Mit Anbruch des letzten Quartals neigt sich das Jahr schon wieder seinem Ende zu. Und wie üblich geht es nun zum Jahreswechsel darum, die Gesetzgebungsverfahren mit den Neuregelungen zum 01.01. abzuschließen. Dazu zählt – genauso wie üblich – auch der lohnsteuerliche Änderungsbedarf, der diesmal allerdings nicht nur in dem einen Steuergesetz umgesetzt werden soll. Vielmehr verteilen sich die Anpassungen und Neuregelungen auf eine regelrechte Vielzahl laufender Gesetzgebungsverfahren: Neben dem Jahressteuergesetz 2024 wurde aus dem zweiten Jahressteuergesetz das sog. Steuerfortentwicklungsgesetz, gefolgt vom Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 bis hin zu einem Zweiten Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (2. Betriebsrentenstärkungsgesetz). Eine Menge Gesetzgebung, die allein für den Lohnsteuerabzug im Blick zu behalten ist. Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 stand nun Ende September sowohl im Bundestag1 als auch der Länderkammer auf der Tagesordnung.
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Jahressteuergesetz 2024 steht eigentlich ganz unter dem Motto „Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs“.2 Folgt man den Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats, so war man an dieser Stelle vielleicht noch nicht gründlich genug. Gerade im Lohnsteuerbereich gibt es noch einige Urteile aus der jüngeren Vergangenheit, die noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurden und damit der Umgang der Finanzverwaltung noch unklar ist. Der Bundesrat greift diese nun auf und regt an, durch weitere gesetzliche Änderungen auch insoweit Klarheit zu schaffen. Haben Sie das ein oder andere Urteil noch im Kopf? Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, was der Bundesrat konkret ins Spiel bringt und was als Lösung vorgeschlagen wird:
Steuerfreie Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge
Die Steuerbefreiung von „SFN-Zuschlägen“ nach § 3b EStG war zuletzt mehrfach Streitgegenstand vor dem BFH. In einer der Entscheidungen ging es um die Frage der Berechnung des Grundlohns als Bemessungsgrundlage für die steuerfreien Zuschläge. Nach Auffassung des BFH ist der maßgebende Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum arbeitsvertraglich zusteht. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge hingegen ohne Belang.3 Im Streitfall hatte der Arbeitgeber Beiträge an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse geleistet. Da den Arbeitnehmern damit aber noch kein unmittelbarer Rechtsanspruch gegenüber der Unterstützungskasse verschafft wurde, führte allein dies noch nicht zum Lohnzufluss. Dieser folgt erst im Zeitpunkt der späteren Auszahlung. Der BFH sah in dieser Beitragsleistung dennoch Grundlohn im Sinne des § 3b EStG, da die Vorschrift auf den Zufluss insoweit gerade nicht abstelle.
Der Bundesrat greift nun diese Entscheidung auf und möchte die bisherige Verwaltungspraxis wiederherstellen. Grundlohn soll danach nicht mehr der „laufende Arbeitslohn“ sein, sondern der „steuerpflichtige laufende Arbeitslohn“. Ausnahmen sollen hingegen gelten für laufenden Lohn in Form von steuerfreien Beiträgen des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung. Darüber hinaus sei es nicht sachgerecht, steuerfreien oder gar nicht steuerbaren Arbeitslohn bei der Zuschlagsberechnung zu berücksichtigen.
Doppelte Haushaltsführung im Ausland
Darüber hinaus greift der Bundesrat eine weitere „noch offene“ Entscheidung des BFH auf, die sich um Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung dreht. Mit „noch offen“ meine ich die Auswirkungen der Entscheidung, die mangels Veröffentlichung im Bundessteuerblatt oder anderweitiger Reaktion der Verwaltung noch unklar sind. Konkret geht es um die im Ausland belegene (Zweit-)Unterkunft. Während die abzugsfähigen bzw. steuerfrei erstattungsfähigen Unterkunftskosten für eine Zweitwohnung im Inland unmittelbar und eindeutig gesetzlich geregelt sind, fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung für eine solche im Ausland. Die gesetzliche Regelung, wonach tatsächliche Aufwendungen bis zur Höhe von 1.000 € ohne Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit abzugsfähig sind, greift nicht für eine Unterkunft im Ausland. Aber auch der Hilfslösung der Finanzverwaltung4, wonach die Aufwendungen in tatsächlicher Höhe notwendig sind, soweit sie die ortsübliche Miete für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm nicht überschreiten, erteilte der BFH eine Absage. Anstelle einer Typisierung bedürfe es einer Einzelfallprüfung, da insoweit der allgemeine Grundsatz gelte und es nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG auf die notwendigen Kosten ankomme.5
Nun ja, im Hinblick auf dessen Anwendungsbereich war es Grundaufgabe der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts, Massensachverhalte sachgerecht abzudecken. Und so gilt auch an dieser Stelle, dass Einzelfallprüfungen weder im Sinne des Gesetzgebers waren, noch in der Praxis tauglich wären. Hinzu kommt die Auslandsproblematik. Davon ausgehend, eine den Inlandsfällen vergleichbare Typisierung halte einer gerichtlichen Überprüfung ebenso stand, soll eine solche nun für Auslandssachverhalte nachgeschoben werden. Ausgehend vom Ranking der 20 Städte mit den höchsten monatlichen Mietpreisen für eine 2-Zimmer-Wohnung weltweit aus 2019, inflationsbereinigt und aufgrund der nicht einheitlichen Preisentwicklung in den letzten Jahren auf dem Mietmarkt modifiziert, soll ein Höchstbetrag von 2.000 € im Monat maßgebend sein. Dienst- und Werkswohnungen sollen hiervon ausgeklammert werden und nicht der typisierenden Höchstbetragsregelung unterliegen.

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Pauschalierung bei Betriebsveranstaltungen
Ein weiterer Dauerbrenner vor den Gerichten war, ist und wird es wohl auch stets bleiben: die Besteuerung von Betriebsveranstaltungen. Geschuldet sein dürfte dies insbesondere deren Bedeutung in der Praxis, die sich durch alle Branchen zieht, unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Zahl der Mitarbeiter. Auch darunter findet sich noch Rechtsprechung, deren Reichweite nicht geklärt ist. Es geht um das Urteil zur Führungskräftefeier.6 Der BFH hatte in diesem Verfahren über die Anforderungen an eine Betriebsveranstaltung zu entscheiden, die sich seit 2015 unmittelbar aus dem Einkommensteuergesetz ergeben.7 Das Offenstehen für alle Betriebsangehörigen ist nach dieser Legaldefinition unter § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG kein Merkmal einer Betriebsveranstaltung, sondern lediglich Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Freibetrags von 110 €. Nachdem die Pauschalierungsmöglichkeit mit 25 % ausschließlich an den Begriff der Betriebsveranstaltung anknüpfe, komme es hierfür auf dieses Offenstehen nicht an.
Auch hier soll nun die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werden und zu diesem Zweck die Voraussetzungen für die Pauschalierung verschärft werden. Nur für diesen Fall, in dem auch Arbeitnehmer aller Lohngruppen (der Durchschnitt) an der Betriebsveranstaltung teilnehmen können, stelle der Pauschsteuersatz von 25 % auch einen zutreffenden Durchschnittswert dar.8 Die Pauschalierung soll zukünftig für Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen (wieder) nur noch möglich sein, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
Aus meiner Sicht sind die Anregungen sehr zu befürworten. Mit unveröffentlichten Urteilen verbundene Rechtsunsicherheiten stellen die Praxis vor vermeidbare Herausforderungen: zunächst hinsichtlich der Frage, welche Sachverhalte wie überhaupt verwirklicht und versteuert werden, später in Form zahlreicher anhängiger (Rechtsbehelfs-)Verfahren.
„Da wär´ doch noch was“, was im Zuge des Jahressteuergesetzes geklärt werden könnte!
Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,
Ihre Ramona Dietmair
1 Plenarprotokoll 20/187, S. 24281D-24291D
2 BT-Drs. 20/12780 und Blogbeitrag „Auf ein neues…Steuergesetz!“ vom 18.04.2024
3 BFH-Urteil vom 10.08.2023, Az. VI R 11/21
4 BMF-Schreiben vom 25.11.2020, Rz. 112
5 BFH-Urteil vom 09.08.2023, Az. VI R 20/21
6 BFH-Urteil vom 27.03.2024, Az. VI R 5/22
7 s.a. Blogbeitrag „Feste feiern – auserwählten Kreis“ vom 17.05.2024
8 BFH-Urteil vom 15.01.2009, Az. VI R 22/06

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