug und Umsatzsteuerpflicht

Die gesetzliche Neuregelung des Arbeitslohnbegriffs bei Betriebsveranstaltungen zum 1.1.2015, insbesondere die Ersetzung der bisherigen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerlichen Regelungen.

Von einer durch das überwiegende unternehmerische Interesse des Arbeitgebers veranlassten üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerlich im Regelfall auszugehen, wenn der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, den Betrag von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer pro Betriebsveranstaltung nicht überschreitet. In diesem Fall ist der Arbeitgeber dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe ist nicht vorzunehmen.

Übersteigt hingegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, pro Veranstaltung die Grenze von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Mangels Bezug für das Unternehmen scheidet in diesem Fall eine Vorsteuerabzugsberechtigung von vornherein aus. Die Frage der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe stellt sich daher von vornherein nicht.

Vgl. die Ausführungen und Beispiele unter der nachfolgenden Nr. 9.


Allgemeines

Durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl. I S. 2417, BStBl. 2015 I S. 58) ist die Besteuerung von geldwerten Vorteilen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gewährt, seit 1.1.2015 erstmals gesetzlich geregelt worden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG). Sofern sich aus den LStR 2015 hiervon abweichende Regelungen ergeben, sind diese nicht mehr anzuwenden. Die Finanzverwaltung hat aufgrund der Gesetzesänderung ein Anwendungsschreiben zur neuen Rechtslage bekannt gegeben (BMF-Schreiben vom 14.10.2015, BStBl. I S. 832).2 Im Einzelnen gilt Folgendes:

Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen führen nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, soweit die Aufwendungen je teilnehmenden Arbeitnehmer 110 € (= Freibetrag) nicht übersteigen. Die frühere Freigrenze ist also in unveränderter Höhe in einen Freibetrag umgewandelt worden. Die gesetzliche Neuregelung erfasst Zuwendungen des Arbeitgebers an seine aktiven Arbeitnehmer, seine ehemaligen Arbeitnehmer sowie Praktikanten, Referendare und ähnliche Personen sowie Begleitpersonen dieser Personengruppen. Aus Vereinfachungsgründen wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn auch Leiharbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen des Entleihers sowie Arbeitnehmer anderer konzernangehöriger Unternehmen einbezogen werden.

Der Arbeitgeber sollte bei der steuerlichen Beurteilung von Betriebsveranstaltungen am zweckmäßigsten in folgender Reihenfolge vorgehen:

  • Liegt überhaupt eine „Betriebsveranstaltung“ vor? Betriebsveranstaltungen sind z. B. Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern, Jubiläumsfeiern (vgl. nachfolgende Nr. 2).
  • Nimmt der einzelne Arbeitnehmer an mehr als zwei Betriebsveranstaltungen im Kalenderjahr teil? Die dritte (und jede weitere) Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung ist steuerpflichtig; es besteht jedoch ein Wahlrecht, welche Betriebsveranstaltung als steuerpflichtig behandelt wird (vgl. Nr. 3).
  • Prüfung der Freibetragsgrenze von 110 €:

Maßgebende Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung einschließlich Umsatzsteuer, geteilt durch Anzahl der Teilnehmer (vgl. Nr. 4).

Der Betrag von 110 € ist ein Freibetrag und keine Freigrenze. Dies bedeutet, dass die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewendeten Vorteile steuer- und beitragsfrei sind, wenn der Betrag von 110 € nicht überschritten wird.

Wird der Betrag von 110 € überschritten, ist nur der über 110 € hinausgehende Betrag steuer- und beitragspflichtig (und nicht wie bei einer Freigrenze der gesamte Betrag).

Die Lohnsteuer kann jedoch mit 25 % pauschaliert werden; in diesem Fall sind die Zuwendungen beitragsfrei in der Sozialversicherung (vgl. Nr. 6).


Das BMF-Schreiben ist als Anlage zu H 19.5 LStR im Steuerhandbuch für das Lohnbüro 2016 abgedruckt.
Das BMF-Schreiben ist als Anlage zu H 19.5 LStR im Steuerhandbuch für das Lohnbüro 2016 abgedruckt.


 

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