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Letzte Möglichkeit für den steuerfreien Ausgleich

Aufgrund der erheblich gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise und der damit verbundenen Erhöhung der Lebenshaltungskosten ergriff der Gesetzgeber in 2022 eine Reihe an Maßnahmen, um die Bevölkerung zu entlasten. Neben staatlichen Leistungen wie zum Beispiel der Energiepreispauschale wurde mit der Inflationsausgleichsprämie Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt, steuerfreie Unterstützungsleistungen an ihre Arbeitnehmer zu leisten. Die befristete Maßnahme endet nun mit Ablauf 2024.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

zum Jahresende neigt sich der Blick häufig schon in Richtung Neujahr: welche Änderungen stehen zum Jahreswechsel an, welche Neuregelungen sind zu erwarten und sind hierfür bereits Vorbereitungen zu treffen? Genauso lohnen sich aber auch Überlegungen hinsichtlich sinnvoller Dispositionen für das endende Jahr. In diesem Jahr rückt hier die Inflationsausgleichsprämie (IAP) in den Fokus. Schon seit Oktober 2022 können den Mitarbeitern steuerfreie Unterstützungsleistungen zur Abmilderung der enorm angestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden. Nun aber Vorsicht: die nur für einen begrenzten Zeitraum eingeführte Vorschrift des § 3 Nr. 11c EStG endet mit Ablauf des Jahres 2024. Das bedeutet, sofern der veranlagungszeitraumübergreifende Höchstbetrag von insgesamt 3.000 Euro noch nicht voll ausgeschöpft wurde, kann dies im aktuellen Jahr noch letztmalig erfolgen. Der Gesetzgeber erwartete mit Einführung der Vorschrift, dass sich die Energiepreise mittelfristig wieder entspannen werden, weshalb er eine zeitliche Befristung der Steuerbefreiung für angezeigt hielt. Sollten Sie also noch eine steuerfreie Leistung beabsichtigen, so ist Eile geboten. Als sonstiger Bezug fließt die IAP im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu. Beim Arbeitnehmer kommt es darauf an, dass er wirtschaftlich über das Geld verfügen kann.


Zur Veranschaulichung ein kurzes Beispiel:

Der Arbeitgeber gewährte seinen Arbeitnehmern bereits steuerfreie Leistungen zum Inflationsausgleich in Höhe von insg. 2.000 €, verteilt auf die Jahre 2022 und 2023. Der noch nicht ausgeschöpfte Betrag soll noch im Dezember 2024 geleistet werden und mit der monatlichen Gehaltszahlung verbunden werden. Ab dem 01.01.2025 soll der Lohn dauerhaft um monatlich 300 € erhöht werden. Auch die dauerhafte Lohnerhöhung wird mit Inflationsgesichtspunkten begründet.

Alternative 1: Der Dezemberlohn wird vorschüssig zum Monatsbeginn ausbezahlt.
Alternative 2: Der Dezemberlohn wird zum 15. des Folgemonats bezahlt.

→ Insgesamt steht für den gesamten Begünstigungszeitraum (26.10.2022-31.12.2024) ein Höchstbetrag von 3.000 € zur Verfügung, wovon 1.000 € noch nicht genutzt wurden. Mit Auszahlung der Sonderzahlung Anfang Dezember (Alternative 1) fließt der sonstige Bezug noch in 2024 zu und ist steuerfrei nach § 3 Nr. 11c EStG. Im Fall der 2. Alternative hingegen fließt die IAP erst mit tatsächlicher Auszahlung im Januar außerhalb des Begünstigungszeitraums zu. Die Steuerbefreiung findet in diesem Fall keine Anwendung mehr und die Sonderleistung unterliegt der vollen Steuerpflicht. Die danach einsetzende reguläre und dauerhaft wirkende Lohnerhöhung von monatlich 300 € unterliegt in beiden Alternativen der Steuer- und Sozialversicherungspflicht.

Die Möglichkeit einer IAP besteht aber natürlich unabhängig von dauerhaften inflationsbedingten Lohnerhöhungen, sei es, dass solche für die Zukunft vereinbart oder aber bereits vorgenommen wurden.

Neben einer echten Sonderleistung in diesem Sinne bietet sich ggfs. auch die Möglichkeit, eine IAP anstelle einer anderen steuerpflichtigen Sonderleistung zu zahlen, um die Steuerbefreiung noch zu nutzen. Kurzum: die Umwandlung einer steuerpflichtigen Sonderleistung in eine steuerfreie IAP. Zum Jahresende könnte sich hierzu beispielsweise das Weihnachtsgeld anbieten. Um die Voraussetzungen des § 3 Nr. 11c EStG zu wahren bedarf es dazu jedoch einiger Bedingungen, die zu beachten sind. Nicht jede Sonderzahlung kann in eine IAP umgewandelt werden. So ist wesentliches Kriterium der Vorschrift die Zusätzlichkeit. Die Steuerbefreiung greift nur dann, wenn die Unterstützung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Damit sind insbesondere Gehaltsumwandlungen nicht begünstigt. „Umgewandelt“ werden können nur freiwillige Sonderzahlungen. Hat der Arbeitnehmer hingegen einen Rechtsanspruch auf die umzuwandelnde Sonderzahlung, fehlt es am Zusätzlichkeitskriterium. Besondere Vorsicht geboten ist hier beim Weihnachtsgeld, das über Jahre hinweg „freiwillig“ geleistet wird. Fehlt es an einem Freiwilligkeitsvorbehalt kann sich daraus ein Rechtsanspruch aus betrieblicher Übung ergeben. Unter der „betrieblichen Übung“ wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung auf Dauer gewährt werden.1 Durch diese betriebliche Übung erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Sonderzahlungen haben dabei in der Praxis die größte Relevanz. Das BAG hat für Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld entschieden, dass – wenn sie in drei aufeinanderfolgenden Bezugszeiträumen gewährt werden – ohne dass ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt vorliegt, eine Bindungswirkung infolge betrieblicher Übung eintritt. Der Arbeitnehmer hat dann einen vertraglichen Anspruch auf die Leistung.

Unschädlich ist es hingegen, wenn dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf die IAP selbst eingeräumt wurde – sei es durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich. Ein Rechtsanspruch auf die zusätzliche Leistung steht der Zusätzlichkeit nicht entgegen (§ 8 Abs. 4 Satz 2 EStG). Weiteres Merkmal der Vorschrift ist der Zweck der Unterstützungsleistung. Da die IAP dem Inflationsausgleich dienen soll, können vorherige Ankündigungen einer Sonderzahlung zu anderem Zweck – z.B. als beabsichtigtes Weihnachtsgeld – der Steuerbefreiung entgegenstehen. Und zu guter Letzt wäre dann noch darauf zu achten, auch bei Auszahlung den Inflationsbezug herzustellen. Daran werden jedoch keine großen Anforderungen gestellt, so genügt ein entsprechender Hinweis in der Lohnabrechnung oder auf dem Überweisungsträger der deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.

Zusammengefasst sind für eine Umwandlung also zu beachten:

  • freiwillige Sonderzahlung ohne Rechtsanspruch
  • noch kein anderer Auszahlungsgrund verkündet
  • Auszahlung als Prämie zum Inflationsausgleich + Dokumentation im Lohnkonto.

Abschließend kann zu dieser Thematik mit Spannung auch noch ein Urteil vor dem BFH erwartet werden: Im Verfahren unter dem Aktenzeichen VI R 25/24 wird der BFH darüber zu entscheiden haben, ob ein Arbeitgeber Sonderleistungen wie beispielsweise Urlaubsgeld, worauf arbeitsrechtlich kein Anspruch bestand, teilweise als steuerfreie Corona-Sonderzahlung nach § 3 Nr. 11a EStG auszahlen konnte. Zwar ist im Streitfall die Steuerfreiheit einer Corona-Prämie i. S. d. § 3 Nr. 11a EStG strittig – die Vorschriften sind von der Wirkweise jedoch vergleichbar, weshalb die Entscheidungsgrundsätze auch für die IAP maßgebend sein werden. Schade nur, dass das Urteil nicht mehr rechtzeitig vor Ablauf des Begünstigungszeitraums ergehen wird. Aber wer weiß, eine an § 3 Nr. 11a, b und c EStG angelehnte Vorschrift ist in Zukunft nicht auszuschließen!

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Empfehlen kann ich jedenfalls, die letzte Möglichkeit für den steuerfreien Inflationsausgleich noch zu nutzen, gerne auf der sicheren Seite als echte, zusätzliche Sonderleistung!

Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 BAG, Urteil vom 20.5.2008 – 9 AZR 382/07

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