Das Wachstumschancengesetz ist erst ein paar Tage alt, so ist auch schon der Entwurf für das nächste Steuergesetz in Umlauf. Kurioserweise stammen die Veröffentlichung des WC-Gesetzes im BGBl.1 und der (inoffizielle) Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 genau vom gleichen Tag. Wenngleich es sich damit gleich aufs Neue mit geplanten Gesetzesänderungen zu beschäftigen gilt, so scheint es aus meiner Sicht doch erfreulich und zweckmäßig, die Gesetzesentwürfe bereits früh im Jahr anzupacken. Schließlich wäre es wünschenswert, wenn das Gesetzgebungsverfahren noch im Laufe des Jahres durchlaufen und zum Abschluss gebracht werden könnte. Je früher – desto besser. Damit bliebe allen Betroffenen mehr Zeit, sich auf die Neuregelungen einzustellen. Für das Jahressteuergesetz 2024 also schonmal ein ganz guter Start.
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich hoffe, Sie haben die Änderungen durch das Wachstumschancengesetz bereits verarbeitet. Eine Pause wird uns nämlich nicht eingeräumt, denn mit dem Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 steht schon das nächste Gesetz in den Startlöchern. Wenn auch noch nicht offiziell veröffentlicht, so kursiert im Netz inzwischen doch bereits eine Vorabversion des ersten Entwurfs aus dem BMF, eine noch unveröffentlichte Fassung des Referentenentwurfs. Mit einer Veröffentlichung soll im Laufe des Frühjahrs zu rechnen sein.
Auch in diesem Entwurf finden sich wieder lohnsteuerrelevante Änderungen, wenn auch in eher überschaubarem Umfang. Im Hinblick auf den bemerkenswerten Gesamtumfang der Gesetzesbegründung von 240 Seiten wäre das nicht selbstverständlich gewesen. Hinzu kommt der positive Umstand, dass es sich dabei um nach meiner Einschätzung wertvolle Regelungen für die Praxis handelt. Aber lassen Sie uns von vorne beginnen.
Das Jahressteuergesetz 2024 soll verschiedene Bereiche des Steuerrechts aufgreifen, in denen sich Gesetzgebungsbedarf ergeben hat. Neben erforderlichen Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung geht dieser auch auf Rechtsprechung des Bundeverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs zurück. Zudem bedürfe es erforderlicher Folgeänderungen, Fehlerkorrekturen und Anpassungen an vorangegangene Gesetzesänderungen, die damit aufgegriffen werden sollen. Insgesamt ist das Gesetz damit wohl ein Sammelsurium unterschiedlicher Einzelmaßnahmen, die nur vereinzelt zusammengehören. Das gilt auch für den Bereich der lohnsteuerlichen Vorschriften.
Heraussticht hier aus meiner Sicht die geplante Pauschalierungsmöglichkeit für Mobilitätsbudgets, daher lassen Sie uns mit dieser erfreulichen Maßnahme beginnen. In Ergänzung der unterschiedlichen Vorteile, die der Arbeitgeber mit einem Pauschsteuersatz von 25 % besteuern kann, soll § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG um eine Nummer 8 erweitert werden. Zukünftig soll der Arbeitgeber auch Leistungen aus einem Mobilitätsbudget mit 25 % pauschalieren können. Als Mobilitätsbudget im Sinne der Vorschrift soll das den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellte Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen gelten, unabhängig vom Verkehrsmittel. Dabei steht die kurzfristige, gelegentliche Bereitstellung nach Bedarf des Arbeitnehmers im Vordergrund, ohne dies auf konkrete Mobilitätsformen zu beschränken, um so der Vielfalt moderner Mobilitätslösung samt deren rasanten Fortentwicklung Rechnung zu tragen. Gedacht wurde dabei insbesondere an Sharing-Angebote sämtlicher Art, von Autos über Fahrräder bis hin zu E-Scootern. Ausgeschlossen werden hingegen Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge und den Arbeitnehmern dauerhaft überlassene Kraftfahrzeuge einschließlich betrieblicher Kraftfahrzeuge im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sowie auch die Erstattung reiner Einzelkosten. Begünstigt sollen aber sowohl Sachbezüge (wie z. B. Gutscheine) als auch Geldzuschüsse bis zur Höhe von insgesamt 2.400 Euro sein, soweit diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Insgesamt also der Versuch, die Besteuerung der vielseitigen bereits vorhandenen als auch der noch zu erwartenden Mobilitätsangebote bürokratiearm zu ermöglichen und im Hinblick auf die bedarfsorientierte Ausgestaltung wohl auch ein Beitrag in Richtung Umweltschutz und Nachhaltigkeit.
Eine weitere materiell-rechtlich vorgesehene Änderung im Gesetzesentwurf betrifft die Steuervergünstigung des § 19a EStG. Durch die Vorschrift können Vorteile aus Vermögensbeteiligungen am Arbeitgeber anstelle im Zuflusszeitpunkt erst bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses nachrangig besteuert werden. Der Anwendungsbereich des § 19a EStG wurde erst kürzlich im Zuge des Zukunftsfinanzierungsgesetzes2 mit Wirkung ab 2024 erweitert und zahlreiche Ergänzungen vorgenommen, um die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu verbessern.3 Vorgesehen war dabei zunächst auch, parallel zur Steuerbefreiung für Vorteile aus Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 39 EStG) den Anwendungsbereich des § 19a EStG um eine Konzernklausel zu erweitern. Auf Empfehlung des Finanzausschusses wurde diese Ergänzung jedoch wieder aus dem ZuFinG gestrichen, gleichzeitig aber festgehalten, dass die Auswirkungen des Entfalls der Konzernklausel von der Bundesregierung weiter geprüft würden und im Bedarfsfall dazu aufgefordert, hierzu im Jahressteuergesetz 2024 gesetzgeberisch tätig zu werden.4 Dieser Bedarf wird nun gesehen und daher wieder aufgegriffen. Rückwirkend zum 01.01.2024 soll also die Steuervergünstigung des § 19a EStG auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert werden. Dadurch ergäbe sich ein zeitlicher Gleichlauf mit den Änderungen durch das ZuFinG.
Die nachfolgende Änderung, durch die der Lohnsteuer-Jahresausgleich eingeschränkt werden soll, würde ich unter die eingangs beschriebene Kategorie der „erforderlichen Folgeänderungen“ einreihen. Ursächlich für diesen Anpassungsbedarf ist die Ergänzung der Richtlinie 39b.5 Abs. 2 LStR um einen Satz 4 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2023, wonach bestimmte Arbeitstage bei der Bestimmung des Lohnzahlungszeitraums nicht mehr mitzuzählen sind. Betroffen sind Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer Arbeitslohn bezogen hat, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt. In diesen Fällen ist nun die Tagestabelle anzuwenden, um einen möglicherweise sogar viel zu niedrigen Lohnsteuerabzug zu vermeiden. Im Nachgang hierzu muss der LSt-Jahresausgleich in diesen Fällen regelmäßig ausgeschlossen werden, um die Möglichkeit des Aushebelns dieser Regelung durch die Hintertür zu unterbinden. Dies wäre in der bisherigen Fassung des § 42 EStG nicht stets der Fall.

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Zum Abschluss folgt noch eine geplante Ergänzung des § 40 EStG, die ebenfalls unter die Kategorie „erforderliche Anpassung“, nicht aber an vorangegangene Gesetze, sondern an Rechtsprechung des BFH einzustufen ist. Durch den neuen Absatz 4 soll die Rechtsprechung des BFH5, wonach Pauschalierungswahlrechte durch Lohnsteuer-Anmeldung ausgeübt werden, ausdrücklich gesetzlich verankert und gleichzeitig fortentwickelt werden. Dem Grunde nach sollen nach § 40 Abs. 4 EStG-E lohnsteuerliche Pauschalierungswahlrechte durch Übermittlung einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung ausgeübt werden. Hiervon zu trennen ist ein ggf. erforderlicher vorheriger Antrag (vgl. § 40 Abs. 1 und § 37a Abs. 1 EStG). Für Nachforderungen aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung soll darüber hinaus die Möglichkeit eingeräumt werden, das Pauschalierungswahlrecht gegenüber dem Finanzamt durch eine einfache Erklärung auszuüben. Daraufhin kann (auch) die pauschale Lohnsteuer vom Finanzamt durch Steuerbescheid festgesetzt werden.
Aus lohnsteuerlicher Sicht betrachtet möge es vielleicht als „klein aber fein“ bezeichnet werden können. Warten wir´s mal ab, wie (und wann) es weitergeht!

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Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,
Ihre Ramona Dietmair
1 BGBl. 2024 I Nr. 108 vom 27.03.2024
2 Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen, BGBl. 2023 I Nr. 354 vom 14.12.2023
3 s. hierzu Blogbeiträge „Alles für den Wohlstand und den Klimaschutz“ vom 24.04.2023, „Gesetze schreiten voran“ vom 12.09.2023 und „Gesetzgebungsdschungel zum Jahreswechsel“ vom 19.12.2023
4 vgl. BT-Drs. 20/9363
5 BFH-Urteil vom 01.09.2021, Az.: VI R 38/19 (NV)

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