Generation Z – stecken die Zombies alle mit ihrer Freizeitorientierung an?
Liebe Leserinnen und Leser,
zwischen Weihnachten und Neujahr genieße ich es, in aller Ruhe lesen zu können. Neben meinem Sessel stapelt sich dann die Lektüre, in meinen Händen dampft eine heiße Tasse Tee.
Dieses Mal habe ich unter anderem ein neues Werk von Christian Scholz gelesen, der ein erfahrener und herausragender Hochschullehrer (Professor an der Universität Saarbrücken) im Bereich Personalmanagement ist. In dem Buch befasst sich Christian Scholz mit der Generation Z, insbesondere mit deren Verhalten in der Arbeitswelt. Da ich mich seit einiger Zeit mit dem Thema „Rekrutierung von Nachwuchskräften für den öffentlichen Sektor“ beschäftige, habe ich – als ich das Buch erstmals in der Hand hielt - viele neue Erkenntnisse zum Fühlen, Denken und Handeln der jüngsten Generation erwartet. Wichtig wären diese Erkenntnisse für Personalrekrutierer deswegen, weil nur bei guter Kenntnis der Zielgruppe diese erfolgreich um- und für die eigene Behörde angeworben werden kann.
Tatsächlich enthält das Werk prägnante Aussagen zur Generation Z, die sich auf vielfältige Bereiche des Arbeits- und Berufslebens beziehen. Bevor einige dieser Aussagen wiedergegeben werden, wird nachfolgend aufgezeigt, was Prof. Scholz unter der Generation Z versteht und welches die prägenden Einflüsse auf diese Generation sind.
Scholz unterscheidet in seinem Werk vier Generationen:
-
die Babyboomer: Geburtsjahrgänge 1950 bis etwa 1964,
-
die Generation X: 1965 bis etwa 1979
-
die Generation Y: 1980 bis etwa 1994
-
die Generation Z: ab etwa 1995
Von ihrer Grundhaltung her beschreibt er die Babyboomer als idealistisch, die Generation X als skeptisch, die Generation Y als optimistisch und die Generation Z als realistisch und freizeitorientiert. Als Hauptmerkmal der Babyboomer erkennt Scholz die Tendenz zur Selbsterfüllung, bei der Generation X die Perspektivlosigkeit. Der Generation Y spricht der Autor eine hohe Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsorientierung zu, während er bei der Generation Z als Hauptmerkmal Flatterhaftigkeit ausmacht – hierunter ist eine Tendenz zur Unverbindlichkeit und zu Kurzzeitbeziehungen aufzufassen.
Prägende Einflüsse auf die Generation Z seien Helikopter-Eltern, die in höchstem Maße ihre Kinder behüten und versorgen. Scholz meint, dass dies von den Vertretern der Generation Z auch als Normalzustand akzeptiert werde. Des Weiteren wird diese Generation als politikfrei beschrieben. Weder die Politiker interessierten sich für diese Generation noch interessierten sich die jungen Menschen für den alltäglichen Politikbetrieb. Die Generation Z leide unter den Folgen von G8 und der verkorksten Bologna-Reform, die zu einer Verflachung des Bildungsniveaus geführt habe. Die jungen Menschen ab dem Jahrgang 1995 seien in einer Zeit von Finanz-, Wirtschafts- und Politikkrisen aufgewachsen, die allgegenwärtig und kaum beherrschbar seien. Dadurch entstehe ein Gefühl der Unbeeinflussbarkeit der Umwelt. Auch die Arbeitswelt und deren Bedingungen würden als unvorhersehbar und unberechenbar erlebt. Die Höhe des Lohns und andere materielle Vorteile spielten bei den jungen Menschen eine bedeutsame Rolle. Neue Medien sind ein weiterer prägender Faktor für diese Generation. Sie werden umfassend, gerne und kritiklos verwendet; über vertiefte IT-Kenntnisse verfügten die jungen Menschen jedoch nicht.
Charakterisierend seien für die Generation Z weiterhin:
-
hohe Ansprüche an die Arbeitswelt, Selbstüberschätzung, arrogantes Auftreten, mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik und geringe Leistungen. Diese Umstände seien bedingt durch das Wissen um die „Macht der Demografie“ – die Welt sei auf die nachwachsende Generation angewiesen,
-
sofern Bildungsdefizite von den jungen Menschen erkannt würden, sind die Gründe und die Schuld hierfür bei anderen (Führungskräfte, Lehrer ...) zu suchen,
-
Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber sei ein „totales No-go“, die jungen Menschen würden sehr schnell den Arbeitgeber wechseln,
-
in der Arbeit wolle man sich wohlfühlen, Führungskräfte hätten für eine kuschelige Atmosphäre zu sorgen,
-
Führungsaufgaben und Verantwortung würden von der Generation Z abgelehnt,
-
in Bezug auf die Arbeitszeit würden klare Strukturen bevorzugt, die eine strikte Trennung von Arbeits- und Freizeitleben erlauben. Dies trifft auch auf den Arbeitsort zu,
-
es werde nur positive Rückmeldung akzeptiert, negatives Feedback werde den Vorgesetzten angelastet und ausgeblendet,
-
die Generation Z erwarte und benötige einen transaktionalen Führungsstil,
-
für Leistungslohn seien die jungen Menschen nicht empfänglich.
-
Weil das Verhaltensmuster der Generation Z für andere Generationen ansteckend sei und Vertreter dieser jungen Generation für andere Menschen Furcht einflößend wirkten, wählt Christian Scholz den Vergleich mit Zombies.
Zugegeben, das Buch liest sich sehr flüssig und leicht, Christian Scholz verzichtet auf theoriebefrachtete Fremdwörter sowie unverständliche Schachtelsätze. Die Aussagen werden prägnant formuliert, es gibt klare Empfehlungen für den betrieblichen Alltag. Während der spannenden Lektüre habe ich gelegentlich vom Buch aufgesehen und meine beiden Kinder (beide am Übergang von Generation Y auf Z), die gerade via WhatsApp mit ihren Freunden kommunizierten, beobachtet. Dabei lief mir ob der Ansteckungsgefahr durch Zombies so mancher kalter Schauder über den Rücken.
Erwärmt habe ich mich dann am heißen Tee und am Gedanken, woher denn der Autor all diese – meist erschreckenden – Erkenntnisse habe. Die Analyse des Quellenverzeichnisses ergab, dass die empirisch-statistische Grundlage der Behauptungen über die Generation Z doch recht schmal ist. Woher sollen die empirischen Erkenntnisse über das Verhalten in der Arbeitswelt auch kommen, wenn die Generation Z zum Zeitpunkt des Erscheinens des Werkes (2014) überwiegend noch keinen Kontakt mit der Arbeitswelt hatte? Viele Aussagen von Christian Scholz über die Generation Z sollten dementsprechend nicht als zutreffende Beschreibungen, sondern als interessante Vermutungen und Spekulationen aufgefasst werden. Zum Nachdenken über die nachwachsende Generation von Mitarbeitern regt das Werk auf alle Fälle an. Und es macht Lust, sich in der nächsten ruhigen Zeit einen Zombie-Film anzusehen.
Einen guten Start ins neue Arbeitsjahr wünscht Ihnen
Herzlichst
Ihr
Andreas Gourmelon

