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Die planbare Anhebung

Rund sechs bis acht Millionen Menschen arbeiten aktuell in einem Minijob, in einigen Branchen wie Gastronomie, Handel oder Reinigung sind Minijobs gar die Regel. Dennoch oder vielleicht sogar auch deshalb wird aktuell über deren Abschaffung diskutiert. Problematisiert wird in erster Linie die unzureichende soziale Absicherung. Steuerlich hingegen können Minijobber insbesondere von der niedrigen Pauschsteuer profitieren, die häufig nicht vom Arbeitnehmer getragen werden muss. Hinzu kommt die fehlende Progressionswirkung im Rahmen der Veranlagung, der Steuersatz auf die übrigen Einkünfte erhöht sich dadurch (ausnahmsweise) nicht.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

unabhängig von den Diskussionen über eine gänzliche Abschaffung könnte der Minijob für einen bestimmten Personenkreis bereits zum 01.01.2026 signifikant an Bedeutung verlieren. Sollte sich die „Aktivrente“ in der aktuell vorgesehenen Form durchsetzen, so wird für Rentner der Minijob wohl keine allzu große Attraktivität mehr haben. Wer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht und weiterarbeitet, soll ab 2026 seinen Arbeitslohn bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten (sog. Aktivrente).1 Begünstigt sein sollen grundsätzlich alle Arbeitnehmer nach Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze im Sinne des SGB VI, für die der Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge oder Zuschüsse an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu entrichten hat.

Mangels Rentenversicherungspflicht nach § 168 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1d, Abs. 3, § 172 Abs. 1 oder § 172a SGB VI sind jedoch über die Regelaltersgrenze hinaus aktive Minijobber nicht begünstigt. Zwar folgt der Steuerfreiheit keine Beitragsfreiheit, allerdings fallen für die Renten- und Arbeitslosenversicherung ausschließlich Arbeitgeberanteile an. In einer Gesamtabwägung wird daher vermutlich die vorgesehene Steuerbefreiung dem Minijob vorzuziehen sein, allein schon aufgrund der flexibleren Verdienstmöglichkeiten.

Jenseits dessen warten für Minijobber ab Januar 2026 zunächst aber gute Aussichten. Durch die Anhebung des Mindestlohns zum 01.01.2026 auf 13,90 Euro steigt automatisch die Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 556 Euro auf sodann 603 Euro. Der Koalitionsvertrag2 hatte noch einen Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 als erreichbar angesehen, entsprechend dem Vorschlag der unabhängigen Mindestlohnkommission erfolgt nun aber eine Anhebung in zwei Schritten, zunächst auf 13,90 Euro, ein Jahr später – zum 01.01.2027 – auf 14,60 Euro.

Seit 2022 steigt die Geringfügigkeitsgrenze automatisch mit jeder Anhebung des Mindestlohns. Diese Änderungsmethodik scheint sich zu bewähren, inzwischen greift der Gesetzgeber immer öfter darauf zurück, anstelle fester Betragsgrößen an dynamische Werte anzuknüpfen. So soll beispielsweise durch das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz auch die Einkommensgrenze für begünstigte Arbeitnehmer im Sinne des BAV-Förderbetrags dynamisiert werden, indem sie an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt wird. So wird ein Herausfallen aus der Förderung im Zeitverlauf aufgrund von Lohn- und Gehaltszuwächsen verhindert, ohne dass es regelmäßiger gesetzlicher Änderungen bedarf.

Nicht nur Erleichterungen für den Gesetzgeber, sondern gleichzeitig aus meiner Sicht ein wertvoller Vorteil für Arbeitgeber und Beschäftigte: mit den Änderungen lässt sich bereits im Vorfeld verlässlich planen, ohne dass jeweils eine gesetzliche Anpassung abgewartet werden muss.

Nun aber zurück zum Minijob. Zwar bedeutet die (automatische) Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze noch nicht für alle auch eine automatische Lohnerhöhung, zumindest aber die Möglichkeit darauf, sei es durch eine Anhebung des Stundenlohns, oder aber auch der Arbeitszeit. Wichtig für den Minijobber ist in erster Linie die Jahresverdienstgrenze, d.h. künftig die Grenze von 7.236 Euro. Wird diese nicht überschritten, so handelt es sich um einen Minijob, selbst wenn der Verdienst in einzelnen Monaten mehr als 603 Euro beträgt. In die Durchschnittsberechnung müssen allerdings auch Einmalzahlungen wie das Weihnachtsgeld einbezogen werden. Der höhere Dezemberlohn kann damit durch die übrigen Monate „aufgefangen“ werden, in denen weniger als 603 Euro3 verdient wurde.

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Was aber, wenn wider Erwarten die Jahresgrenze überschritten wird? An dieser Stelle ist das „wider Erwarten“ das Stichwort – und ausschlaggebend. Ein unvorhersehbares und nur gelegentliches Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bis zum Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze führt nicht zur Beendigung der geringfügig entlohnten Beschäftigung. Als gelegentlich ist dabei ein Zeitraum von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen. Und was bedeutet unvorhersehbar? Insoweit geht es um Sachverhalte, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner vorausschauenden Jahresbetrachtung nicht mit hinreichender Sicherheit berücksichtigen konnte, weil es zu diesem Zeitpunkt schlichtweg noch nicht bekannt war. Klassischerweise geht es um Krankheitsvertretungen. Durch die Begrenzung auf jeweils 1.206 Euro (pro Überschreitung) beträgt der maximale Verdienst somit künftig 8.442 Euro pro Jahr.

Die planbare Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze – sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer nutzen, ggfs. mögliche Vertragsanpassungen vorzunehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen zu erwartenden Änderungen zum Jahreswechsel müssen die laufenden Gesetzgebungsverfahren hierzu weder verfolgt noch abgewartet werden. Auch wenn bereits mehr als der künftige Mindestlohn vereinbart ist, so kann das höhere „Volumen“ vielleicht durch eine Stundenaufstockung genutzt werden. Oder ein zusätzliches Weihnachtsgeld – das aber erst in 2026!

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Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 s. hierzu Blogbeitrag „Mehr Aktivität in der Rente“ vom 08.10.2025
2 KoaV Zeile 551
3 in 2025: 556 Euro

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