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„Verantwortung für Deutschland“ – 144 Seiten mit der steuerlichen Brille gelesen

Der Koalitionsvertrag steht. Nach mehreren Wochen der Verhandlung haben sich CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag für eine schwarz-rote Regierung geeinigt. Auch die Ministerien wurden schon verteilt. Zwar steht die Abstimmung der Parteien über den Koalitionsvertrag noch aus, sodass dessen Unterzeichnung vermutlich erst im Mai erwartet werden kann. Lassen Sie uns dennoch schon jetzt in die 144 Seiten blicken, was uns steuerlich in der nächsten Legislaturperiode erwarten könnte.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

vier Wochen lang wurde am Koalitionsvertrag gearbeitet. Worauf haben sich die beteiligten Parteien geeinigt, welche steuerlichen Maßnahmen sind beabsichtigt? Um die Wirtschaft zu stärken sollen unter anderem Investitionen, Innovationen, Wettbewerb gefördert und Steuern, Abgaben und Energiepreise gesenkt werden sowie Arbeitsanreize verbessert werden. Konkret genannt werden bereits die folgenden Vorhaben:

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen stärken

Durch eine praxisnahe Ausgestaltung von Steuer- und Sozialversicherungsrecht soll die Mitarbeiterkapitalbeteiligung weiter gestärkt werden. Dieses Ziel hatte sich auch schon die vergangene Regierung gesetzt und wurde hier auch schon mehrfach tätig. Durch Ausdehnung der Steuerbefreiung für Mitarbeiterbeteiligung (§ 3 Nr. 39 EStG) und Einführung sowie späterer Erweiterung der nachgelagerten Besteuerung nach § 19a EStG zur Vermeidung der sog. dry-income-Problematik sollten die Möglichkeiten für Mitarbeiter, sich am Arbeitgeberunternehmen zu beteiligen, verbessert werden.1 Insoweit scheint das Werk aber wohl noch immer nicht vollendet.

Ausdehnung der steuerlichen Förderung von Elektrofahrzeugen

Die steuerliche Begünstigung von Elektrofahrzeugen soll durch eine Erhöhung der Bruttolistenpreisgrenze auf 100.000 Euro ausgedehnt werden. Die günstige Bewertung des geldwerten Vorteils aus der privaten Kfz-Nutzung, wonach der Bruttolistenpreis nur zu ¼ zu berücksichtigen ist, gilt aktuell nur für Elektrofahrzeuge mit einem Bruttolistenpreis von höchstens 70.000 Euro. Eine Anhebung auf 95.000 Euro ab 01.07.2024 war zwar bereits im Zuge des Steuerfortentwicklungsgesetz beabsichtigt, schlussendlich aber nicht umgesetzt worden. Zur Stärkung der Elektromobilität wird das Vorhaben nun neben weiteren auch steuerlichen Maßnahmen wie einer Sonderabschreibung und einer Kfz-Steuerbefreiung für E-Fahrzeuge bis 2035 wieder aufgegriffen.

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Mindestlohn

Am gesetzlichen Mindestlohn und einer unabhängigen Mindestlohnkommission soll festgehalten werden. Für die weitere Entwicklung soll sich die Mindestlohnkommission weiter an der Tarifentwicklung sowie an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren, wodurch im Jahr 2026 ein Mindestlohn von 15 Euro erreichbar sei. Da seit Einführung der dynamischen Geringfügigkeitsgrenze die Arbeitsentgeltgrenze für Minijobber unmittelbar an den Mindestlohn gekoppelt ist, ergeben sich daraus auch Auswirkungen für Minijobber.2 Aktuell liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 12,82 Euro. Hochgerechnet auf eine monatliche Arbeitszeit von 43 Stunden und 20 Minuten – denn danach bemisst sich die Geringfügigkeitsgrenze – kann ein Minijobber in 2025 556 Euro monatlich verdienen. Bei einer Anhebung auf 15 Euro würde sich diese Grenze auf 650 Euro anheben.

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Steuerbefreiung für Überstundenzuschläge

Damit sich Mehrarbeit auszahlt, sollen Zuschläge für solche Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt werden. Als Vollzeitarbeit soll dabei bei tariflichen Regelungen mindestens 34 Stunden pro Woche, bei nicht tariflichen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 40 Stunden gelten. Auch diese Idee kommt Ihnen vielleicht schon bekannt vor. Die Idee stammt aus der Wachstumsinitiative der vorangegangenen Bundesregierung3 und wurde unverändert übernommen.

Prämien zur Arbeitszeitaufstockung

Um für Teilzeitbeschäftigte Anreize zu schaffen ihre Arbeitszeit auszuweiten, sollen Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, hierfür eine Prämie auszuzahlen, die steuerlich begünstigt wird. Missbrauch soll dabei ausgeschlossen werden. Und nun muss ich mich wiederholen: kennen Sie diesen Gedanken? Richtig, auch hier verrät ein Blick in die Wachstumsinitiative woher. Auch dieses Vorhaben soll wie beabsichtigt umgesetzt werden.

Betriebliche Altersvorsorge

Die betriebliche Altersvorsorge soll gestärkt und deren Verbreitung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen sowie bei Geringverdienern vorangetrieben werden. Der Entwurf für ein „Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz“ beabsichtigte bereits, die betriebliche Altersversorgung in Deutschland weiter auszubauen.4 Er hatte dabei besonders kleinere Unternehmen und Beschäftigte mit geringem Einkommen im Fokus, die bisher oft keine Betriebsrenten haben. Es sollte bessere Rahmenbedingungen schaffen, damit mehr Arbeitnehmer eine zusätzliche Altersvorsorge erhalten. Steuerlich waren dabei insbesondere Änderungen beim bAV-Förderbetrag vorgesehen (§ 100 EStG).

Freiwilliges längeres Arbeiten im Alter

Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zur Höhe von 2.000 Euro steuerfrei erhalten. Arbeiten im Alter soll dadurch attraktiver werden und längeres Arbeiten auf freiwilliger Basis belohnt werden.

Entfernungspauschale

Die Entfernungspauschale soll ab 2026 schon ab dem ersten Kilometer und dauerhaft auf 0,38 Euro angehoben werden. Die erhöhte Pauschale gilt derzeit nur für Fernpendler ab dem 21. Kilometer und zeitlich befristet bis 2026.5 Das Deutschlandticket soll über 2025 hinaus fortgesetzt werden. Insoweit also gute Nachrichten für Pendler sowie auch Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern mit dem Deutschlandticket weiterhin einen steuerfreien Bonus zukommen lassen können. 

Zukunftspakt Ehrenamt

Neben einigen Maßnahmen in Sachen Ehrenamt und Gemeinnützigkeit soll die Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro angehoben werden. Die letzte Anhebung erfolgte erst mit Wirkung ab 2021. Dennoch hatte der Bundesrat bereits im Rahmen des Steuerfortentwicklungsgesetzes vor dem Hintergrund der Inflationsentwicklung und der Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements für das Gemeinwohleine eine Anhebung angeregt.6 Diese wurde jedoch letztendlich nicht umgesetzt.

Darüber hinaus soll die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur gesenkt werden. Der Solidaritätszuschlag soll hingegen unverändert bestehen bleiben. Die Schere zwischen der Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge und dem Kindergeld soll schrittweise verringert werden.

„Verantwortung für Deutschland“ – 144 Seiten mit der steuerlichen Brille gelesen. Sowohl neue, als auch viele schon bekannte Vorhaben, auf die sich die Koalitionspartner in spe geeinigt haben. Warten wir es ab, was, wann und wie genau es soweit ist!

Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 s. hierzu Blogbeitrag vom 21.06.2024 „Ein Teil des Unternehmens
2 s. hierzu Blogbeitrag vom 17.11.2023 „Anhebung des Mindestlohns – Gute Aussichten für Minijobber
3 „Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland“ vom 05.07.2024, s. hierzu auch Blogbeitrag vom 24.07.2024 „Initiativen für Wachstum
4 vgl. BR-Drs. 488/24
5 s. hierzu Blogbeitrag vom 07.04.2025 „Des Pendlers täglicher Aufwand
6 vgl. BR-Drs. 373/1/24

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