Beim Einsatz von Videointerviews in der Personalauswahl sollten die Anforderungen der Bewerbenden berücksichtigt werden.
Liebe Leserin, lieber Leser,
eine neue empirische Studie veranlasst mich, erneut das Thema „Videointerviews“ im Blog aufzugreifen. Die Forscherinnen Annika Krüger, Jessica Stemann und Irma Rybnikova haben mit einer explorativen Studie erfasst, welche Erwartungen einige junge Bewerbende an die Durchführung von Videointerviews haben.
Vorzüge von Videointerviews
Die Durchführung von Videointerviews weist einige Vorzüge auf (siehe Blog vom 14.12.22): Insbesondere hochqualifizierte Bewerbende ersparen sich durch Videointerviews zeitaufwendige Reisen, Gesprächstermine können mit den Bewerbenden und den Mitgliedern der Auswahlkommission flexibler vereinbart werden, mit geringem Aufwand für alle Beteiligten können erste Kontakte geknüpft, die Vorzüge des Arbeitgebers dargestellt und erste Informationen zur Eignung der Bewerbenden gewonnen werden.
Es hat sich jedoch in der Praxis gezeigt, dass die Vorzüge von Videointerviews nur dann zur Geltung kommen, wenn die Technik gut funktioniert und alle Beteiligten mit dieser vertraut sind. Daneben sollten sich die Bewerbenden auch auf diese Art von Interviews vorbereiten – im Blog vom 7.4.21 finden sich hierzu Hinweise.

Beste Antworten.
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Studienergebnisse
In der Studie von Krüger, Stemann und Rybnikova (2024) wurden fünf jüngere ehemalige Bewerbende befragt, die sowohl mit Präsenz- als auch mit Videointerviews Erfahrungen erworben hatten. Von den auswählenden Organisationen erwarten diese Bewerbenden in Bezug auf Videointerviews (Krüger, Stemann & Rybnikova, 2024, S. 94 - 96):
- vorab die Zusendung eines Leitfadens zum Umgang mit der Technik,
- einen digitalen Warteraum, in dem die Technik geprüft und ausprobiert werden kann,
- einen pünktlichen Beginn des Interviews,
- Interviewer`, die das Gespräch in einem ruhigen Raum ohne Störungen durchführen,
- Interviewer`, die sich mit der Handhabung der Technik gut auskennen und im Zweifelsfall Hinweise geben können,
- eine Auflockerung der Gesprächsatmosphäre zu Beginn des Interviews,
- klare Gesprächsregeln, damit man sich nicht gegenseitig im Redefluss unterbricht bzw. ins Wort fällt,
Weiterhin äußerten die Befragten, dass die Durchführung eines zweiten, dann persönlichen Gesprächs Voraussetzung für die Annahme eines Jobangebots sei.

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Konsequenz
Die Ergebnisse der Studie können bei der geringen Stichprobengröße nicht auf alle jungen Bewerbenden generalisiert werden. Allerdings decken sich die Ergebnisse mit den Empfehlungen der DIN SPEC 91426 (Beitrag vom 1.12.20), wie Videointerviews durchgeführt werden sollten. Auch von meinen Studierenden höre ich ähnliche Hinweise. Verblüffend finde ich, dass viele meiner Studierenden Sorge haben, mit der Technik von Videointerviews zurecht zu kommen. Ebenso bringen alle Befragten der Studie von Krüger, Stemann und Rybnikova (2024, S. 95) diese Sorge zum Ausdruck. Personalauswählende sollten diese Sorge ernst nehmen und die Durchführung von Videointerviews an die Erwartungen der Bewerbenden anpassen.
Herzlichst
Andreas Gourmelon
Quellenangabe:
Krüger, A.; Stemann, J. & Rybnikova, I. (2024). Digitale Vorstellungsgespräche. Erfahrungen und Erwartungen der Generation Z nach der Pandemie. Zeitschrift Führung und Organisation, 02/24, S. 93 – 97.
