Längere Zeit schon werden sie diskutiert, die steuerlichen Vorhaben zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Der bislang noch nicht offiziell veröffentlichte Referentenentwurf des BMF für ein Arbeitsmarktstärkungsgesetz soll nun zusätzliche Arbeit bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steuerlich fördern und damit entsprechende Anreize zur Mehrarbeit setzen. Alle drei enthaltenen Maßnahmen setzen auf dasselbe Mittel der Steuerfreiheit. Neben einer Steuerbefreiung für Überstundenzuschläge und einer Teilzeitaufstockungsprämie ist wesentlicher Bestandteil die sog. Aktivrente. Was steckt dahinter, wer soll profitieren und was sollte bedacht werden?
Liebe Leserin, lieber Leser,
um dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken unternimmt die Bundesregierung aktuell mehrere Maßnahmen, die zur Mehrarbeit motivieren sollen. Eine Reihe davon zielt darauf ab, die Beschäftigung im Rentenalter zu erleichtern und zu fördern. So folgen nun auch steuerliche Anreize, die mittels einer Steuerbefreiung für die Weiterarbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze die Erwerbstätigkeit im Alter steigern soll. Mit dem Arbeitsmarktstärkungsgesetz soll durch § 3 Nr. 21 EStG – neu – die sog. Aktivrente in Form eines Steuerfreibetrags von bis zu 24.000 Euro im Jahr für nichtselbständige Einkünfte nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für Steuerpflichtige, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten, eingeführt werden.
Wer ist begünstigt? Grundsätzlich kann danach derjenige, der die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat und weiterarbeitet, bis zu 2.000 Euro Arbeitslohn im Monat steuerfrei beziehen. Wesentliches Kriterium ist dabei die Regelaltersgrenze im Sinne des SGB VI, wobei auch die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze bis zum Jahrgang 1964 berücksichtigt wird. Ob neben der nichtselbständigen Tätigkeit eine Regelaltersrente oder Versorgungsbezüge bezogen werden ist hierfür ohne Belang. Zumindest dieser Aspekt trägt zur Vereinfachung bei, da sich weitere arbeitgeberseitige Ermittlungen insoweit erübrigen.
Weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Arbeitgeber für den Arbeitslohn Rentenversicherungsbeiträge oder Zuschüsse an eine berufsständische Versorgungseinrichtung nach § 168 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1d, Abs. 3, § 172 Abs. 1 oder § 172a SGB VI zu entrichten hat. Demzufolge greift die Steuerbefreiung nicht für Minijobber. Der Gesetzgeber sieht insoweit wegen bereits bestehender steuer- und beitragsrechtlicher Förderungen wie zum Beispiel der einheitlichen Pauschsteuer von 2 Prozent keinen Bedarf. Systematisch hätte es andernfalls auch spezieller Regelungen bedurft, um eine mehrfache Inanspruchnahme zu vermeiden. Schließlich werden im Fall der Pauschalierung weder ELStAM abgerufen, noch werden die Einnahmen in der Steuererklärung erklärt.
Und welche Einnahmen fallen unter die Vorschrift? Gewisse – wenn auch aus meiner Sicht nur geringfügige – Einschränkungen gibt es auch hinsichtlich der begünstigten Einnahmen. So sollen ausschließlich Einnahmen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und nur dann begünstigt sein, wenn sie für eine Tätigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze bezahlt werden. Ausgeschlossen werden damit sowohl Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen und laufende Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge, als auch Nachzahlungen und Abfindungen, die für vorausgegangene Zeiträume geleistet werden.
Der Höchstbetrag von insgesamt 24.000 Euro ist zu zwölfteln und nur für Monate zu gewähren, in denen die Voraussetzungen auch vorliegen. Im Ergebnis wäre daher die Bezeichnung als monatlicher Freibetrag von 2.000 Euro vielleicht systematischer. An dieser Stelle erwähnenswert in jedem Fall auch die Frage, wie sich der Verdienst auf die Rente auswirkt. Seit dem 1. Januar 2023 gibt es keine Hinzuverdienstgrenze mehr für Altersrentner. Wer regulär Altersrente bezieht, kann uneingeschränkt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. So kann also der Arbeitnehmer bis zu einem Arbeitslohn von 2.000 Euro – zunächst – voll profitieren. Profitieren wird aber wohl nicht nur der Arbeitnehmer. Auch für den Arbeitgeber lockt neben der Expertise erfahrener Fachkräfte ein geringerer Lohnaufwand, da die Steuerbefreiung in den Gehaltsverhandlungen gleich eingeplant werden kann. Vermutlich liegt das Ergebnis dann irgendwo in der Mitte. Beitragsrechtlich wurde der Begünstigung bei der Beschäftigung von Vollrentnern ein Riegel vorgeschoben. Beziehende von Vollrenten sind zwar ab Erreichen der Regelaltersgrenze grundsätzlich rentenversicherungsfrei, das gilt allerdings nur für den Arbeitnehmeranteil. Trotz bestehender Rentenversicherungsfreiheit hat der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil zu entrichten, und zwar in derselben Höhe wie für rentenversicherungspflichtig Beschäftigte.
Entsprechendes gilt – unabhängig von der Zahlung einer Altersrente – für die Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung wirkt allerdings nicht rentenerhöhend, weshalb mangels Verschaffung eines Leistungsanspruchs dem Arbeitnehmer insoweit auch kein Lohn zufließt; einer Befreiung nach § 3 Nr. 62 EStG bedarf es insoweit nicht (BFH vom 15.06.2023, Az. VI R 27/20). Steuerlich würde das nun zukünftig anders aussehen.

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Um den Netto-Gehaltsvorstellungen des Arbeitnehmers zu entsprechen wird der Arbeitgeber bei einem Rentner nun weniger Lohn aufwenden müssen. Auf Seiten des Arbeitnehmers sei hier allerdings Vorsicht geboten. Um dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen, soll die Aktivrente dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Die Auswirkungen daraus ergeben sich erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, also erst nach Verwirklichung des Sachverhalts. Anzuraten wäre daher im Vorfeld zu prüfen, ob bzw. welche Nachzahlungen im Zuge der Veranlagung zu erwarten sind. Gerade für „frischgebackene“ Rentner mag die Umstellung von der Steuererhebung über das Lohnsteuerabzugsverfahren hin zur Besteuerung der Rente über die Veranlagung allein schon zunächst einmal gewöhnungsbedürftig sein – in Wechselwirkung mit der progressionserhöhenden Aktivrente sollte dies aber erst recht im Vorfeld einkalkuliert werden. Um böse Überraschungen im Nachhinein zu vermeiden wäre es dem Arbeitgeber anzuraten, den Aktivrentner vorab auch darauf hinzuweisen.
Mehr Aktivität in der Rente – mit dem vorgesehenen Mittel könnten davon neben der Wirtschaft auch Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Sozialkassen profitieren. Wenngleich die Aktivrente bereits ab 2026 gelten soll hat sie aber doch noch einen gewissen Weg vor sich, von der Bundesregierung, über Bundestag und Bundesrat.

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