Stichwort „Finanzielle Sicherheit im Alter“
Statistiken belegen, dass vor allem Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern ihren Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anbieten und die Durchdringung hier bei über 80 Prozent liegt. Bei Unternehmen mit unter 250 Arbeitnehmern dagegen nutzen bzw. erhalten nicht einmal die Hälfte der Mitarbeiter eine Betriebsrentenversorgung.
Aufgrund der geringen bzw. so unterschiedlichen Verbreitung sah die Politik auf diesem Gebiet dringenden Handlungsbedarf: vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen und für Arbeitnehmer mit geringerem Einkommen soll die betriebliche Altersversorgung stärker verbreitet werden.
Die Neuregelungen betreffen Änderungen im Tarifrecht, Sozial- und Steuerrecht und gelten grundsätzlich zum 1. Januar 2018. Jedoch gibt es bei einigen Regelungen Übergangszeiten.
Die vorgesehenen Regelungen des Gesetzesentwurfs im Überblick:
Tarif-/Arbeitsrecht
Verpflichtender Zuschuss des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung
Jeder Arbeitnehmer hat bereits seit 2001 den Anspruch auf eine Entgeltumwandlung seines Gehaltes in eine betriebliche Altersversorgung. Der Arbeitgeber muss dem Wunsch des Arbeitnehmers hier nachkommen und darf diesen nicht verweigern. Allerdings kann der Arbeitgeber den Weg für eine betriebliche Altersversorgung vorgeben.
Nunmehr sieht § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vor, dass der Arbeitgeber im Falle einer Arbeitnehmerentgeltumwandlung 15 % des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Zuschuss in einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung weiterleiten muss, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.
Der verpflichtende Zuschuss gilt für Arbeitgeber ab 1. Januar 2019, wenn ab diesem Zeitpunkt neue Entgeltumwandlungsvereinbarungen abgeschlossen werden. Für alle Altfälle – also Vereinbarungen bis zum 31.12.2018 – gilt der verpflichtende Zuschuss ab 1. Januar 2022
Sozialpartnermodell
In Tarifverträgen sollen, so das Gesetz, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter vereinbaren können, dass nur noch Beiträge im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung zugesagt werden (sog. Beitragszusage oder Zielrente). Die Haftung der Arbeitgeber für die Höhe Betriebsrenten bei Ausscheiden des Mitarbeiters entfällt damit.
§ 21ff. BetrAVG sieht für eine Beitragszusage vor:
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Die betriebliche Altersvorsorge muss zwingend in einem externen Durchführungsweg (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) durchgeführt werden.
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Die Einrichtungen, in denen die reine Beitragszusage durchgeführt wird, darf keine Mindest- bzw. Garantieleistungen vorsehen (§ 244b Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG)).
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Die reine Beitragszusage darf bei der Auszahlung nur als laufende Rentenleistung gewährt werden; Kapitalwahloptionen sind unzulässig (§ 22 Abs. 1 BetrAVG).
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Anwartschaften aus der reinen Beitragszusage sind sofort unverfallbar.
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Die Arbeitgeber sind verpflichtet, im Falle der Entgeltumwandlung wenigstens 15 % des umgewandelten, sozialversicherungsfreien Entgeltes als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterzuleiten (§ 23 Abs. 2 BetrAVG). Darüber hinaus „soll“ zur Absicherung der reinen Beitragszusage ein „Sicherungsbeitrag“ tarifvertraglich vereinbart werden (§ 23 Abs. 1 BetrAVG).
Die Beitragszusage kann nur durchgeführt werden, wenn ein entsprechender Tarifvertrag diese regelt.
Optionsmodelle
Den Tarifparteien wird mit den Neuregelungen die Möglichkeit eingeräumt, auf tarifvertraglicher Grundlage Modelle der automatischen Entgeltumwandlung zu regeln, in denen die gesamte Belegschaft einbezogen werden darf (§ 20 BetrAVG). Der einzelne Arbeitnehmer hat dann die Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden. Eine Entgeltumwandlung würde so durch Tarifvertrag obligatorisch werden.
Steuerrecht
Die Änderungen im Steuerrecht beziehen sich vor allem auf die Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz (EStG) und legen den Fokus auf eine Förderung von Beiträgen des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung, die für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen geleistet werden.
Förderung von Geringverdienern
Nach dem neuen § 100 EStG werden Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung für Mitarbeiter mit einem Einkommen von bis zu 2200 Euro im Monat mit 30 Prozent gefördert. Arbeitgeber, die Beiträge für einen betreffenden Arbeitnehmer zu einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder in eine Direktversicherung zahlen, erhalten 30 Prozent der Beiträge, mindestens 72 Euro und maximal 144 Euro über das Lohnsteueranmeldeverfahren mit der abzuführenden Lohnsteuer verrechnet.
Der Arbeitgeber muss somit einen Mindestbeitrag von 240 Euro und einen Höchstbetrag von 480 Euro leisten. Ob die Zahlung monatlich, vierteljährlich oder jährlich erfolgt, ist irrelevant.
Die Einkommensgrenze von 2200 Euro muss in dem Monat geprüft werden, in dem der Arbeitgeber die Beiträge in die betriebliche Altersversorgung des Arbeitnehmers zahlt. Unter diese Einkommensgrenze fallen z. B. auch Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende. Es gibt hier keine gesetzliche Einschränkung.
Praxishinweis
Zahlt der Arbeitgeber die Beiträge in eine betriebliche Altersversorgung jährlich, muss die Einkommensgrenze auch nur einmal geprüft werden – in dem Monat der Zahlung.
In die Förderung nach § 100 neu EStG fallen nur Beiträge, die ab dem 1. Januar 2018 eingezahlt werden. Arbeitgeber können aber eine bereits bestehende Altersversorgung aufstocken und so in den Genuss der Förderung kommen. Diese ist aber begrenzt auf den maximalen zusätzlichen Betrag. Vergleichsjahr für die Aufstockung ist das Jahr 2016.
Beispiel 1
Der Arbeitgeber zahlt seit mehreren Jahren einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag i. H. v. jährlich 200 Euro. Er erhöht den Arbeitgeberbeitrag ab dem Jahr 2018 auf 240 Euro, um den Mindestbetrag zu erreichen.
Der Förderbetrag beträgt grds. 30 Prozent von 240 Euro (= 72 Euro), wegen der Begrenzung auf den maximalen zusätzlichen Betrag ab 2018 jedoch nur 40 Euro (Erhöhung des Arbeitgeberbeitrags).
Beispiel 2
Der Arbeitgeber zahlt seit mehreren Jahren einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag i. H. v. jährlich 200 Euro. Er erhöht den Arbeitgeberbeitrag ab dem Jahr 2018 auf 300 Euro.
Der Förderbetrag beträgt 30 Prozent von 300 Euro (= 90 Euro). Es erfolgt keine Begrenzung, da der Arbeitgeberbeitrag um 100 Euro erhöht wird.
Steuerfreibetrag
Arbeitgeber können seit 2018 höhere Beiträge für die Betriebsrente (aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung) nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei leisten. Es gilt nunmehr ein steuerfreies Dotierungsvolumen von 8 Prozent von der geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung West.
Eine Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG a. F. in Höhe von 1.752 werden auf diesen Rahmen angerechnet.
Zusätzlich kann der Arbeitgeber Beiträge in die betriebliche Altersversorgung einzahlen, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis z. B. aufgrund Entsendung ins Ausland ruhen ließ. Die sog. Nachholung darf nur für volle Kalenderjahre, also Unterbrechungen vom 1. Januar bis 31. Dezember durchgeführt werden. Der maximale steuerfreie Betrag beträgt 8 % der Beitragsbemessungsgrenze des Zahlungsjahres multipliziert mit den Jahren der Unterbrechung.
Auch für Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber Zahlungen in eine betriebliche Altersversorgung einzahlen. Hier gilt die Formel: 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (Zahlungsjahr) multipliziert mit Zugehörigkeitsjahren (maximal 10 Jahre).
Riester-Rente
Die Grundzulage für die Riester-Rente wurde von 154 auf 175 Euro angehoben. Gleichzeitig wurde ein Freibetrag in Höhe von mindestens 100 Euro für die Grundsicherung eingeführt. Zudem wurde die Verbeitragung in der Sozialversicherung aufgehoben.
Fazit:
Die Neuregelungen bieten Möglichkeiten, als Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die betriebliche Altersversorgung einzusteigen; jedoch bleiben die Regelungen insgesamt komplex.
Daniela Karbe-Geßler



