Mitarbeitermotivation – der richtige Mitarbeiter am richtigen Platz – Teil III
Liebe Leserin, lieber Leser,
in den beiden vorstehenden Abschnitten wurden jeweils die Faktoren „der richtige Mitarbeiter“ und der „richtige Platz“ jeweils gesondert betrachtet. Um der Praxis gerecht zu werden, muss aber auch die Interaktion der beiden Faktoren berücksichtigt werden.
Der richtige Mitarbeiter am richtigen Platz
Führungskräfte im öffentlichen Sektor sollten nicht nur darauf achten, leistungsmotivierte Mitarbeiter einzustellen und die Arbeit motivationsgerecht zu gestalten – ihr Bemühen sollte auch darauf gerichtet sein, die Mitarbeiter richtig zu platzieren. Wird der Mitarbeiter mit einer für ihn passenden Aufgabe betraut – so die Annahme – steigt die Motivation.
Das RIASEC-Modell
Die Platzierung kann dabei nach den beruflichen Interessen der Mitarbeiter erfolgen. Gemäß den Vorstellungen Hollands können mit dem RIASEC-Modell sechs grundlegende berufliche Interessen- oder Persönlichkeitsorientierungen unter-schieden werden (Bergmann & Eder, 2005, S. 14):
-
Realistic (R) – Personen dieser Interessenorientierung bevorzugen Tätigkeiten, die Kraft, Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen führen,
-
Investigative (I) – hier werden Aktivitäten bevorzugt, bei denen die Auseinandersetzung mit physischen, biologischen oder kulturellen Phänomenen mithilfe systematischer Beobachtung und Forschung im Mittelpunkt steht,
-
Artistic (A) – bei dieser Interessenorientierung bevorzugen die Personen offene, unstrukturierte Aktivitäten, die eine künstlerische Selbstdarstellung oder die Schaffung kreativer Produkte ermöglichen,
-
Social (S) – Personen dieser Orientierung bevorzugen Tätigkeiten, bei denen sie sich mit anderen in Form von Unterrichten, Lehren, Ausbilden, Versorgen oder Pflegen befassen können,
-
Enterprising (E) – hier werden Tätigkeiten oder Situationen bevorzugt, bei denen die Personen andere mithilfe der Sprache oder anderer Mittel beeinflussen, zu etwas bringen, führen, auch manipulieren können,
-
Conventional (C) – es werden Tätigkeiten bevorzugt, bei denen der strukturierte und regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht, z. B. Aufzeichnungen führen, Daten speichern, Dokumentationen führen u. Ä. m. (ordnend-verwaltend).
Die Interessensausprägung einer einzelnen Person kann aufgrund ihrer Nähe zu einer dieser Grundorientierungen zugeordnet werden. Auch Berufe und Tätigkeiten lassen sich mit diesen Interessentypen klassifizieren. Personen suchen gemäß dem Modell nach beruflichen Umwelten, die sich in höchstmöglicher Übereinstimmung mit der eigenen Interessensorientierung befinden.
Abbildung 4: Mit dem hexagonalen Modell kann die psychologische Verwandtschaft der einzelnen Interessenorientierungen zueinander bestimmt werden. Je geringer die räumliche Distanz, desto größer die psychologische Verwandtschaft.
Welcher RIASEC-Dimension ein Mitarbeiter angehört, kann mittels eignungsdiagnostischer Testverfahren objektiv ermittelt werden. Mit Abbildung 5 ist beispielhaft die Zuordnung von Abiturienten (Daten aus dem Jahr 2013) zu den Interessensorientierungen wiedergeben. Es wird offenbar, dass sich die Interessen-orientierungen deutlich voneinander unterscheiden

Abbildung 5: Berufliche Interessenorientierungen von Abiturienten in Schleswig-Holstein (Daten aus dem Jahr 2013).
Aus dem Modell von Holland lässt sich für die Führungskräfte die Empfehlung ableiten, bei der Zuordnung von Aufgaben zu Mitarbeitern auch auf die Interessen der Mitarbeiter zu achten. Dabei ist eine höchstmögliche Übereinstimmung der Interessenorientierung der Mitarbeiter und der Anforderungen der Tätigkeiten/beruflichen Umwelten anzustreben.
Das Flow-Konzept
Mit dem Flow-Konzept offeriert der Psychologe Csikszentmihalyi (2012) ebenfalls ein Modell, welches sich auf das Problem der Passung von Mitarbeiter und Aufgabe beziehen lässt. Nach diesem Konzept sollte der Mitarbeiter eine Aufgabe übertragen bekommen, bei dem Herausforderungen der Aufgabe und Fähigkeiten des Mitarbeiters in einem optimalen Verhältnis stehen (siehe Abbildung 6).
Die Aufgabe darf den Mitarbeiter weder über- noch unterfordern. Sofern zudem die Ziele der Aufgabe dem Mitarbeiter klar sind, er in der Lage ist, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, er frei ist von Erfolgsdruck oder Sorgen um sein Ansehen, kann ein Zustand eintreten, der als „Flow“ bezeichnet wird. Dabei geht der Mitarbeiter ganz in seiner Arbeit auf, achtet nicht mehr auf die Zeit und erlebt die Arbeit als mühelos. Er wirkt von außen als hoch konzentriert und zeigt ein hohes Leistungsverhalten.

Abbildung 6: Flow-Erleben in Abhängigkeit von Fähigkeiten des Mitarbeiters und Herausforderungen durch die Aufgabe.
Führungskräfte sollten im Sinne des Flow-Konzepts die oben beschriebenen Voraussetzungen dafür schaffen, dass ein Flow-Zustand erreicht werden kann. Hierzu gehört es unter anderem, bei der Zuweisung von Aufgaben die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter zu berücksichtigen und unnötigen Druck zu vermeiden.
Schlussbemerkung
Die Darstellung des Themas „Mitarbeitermotivation“ macht deutlich, dass sich Führungskräften eine Reihe von Maßnahmen bieten, mit denen die Leistungs-motivation der Mitarbeiter erhalten oder gefördert werden kann. Einfache „Patentrezepte“ gibt es jedoch nicht – die Anwendung der Maßnahmen setzt eine gute Kenntnis der einzelnen Mitarbeiter sowie die Bereitschaft, bestehende Vorgehensweisen und Routinen z. B. hinsichtlich der Arbeitsorganisation zu hinterfragen, voraus. Mitarbeitermotivation gibt es nicht beim Personalberater um die Ecke im Sonderangebot zu kaufen, sie muss durch die Führungskraft sorgfältig erarbeitet und gepflegt werden.
Herzlichst
Ihr
Andreas Gourmelon
Quellenverzeichnis
Altis, A. & Koufen, S. (2011). Entwicklung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wirtschaft und Statistik, S. 1111–1117. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/FinanzenSteuern/EntwicklungBeschaeftigte122011.pdf?__blob=publicationFile
(Abruf am 12. August 2013).
Asendorpf, J. B. & Neyer, F. J. (2012). Psychologie der Persönlichkeit. Berlin: Springer.
Bergmann, C. & Eder, F. (2005). AIST-R Allgemeiner Interessen-Struktur-Test mit Umwelt-Struktur-Test. Göttingen: Hofgrefe.
Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion (2011). Zahlen, Daten, Fakten. Berlin: dbb beamtenbund.
Csikszentmihalyi, M. (2012). Flow im Beruf. Stuttgart: Klett-Cotta.
Gerrig, R. J. & Zimbardo, R. J. (2008). Psychologie. München: Pearson.

