rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Blogübersicht < Blogbeitrag

Des Pendlers täglicher Aufwand

Im Zuge der aktuellen Koalitionsverhandlungen steht auch die Anhebung der Entfernungspauschale auf dem Tableau. Eine Einkommensteuerreform und die Erhöhung der „Pendlerpauschale“ sollen zur Entlastung der Mittelschicht verhelfen.1 Nach aktuell veröffentlichten Zahlen zur Entfernungspauschale treffen Änderungen der Entfernungspauschale auch gerade die Mittelschicht.

Dietmair_100x100px_min.png
Jetzt bewerten!

Liebe Leserin, lieber Leser,

rund 13,8 Millionen Arbeitnehmer profitierten im Jahr 2020 von der steuerlichen Entlastung durch die Entfernungspauschale.2 Ein Großteil davon mit mittlerem Einkommen von 20.000 bis unter 50.000 Euro jährlichem Bruttolohn (54 %), gefolgt von der Gruppe Arbeitnehmer mit höheren Löhnen zwischen 50.000 und 100.000 Euro im Jahr (30 %). Vergleichsweise gering hingegen die Pendler mit einem Verdienst von weniger als 20.000 Euro (11 %) oder mindestens 100.000 Euro (5 %). Hauptprofiteur ist demnach auch die Mittelschicht, der eine mögliche Anhebung zugutekommen soll. Noch bis einschließlich 2026 greift für Fernpendler noch der erhöhte Kilometersatz von 0,38 € ab dem 21. Kilometer.

Das zahlt sich besonders auf dem Land aus, denn Fernpendler sind überwiegend in ländlichen Regionen vertreten: Arbeitnehmer in Kleinstädten hatten mit durchschnittlich 30 bzw. 31 Kilometern den längsten Arbeitsweg zurückzulegen.3 Je ländlicher die Region, desto häufiger wurde auch das Auto als Verkehrsmittel genutzt: in Landgemeinden sogar 93 %. Es sollte kein Geheimnis sein, dass der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel auf dem Land noch ausbaufähig ist. So wird vielfach der Zug oder auch der Bus keine vernünftige Option sein, die Arbeitsstätte mit vertretbarem Zeitaufwand zu erreichen oder zur richtigen Zeit überhaupt erreichen zu können. Nach den Verhandlungen der Koalitionspartner soll zumindest das Deutschlandticket weiter Bestand haben. Während man laut Sondierungspapier über dessen Fortführung noch beraten wollte, scheint dies jetzt beschlossen zu sein. Entlastung könnte damit weiterhin der Arbeitgeber bieten, indem er dem Arbeitnehmer das Deutschlandticket bezuschusst oder zur Verfügung stellt: erhält der Arbeitnehmer das Ticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn, bleibt dieser Vorteil steuerfrei (§ 3 Nr. 15 EStG). Vorteil für den Arbeitgeber: dieser Bonus bleibt dann auch abgabenfrei. Leistet er einen Zuschuss von mindestens 25 % zum Ticket, also mindestens 14,50 Euro, kommt noch ein vorteilhafter Rabatt von 5 % auf den aktuellen Ticketpreis (2,90 Euro) hinzu. In Höhe der Steuerfreiheit wäre allerdings die abzugsfähige Entfernungspauschale zu mindern – unabhängig davon, ob das Ticket tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.

Das häufig nicht ausreichend ausgebaute ÖPNV-Angebot gerade im ländlichen Raum war auch eines der Argumente für die befristete Anhebung der Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer.4 Die sich durch die CO2-Bepreisung ergebende Erhöhung der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sollte dadurch pauschalierend teilweise ausgeglichen werden. Diese Argumente scheinen sich allerdings auch bis 2026 noch nicht in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Die Entfernungspauschale schließt als Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip den Abzug der tatsächlichen Erwerbsaufwendungen aber insoweit aus. Geschuldet ist dies dem Umstand, dass sich der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitsweg in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen – dauerhaften – Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gegebenenfalls sogar durch eine entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann.5 Die Entfernungspauschale knüpft an eine erste Tätigkeitsstätte und damit verbunden insbesondere an das Merkmal der Dauerhaftigkeit an.

Für unbefristet beschäftigte Leiharbeitnehmer sieht das FG Düsseldorf seit Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes den Anwendungsbereich der Entfernungspauschale nicht mehr als eröffnet. Die seit 2017 in § 1 Abs. 1b AÜG enthaltene zeitliche Befristung der Überlassungsdauer, wonach der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Entleiher überlassen darf, führt nach dessen Entscheidung dazu, dass der Leiharbeitnehmer die Fahrten zur Arbeitsstätte des Entleihers im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Reisekosten für beruflich veranlasste Fahrten in tatsächlicher Höhe geltend machen kann.6

Im Gegensatz dazu hat das FG Köln jüngst für einen Piloten, der im Flughafengebäude und dem noch am Boden belegenen Flugzeug zahlreiche zu seinem Berufsbild gehörenden Tätigkeiten absolviert, eine erste Tätigkeitsstätte bejaht.7 Zur höchstrichterlichen Klärung der Frage, ob die Tätigkeiten eines Piloten im Cockpit eines Flugzeugs vor Abflug der großräumigen Tätigkeitsstätte Flughafen zuzuordnen sind, hatte das Gericht allerdings die Revision zum BFH zugelassen, die auch erhoben wurde. Die Frage wird nun also noch seitens des BFH aufzuklären sein. Klarheit schaffen konnte der BFH hingegen vor kurzem bereits für Teilzeitstudenten. Im Widerspruch zur Verwaltungsauffassung liege eine als erste Tätigkeitsstätte zu beurteilende Bildungseinrichtung nur vor, wenn das Studium nach der Studienordnung darauf ausgelegt ist, dass sich die Studierenden diesem –vergleichbar einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer – zeitlich vollumfänglich widmen müssen8. Ist das bei einem Teilzeitstudenten nicht der Fall, kann er unabhängig von übrigen Erwerbstätigkeiten die tatsächlichen Fahrtkosten geltend machen.

Des Pendlers täglicher Aufwand – dessen Reduzierung mag vermutlich nicht immer unter vertretbaren Umständen machbar sein. Insoweit ein schöner Ausblick also, wenn dem steigenden Aufwand auch höhere Werbungskosten folgen sollen!

rehm-Campus_Stoerer-Bild_Bildschirm.png

Für mehr Wissen.

Fortbildungen im Lohnsteuerrecht

Profitieren Sie von unseren neuen informativen und praxisorientierten eLearning-Angeboten in Form von Webinaren, Online-Trainings oder Video-Tutorials. Gestalten Sie Ihre Fortbildung flexibel und praxisnah. Für Kunden des Lexikons für das Lohnbüro 2026 PLUS sind bereits vier Webinare im Jahr 2026 inklusive.

Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 vgl. Ergebnisse der Sondierungen von CDU, CSU und SPD
2 PM destatis Nr. N012 vom 26.03.2025
3 Anmerkung: im Jahr der Auswertung 2020 galt hingegen noch die einheitliche Entfernungspauschale von 0,30 €/km
4 vgl. Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht
5 BFH vom 04.10.2017, Az. VI R 5/16
6 FG Düsseldorf vom 20.11.2024, Az. 15 K 1490/24 E und Blogbeitrag „Dauerhaft entliehen?“ vom 26.02.2025
7 FG Köln vom 04.12.2024, Az. 12 K 1369/21; Rev. anh. VI R 4/25
8 BFH vom 24.10.2024, Az. VI R 7/22

Quiz-Bild_ohneSchatten_267px.png

Quiz Lohnsteuerrecht

Jeden Monat stellen wir Ihnen spannende Fragen zum Lohnsteuerrecht. Sie testen Ihr Fachwissen und lesen gleich die richtigen Lösungen. So können Sie spielend Ihr Lohnsteuer-Wissen erweitern und sind bei aktuellen Rechtsänderungen stets auf dem neuesten Stand.

Einfach mitspielen >

18469-HJR-Website2023-04-RZ-Newsletter.webp

Beste Antworten.

Newsletter Arbeits- und Lohnsteuerrecht

Erhalten Sie regelmäßig Informationen zu den aktuellen Entwicklungen im Arbeits- und Lohnsteuerrecht sowie Empfehlungen zu neuen Produkten und Webinaren. Jetzt kostenlos anmelden und von den aktuellen Angeboten und Beiträgen profitieren.

Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
SX_LOGIN_LAYER