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In den eigenen vier Wänden

Durch die Corona-Pandemie hat die Arbeit von zu Hause aus schlagartig an Bedeutung gewonnen. Viele Erwerbstätige waren gezwungen, ihrer beruflichen Tätigkeit von zu Hause aus nachzugehen. Während es vor Corona für Arbeitnehmer noch eher als Ausnahme galt, zeigte sich dadurch doch, in wie vielen Berufen – wenn auch nur zeitweise – Telearbeit möglich ist. Wenngleich in einigen Unternehmen wieder zurückgerudert wird, hat sich die Arbeitswelt dennoch nachhaltig verändert. Eine Trennung von Privat- und Berufsleben wird dadurch umso schwieriger. Das gilt auch für den Werbungskostenabzug.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

nicht alle Tätigkeiten können von zu Hause aus ausgeübt werden. Geeignet sind in erster Linie Berufe, die am Schreibtisch ausgeübt werden, weniger hingegen im handwerklichen Bereich. Soweit dies aber machbar ist, hat sich seit Corona einiges verändert. Insbesondere für Arbeitnehmer. In 2020 musste vieles von heute auf morgen anders funktionieren, darunter auch die Arbeit im Homeoffice. Der Laptop konnte bzw. teilweise musste er ganz einfach auf dem Küchentisch genutzt werden. Heute ist die Lage glücklicherweise wieder entspannter. Geblieben ist aber in sehr vielen Unternehmen und Berufen die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen.

Der Anteil der abhängig Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiten, hat sich im Nach-Corona-Jahr 2023 (21,4 %) im Vergleich zum Jahr 2019 (9,6 %) mehr als verdoppelt.1 Ohne den Zeitdruck können heute auch die Rahmenbedingungen optimiert werden – auf beiden Seiten. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies wohl in der Regel die Einrichtung eines eigenen Arbeitszimmers. Wie sieht es aber aus, wenn die bisherige Wohnsituation das nicht zulässt? Gerade Wohnungen in der Stadt verfügen grundsätzlich um gerade so viel Platz, wie erforderlich – eher noch etwas weniger. So ging es auch einem Ehepaar in Hamburg, das sich für die erforderlichen zwei Arbeitszimmer für den Umzug in eine größere Wohnung entschied. Klingt zunächst nach beruflich veranlassten Umzugskosten. Liegen also beruflich veranlasste Aufwendungen vor, die den Werbungskostenabzug ermöglichen? Das Finanzgericht Hamburg hatte diese Frage noch bejaht und die streitigen Umzugskosten als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG beurteilt.2 Die damit verbundene wesentliche Erleichterung der Arbeitsbedingungen rechtfertige eine berufliche Veranlassung des Umzugs. Denn in der neuen Wohnung verfügt jeder Ehegatte über ein eigenes Arbeitszimmer und kann deshalb zu Hause der beruflichen Tätigkeit ungestört nachgehen. Im anschließenden Revisionsverfahren kam der BFH nun zu einem anderen Ergebnis – und hob die Entscheidung des Finanzgerichts wieder auf.3

Wenngleich das Wohnen dem privaten Lebensbereich und folglich Umzugskosten grundsätzlich steuerlich den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) zuzurechnen sind, können Werbungskosten dann vorliegen, wenn die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen den entscheidenden Grund für den Wohnungswechsel darstellt und private Umstände hierfür eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen. Dies müsse sich aber anhand objektiver Umstände, die typischerweise auf eine berufliche Veranlassung des Umzugs schließen lassen, feststellen lassen. Diese objektiven Umstände müssten regelmäßig außerhalb der individuellen Wohnsituation des Steuerpflichtigen liegen, wie zum Beispiel die mit dem Umzug verbundene wesentliche Fahrtzeitverkürzung zum Arbeitsplatz oder der Arbeitsplatzwechsel. Ein solches objektives Kriterium vermisste der BFH nun, wenn – wie hier – der Umzug allein der Einrichtung eines Arbeitszimmers dienen soll. Ob die Einrichtung des Arbeitszimmers tatsächlich Anlass oder aber nur die Folge des Umzugs war, lässt sich dann nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Er verneinte daher die berufliche Veranlassung und versagte den Werbungskostenabzug. Die Einrichtung eines Arbeitszimmers kann damit also die nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung von Umzugskosten nicht begründen. Unerheblich war es für den BFH dabei auch, ob es sich um ein steuererhebliches häusliches Arbeitszimmer handelt. Neben den optimaleren Arbeitsbedingungen verbessere sich automatisch auch die private Wohnsituation, weil der private Wohnraum dadurch wieder entlastet werde.

Unabhängig von den Umzugskosten sind die späteren, laufenden Kosten für das Arbeitszimmer zu beurteilen. Der Werbungskostenabzug für Kosten im Zusammenhang mit der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 neu geregelt. Seitdem können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dann abgezogen werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). Hinzu kam eine Erleichterung, die das ggfs. aufwendige ermitteln der tatsächlichen Aufwendungen ersparen soll: anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann in diesem Fall auch die Jahrespauschale von 1.260 Euro geltend gemacht werden. Im ersten Jahr bzw. immer dann, wenn die Voraussetzungen für den Abzug nicht das ganze Jahr vorliegen, reduziert sich die Pauschale um ein Zwölftel. Allerdings wird auch weiterhin nicht jeder Arbeitnehmer, der das Homeoffice nutzt, ein extra Arbeitszimmer einrichten – gerade dann, wenn es nur vereinzelte Tage sind, an denen diese Möglichkeit wahrgenommen wird. Auch für diese Fälle wurde eine Abzugsmöglichkeit geschaffen. Für die Kalendertage, an denen die berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und die erste Tätigkeitsstätte nicht aufgesucht wird, kann eine Tagespauschale von 6 Euro abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG).

Das Arbeitszimmer zu Hause ist inzwischen nicht mehr wegzudenken. Wegen dessen Bedeutung wurde es auch von der Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“ aufgegriffen. Die Expertenkommission war durch das BMF beauftragt worden und legte am 12.07.2024 ihren Abschlussbericht vor.4 Im Arbeitnehmerbereich schlägt die Expertenkommission u. a. mehrheitlich vor, Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Homeoffice und das häusliche Arbeitszimmer zu einer Arbeitstagepauschale in Höhe eines fixen Euro-Betrages pro Arbeitstag zusammenzufassen. Zwar fehlt es insoweit noch an Gesetzesentwürfen – aus den Augen ist das Thema aber offenbar nicht.

In den eigenen vier Wänden – die Arbeit dort hat an Bedeutung gewonnen. Ich gehe daher davon aus, dass noch weitere damit verbundene steuerliche Abgrenzungsfragen folgen und entschieden werden. Ruhig wird es also nicht um dieses Thema!

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