Nun ist es soweit. Endlich. Nach nunmehr 9 Monaten voller Diskussion, Stellungnahmen und zahlreichen Überarbeitungen ist das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, kurz Wachstumschancengesetz, beschlossen. In diesem Fall wohl durchaus eine schwere Geburt. Nach intensiven politischen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern stimmte der Bundesrat am 22. März 2024 dem durch den Vermittlungsausschuss erarbeiteten Kompromiss, dem am 22. Februar 2024 bereits der Bundestag zugestimmt hatte, mehrheitlich zu. Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte in seinem Statement hierzu, das Wachstumschancengesetz sei ein erster Schritt für eine Wirtschaftswende.
Liebe Leserin, lieber Leser,
bereits meinen letzten Beitrag vom 7. März hatte ich dem WC-Gesetz, konkret dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses, gewidmet. Dieser Vorschlag hat nun das Gesetzgebungsverfahren erfolgreich durchlaufen und sowohl die Zustimmung des Bundestags als auch des Bundesrats erhalten. Nach Ausfertigung und Verkündung kann es nun in Kraft treten. Für einen besseren Überblick möchte ich Ihnen nachfolgend nochmals kurz und knapp zusammenstellen, welche lohnsteuerrelevanten Änderungen nun beschlossenen wurden und ab wann diese im Einzelnen anzuwenden sind:
Kfz-Gestellung durch den Arbeitgeber: Ausdehnung begünstigter Elektrofahrzeuge
Der geldwerte Vorteil für reine Elektrofahrzeuge ist mit nur einem Viertel des Bruttolistenneupreises anzusetzen, wenn der Bruttolistenpreis nicht mehr als 60.000 € beträgt. Diese (BLP-)Grenze wird auf 70.000 € angehoben; anzuwenden für erstmalige Fahrzeugüberlassungen ab 01.01.2024.
Anhebung der Übernachtungspauschalen für Berufskraftfahrer
Die steuerfreie Pauschale für Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit vorwiegend auf einem Kfz des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten ausüben und auch dort übernachten (z.B. Berufskraftfahrer) wird ab 2024 von 8 € auf 9 € je Kalendertag angehoben.

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Abschaffung der Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren
Die Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte (sog. Fünftelregelung) wird ab 2025 aus dem Lohnsteuerabzugsverfahren gestrichen und nur noch im Einkommensteuerveranlagungsverfahren gewährt. Für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer wird für diese Fälle eine Antragsveranlagung eingeführt.

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Pauschalbesteuerung Gruppenunfallversicherung: Abschaffung der Beitragsgrenze
Beiträge zu Gruppenunfallversicherungen dürfen ab 2024 unabhängig von der Beitragshöhe nach § 40b Abs. 3 EStG pauschal mit 20% lohnversteuert werden.
Berechnung Versorgungsbezüge: Abschmelzung Versorgungsfreibetrag und Zuschlag
Der Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag schmelzen ab Versorgungsbeginn 2023 langsamer (nunmehr bis 2058 anstelle bis 2040) ab. Für den Lohnsteuerabzug ist die Änderung erst ab 01.01.2025 vorzunehmen.
Der ein oder andere von Ihnen wird sich nun die Frage stellen, was daraufhin nun akut für Arbeitgeber veranlasst ist. Die gute Nachricht: Solange Sie das Gesetzgebungsverfahren bislang nur beobachtet haben, ohne die Neuerungen schon im Voraus umzusetzen, haben Sie grundsätzlich alles richtig gemacht! Ich betone dies deshalb, weil mehrfach von den geplanten Änderungen zu lesen war, dabei nur leider nicht immer ausdrücklich erwähnt wurde, dass sich das Gesetz zu diesem Zeitpunkt noch in einer Entwurfsfassung befand. Aufgefallen ist mir das vor allem hinsichtlich der geplanten Anhebung der Verpflegungspauschalen. Nicht nur dass ich selbst entsprechende Artikel gelesen hatte, vielmehr hatte ich auch eine ganze Reihe an Gesprächen, bei denen sich mein Gegenüber danach erkundigte, ob die höheren Pauschalen denn wirklich schon angewendet werden können. Berechtigte Frage, die natürlich ganz ausdrücklich zu verneinen war. Das war nicht nur die (einzig) richtige Vorgehensweise, sondern wie wir jetzt sehen auch die einfachere: nachdem sich die Anhebung der Verpflegungspauschalen im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen konnte und aufgrund der Beratungen im Vermittlungsausschuss gänzlich aus dem Gesetz weichen musste, bleibt es bei den bisherigen Pauschalen. Sollten Sie ausversehen doch vorschnell gehandelt haben und bereits höhere Pauschalen steuerfrei ausbezahlt haben, so bedeutet dies zwar nun Mehraufwand, kann aber im Laufe des Jahres noch korrigiert werden. Nur für den Fall, dass das Dienstverhältnis inzwischen beendet wurde und die LSt-Bescheinigung bereits an das Finanzamt übermittelt wurde, ist eine Korrektur des Lohnsteuerabzugs nicht mehr möglich. In diesem Fall wäre der zu niedrige Lohnsteuerabzug unverzüglich dem Finanzamt anzuzeigen (§ 41c Abs. 4 EStG). Gleiches gilt natürlich für weitere letztlich nicht verwirklichte Regelungen, wie zum Beispiel die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen.
Sollten Sie hingegen alles richtig gemacht und den Abschluss des Gesetzgebungsverfahren abgewartet haben, so besteht nur in ein paar wenigen Fällen Handlungsbedarf:
„Rückwirkend“ anzuwenden ist nun die Ausdehnung der begünstigten Elektrofahrzeuge. Sollten Sie seit Beginn des Jahres erstmalig einem Arbeitnehmer ein Elektrofahrzeug mit einem Bruttolistenpreis von mehr als 60.000 €, höchstens aber 70.000 € zur Privatnutzung überlassen haben, so fließt im Rahmen der Berechnung des geldwerten Vorteils der Bruttolistenpreis nur noch mit einem Viertel, anstelle von 50 % ein. An dieser Stelle sehr wichtig: es kommt darauf an, wann das Fahrzeug erstmals (irgend-)einem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen wurde. Die neue Grenze von 70.000 € greift nur für erstmalige Überlassungen ab 2024!
Für den Fall, dass Sie Beiträge zur Gruppenunfallversicherung bereits zu Beginn des Jahres entrichtet haben und aufgrund der Beitragshöhe1 eine Pauschalierung mit 20 % bislang nicht zur Option stand, wird Ihnen nun dieses Wahlrecht noch eröffnet und Sie können unabhängig von der Höhe des Beitrags (auch jetzt noch) pauschalieren.
„Optimierungspotential“ besteht zuletzt noch für den Fall, dass Sie Berufskraftfahrer beschäftigen und anstelle der tatsächlichen Mehraufwendungen, die im Zusammenhang mit der Übernachtung im Fahrzeug entstehen, auf die sog. Übernachtungspauschale zurückgreifen. In diesem Fall können Sie nun höhere Pauschalen als Reisekosten steuerfrei erstatten und aus meiner Sicht die Differenz nun auch für die vergangenen Monate noch steuerfrei nachzahlen.
Unmittelbare Auswirkungen auf den Programmablaufplan haben die Regelungen nun nicht (mehr), sodass es aktuell keiner weiteren Änderung der PAP bedarf. Es bleibt also bei den mit BMF-Schreiben vom 23.02.2024 veröffentlichten, aufgrund des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes geänderten Fassungen, die spätestens ab 01. April anzuwenden sind.
Und damit möchte ich die Worte meines letzten Beitrags aufgreifen: was lange währt, wurde nun doch endlich ganz gut!
Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,
Ihre Ramona Dietmair
1 Bislang durften die Beiträge nur dann pauschal nach § 40b Abs. 3 EStG lohnversteuert werden, wenn der durchschnittliche Beitrag pro Arbeitnehmer 100 € im Kalenderjahr nicht überstieg

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