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Grundlagen für interkulturelle Trainings

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Die Autorinnen Prof. Dr. Bettina Franzke und Vitalia Shvaikovska beschreiben in ihrem Buch 55 Fallbeispiele aus dem öffentlichen Sektor, in denen es auf die interkulturelle Kompetenz der Beschäftigten ankommt.

Liebe Leserinnen und Leser,

mit dem Thema „Interkulturelle Kompetenz“ habe ich mich ja schon mehrfach im Blog auseinandergesetzt. Und Sie als Leserinnen und Leser haben sicher bemerkt, dass ich das Konzept der „Interkulturellen Kompetenz“ als unklar und schwammig erlebe. Vor kurzem hat mir eine Kollegin ihr neuestes Werk zukommen lassen, in der eine Reihe von Fallbeispielen aufgelistet sein sollen, in denen es auf die interkulturelle Kompetenz der Beschäftigten ankommt. Das hat mich zum Lesen angeregt und ich möchte Ihnen dieses Buch kurz vorstellen.

Das 2016 erschienene Werk „Interkulturelles Training in einer Einwanderungsgesellschaft“ der Autorinnen Prof. Dr. Bettina Franzke und Vitalia Shvaikovska ist als Lern- und Arbeitsbuch konzipiert. Es richtet sich vor allem diejenigen, die in Trainings an Fortbildungsinstituten oder Hochschulen interkulturelle Kompetenz vermitteln wollen. Zur Zielgruppe zählen aber auch Akteurinnen und Akteure in Schulen und in der Sozialarbeit, Fach- und Führungkräfte im öffentlichen Sektor sowie Personalauswählende.

Die Autorinnen betonen, „... dass das vorliegende Buch kein politisches sein soll“ (S. 12). Vielmehr ist das Werk als ein psychologisches Fachbuch zu verstehen, welches dazu dienen soll, zur „Professionalisierung bisheriger Qualifizierungsangebote“ (S. 12) beizutragen.

Nachdem in der Einleitung im wesentlichen Zweck und Aufbau des Buches erläutert werden und ein Bekenntnis zur Einwanderungsgesellschaft erfolgt, steht im zweiten Kapitel die Diskussion des Begriffs „interkulturelle Kompetenz“ im Vordergrund, bei der auch aktuelle Ansätze berücksichtigt werden. Das dritte Kapitel enthält eine Darstellung von Konzepten interkulturellen Lernens. Der praktische Nutzen dieser Konzepte ist zumindest bei zwei der drei Konzepten – die aus den achtziger Jahren stammen – kaum ersichtlich. Und ehrlich gesagt, bei diesen beiden Konzepten lese ich den politisch erhobenen Zeigefinger heraus.

Fesseln kann jedoch die Lektüre von Schlüsselkompetenzen interkulturellen Lernens. Angenehm knapp und trotzdem sehr aufschlussreich werden hier bedeutsame Kompetenzen wie z. B. Ambiguitätstoleranz, Empathie oder Offenheit erläutert. Diese dargelegten Komptenzen scheinen mir ein sinnvoller Ansatzpunkt zu sein, um ein besseres Verständnis für effektive Kommunikation nicht nur mit Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu entwickeln.  Das vierte und fünfte Kapitel ist weniger für die Praxis als für die Wissenschaft interessant: Hier wird erläutert, was Critical Incidents sind und wie diese erhoben werden können.

Der umfangreichste Teil des Werkes (181 von 264 Seiten) stellt die Fallsammlung dar. Hier werden 55 Situationen aufgelistet, in denen die interkulturelle Kompetenz der Beschäftigten gefordert wird. Die Fallbeispiele beziehen sich auf die beschäftigungsorientierte Beratung, die Kommunalverwaltung, den Polizeivollzugsdienst sowie den Kontext künstlerischen Schaffens. In den Fallbeispielen geht es sowohl um die Kommunikation zwischen  Beschäftigten und Bürgern als auch um den Umgang von Beschäftigten untereinander. Gewonnen wurden die Fallbeispiele durch Beobachtungen und Erzählungen von Beschäftigten.

Die Fallbeispiele sind in ihrer Problematik vielfältig und beschönigen die Realität nicht. Kritische Handlungsweisen von Beschäftigten werden ebenso beschrieben wie befremdliches Verhalten von Bürgern und Kunden mit Migrationshintergrund. Zu den Fallbeispielen gibt es eine Kurzbeschreibung, die die Orientierung sowie die Auswahl passender Fallbeispiele für Trainings erleichtert.

Zu jedem Fallbeispiel bieten die Autorinnen einige Analyse- und Reflexionsfragen sowie Antworten hierauf an. Die Fragen zielen unter anderem darauf ab, das Erleben und die Handlungen der Personen in den Fallbeispielen besser zu verstehen und wirksame Handlungsweisen und Lösungen für problematische Situationen zu entwickeln. Die Antworten sind regelmäßig ausführlich. Selbstverständlich sind die Antworten als Anregungen, nicht als Musterlösungen zu verstehen.

Eine informatives Literaturverzeichnis rundet das Werk ab.

Das Buch ist durch die klare und unverschnörkelte Sprache der Autorinnen gut lesbar; der Verzicht auf das meist unverständliche sozialwissenschaftliche Fachjargon ist wohltuend. Die Art der Gestaltung des Layouts trägt zu einer angenehmen Lektüre bei.

Mit Hilfe des Werks können interkulturelle Trainings optimiert werden. Ein praxisorientiertes Verständnis von interkultureller Kompetenz wird gefördert. Das Buch stellt eine wertvolle Fundgrube für reichhaltige Fallbeispiele dar. Für Trainerinnen und Trainer im Bereich interkultureller Trainings sollte die Lektüre des Buchs Pflicht sein; Fach- und Führungskräften im öffentlichen Sektor ist die Reflexion der Fallbeispiele nahe zu legen.

Herzlichst

Ihr
Andreas Gourmelon


Franzke, B. & Shvaikovska, V. (2016). Interkulturelles Training in einer Einwanderungsgesellschaft. Bielefeld: W. Bertelsmann.

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