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Anhebung des Mindestlohns – Gute Aussichten für Minijobber

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Seit mittlerweile acht Jahren gibt es in Deutschland einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Damit wurde eine Lohnuntergrenze eingeführt, die nicht unterschritten werden darf. Ziel war es, der großen Mehrheit der Beschäftigten ein existenzsicherndes Einkommen zu sichern und den Niedriglohnsektor zurückzudrängen. Bei dessen Einführung zum 01.01.2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro brutto pro Stunde. Seitdem wurde er stufenweise angehoben, zuletzt zum 01.10.2022. Auf Vorschlag der Unabhängigen Mindestlohnkommission wird der Mindestlohn nun erneut zum 01.01.2024 angehoben werden. Einher gehen mit dieser Anhebung dann auch bessere Verdienstmöglichkeiten für Minijobber.

Liebe Leserin, lieber Leser,

noch immer befinden sich 15,2 % aller Jobs im Niedriglohnsektor1. Von der letzten Anhebung des Mindestlohns im Oktober 2022 auf 12,00 Euro waren 14,8 % aller Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland potenziell betroffen, das heißt all diejenigen arbeiteten bis dahin zu einem Stundenlohn von weniger als 12 Euro. Auch wenn es für uns Frauen natürlich erfreulich ist, von der damit einhergehenden Lohnerhöhung besonders stark zu profitieren, so ist es doch nur die logische Folgerung aus der Tatsache, dass wir eben leider noch immer den Großteil dieser Gruppe bilden (56 %).

Die Mindestlohnhöhe entspricht ungefähr 60 Prozent des Medianlohns in Deutschland – dies wird für einen angemessenen Mindestschutz empfohlen. Doch gilt der Mindestlohn auch wirklich für alle gleich? Nicht ganz. Das Mindestlohngesetz gibt vor, für wen und wann der Mindestlohn zu zahlen ist, wie die Höhe bestimmt, die Einhaltung durchgesetzt und kontrolliert wird. Grundsätzlich muss der Mindestlohn allen Beschäftigten bezahlt werden. Allerdings gibt es auch hier einige Ausnahmen und eine Besonderheit: Denn es gibt nicht nur Personengruppen, für die der allgemeine Mindestlohn überhaupt nicht gilt, sondern auch Berufsgruppen, deren Schutz noch darüber hinaus geht und sogar noch strengere Regeln gelten. So muss der Mindestlohn nicht bezahlt werden für bestimmte Praktika, Auszubildende im Rahmen einer Berufsausbildung, Jugendliche bis 18 Jahren ohne Berufsabschluss, Langzeitarbeitslose für einen Zeitraum von 6 Monaten sowie für ehrenamtlich Tätige. Hingegen gibt es Branchen, insbesondere in verschiedenen Zweigen des Baugewerbes, deren spezifische Mindestlöhne zumeist noch über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn liegen. Im Pflegebereich erhält das Personal z. B. gestaffelt nach der jeweiligen Qualifizierung aktuell mindestens 13,90 Euro (ungelernte Pflegehilfskräfte).Im Gegensatz zum gesetzlichen Mindestlohn gibt es bei den Branchenmindestlöhnen praktisch keine Ausnahmeregelungen. Eine niedrigere Vergütung wird hier lediglich für Auszubildende zugelassen.

Und wer bestimmt nun, wieviel ein Arbeitgeber mindestens bezahlen muss? Die Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns wird alle zwei Jahre durch die Mindestlohnkommission überprüft. Diese unabhängige Kommission der Tarifpartner setzt sich aus Vertretern der Arbeitgeberverbände sowie den Gewerkschaften zusammen und wird außerdem von Wissenschaftlern beraten. Die Mindestlohnkommission prüft, welcher Höhe es bedarf, um zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer_innen beizutragen. Dabei orientiert sich die Kommission an der Entwicklung der Tariflöhne in Deutschland. Ihre Erkenntnisse stellt sie der Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung. Die Bundesregierung prüft den Vorschlag und macht ihn in der Regel per Verordnung verbindlich. Die Bundesregierung kann dabei den Vorschlag der Mindestlohnkommission nur unverändert umsetzen, nicht aber eigenständig eine andere Höhe festsetzen. Mit entsprechenden Regierungsverordnungen werden die vorgeschlagenen Mindestlohnhöhen für Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechtsverbindlich umgesetzt. Lediglich im vergangenen Jahr wurde die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ausnahmsweise gesetzlich verankert.2

Nun steht die nächste Anhebung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns zum 01. Januar 2024 bevor. Die Kommission hatte vorgeschlagen, den Mindestlohn von 12 Euro auf 12,41 Euro pro Stunde anzuheben. Ab 2025 soll er erneut steigen, dann auf 12,82 Euro pro Stunde. Die Bundesregierung hat diesem Vorschlag am 15.11.2023 zugestimmt und die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Mit der Verordnung wird der Beschluss der Mindestlohnkommission rechtsverbindlich umgesetzt.

Neben seiner arbeitsrechtlichen Bedeutung hat der Mindestlohn inzwischen aber auch einen festen Platz im Steuerrecht gefunden. So spielt er eine wesentliche Rolle bei der Besteuerung von Minijobbern. Bis vor einem Jahr gab es für die Beurteilung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse eine feste Arbeitsentgeltgrenze (bis einschließlich September 2022: 450 Euro). Diese Grenze darf das regelmäßige Arbeitsentgelt im Durchschnitt einer Jahresbetrachtung nicht übersteigen. Die Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung finden sich im Sozialversicherungsrecht, genauer im SGB IV. Sie gelten aber gleichermaßen für die Lohnbesteuerung, denn sie sind bindend für die steuerrechtliche Würdigung. Steuerlich kann der Arbeitgeber dann anstelle der individuellen Besteuerung anhand der abgerufenen ElStAM auf die günstige Pauschalierung mit 2% zurückgreifen.

Seit Oktober 2022 gibt es die feste Arbeitsentgeltgrenze in dieser Form aber nicht mehr. Geschaffen wurde eine dynamische Geringfügigkeitsgrenze, die an den Mindestlohn gekoppelt ist. Diese Grenze orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn, das entspricht einer monatlichen Arbeitszeit von 43 Stunden und 20 Minuten und berechnet sich wie folgt:

Geringfügigkeitsgrenze = gesetzl. Mindestlohn x 130 / 3

Durch die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung können Minijobber nun anstelle der aktuell 520 Euro ab 2024 monatlich 18 Euro mehr, also 538 Euro verdienen. Ab 2025 folgt ein weiteres Plus von 18 Euro auf insgesamt 556 Euro.

Durch die dynamische Ausgestaltung können jetzt auch geringfügig entlohnte Beschäftigte von den Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns profitieren. Früher – also vor Oktober letzten Jahres – konnte die Anhebung des Mindestlohns dazu führen, dass die Arbeitszeit reduziert werden musste, um die feste Minijobgrenze nicht zu überschreiten. Im Portemonnaie machte sich das aber nicht bemerkbar. Jetzt kann hingegen der tatsächliche Verdienst steigen.

Das SGB IV wird hierfür nicht mehr aktualisiert. Durch Anknüpfung der Geringfügigkeitsgrenze an den Mindestlohn ohne betragsmäßige Bestimmung in der Vorschrift ist das nicht mehr erforderlich. Zwangsläufig ergibt sich damit aber auch die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze nicht mehr unmittelbar aus dem Gesetz. Um Rechtssicherheit zu erhalten, wird sie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben.

Letztendlich also gute Aussichten – nicht nur, aber auch für Minijobber!

Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 Stand Oktober 2022
2 Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 30. Juni 2022 (BGBl. I S. 969)

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