Zwölf Fragen und Antworten zur Personalauswahl – Teil II
Liebe Leserin, lieber Leser,
hier lesen Sie die Fortsetzung des Interviews zur Personalauswahl mit den Fragen sechs bis zwölf:
6) Interviewfragetechniken: Do’s und Dont’s.
Die wichtigste Erkenntnis beim Einsatz von Interviews lautet, nicht einzelne Fragen nur deshalb zu stellen, weil sie vermeintlich in jedem Interview gestellt werden sollten. Im Vorfeld des Einsatzes von Interviews muss genau geklärt werden, welchem Zweck das Interview dienen soll. Dann müssen – orientiert an den Stellenanforderungen – Fragen entwickelt werden. Welche Fragetechnik verwendet werden sollte, hängt von diversen Umständen ab. Auch sollte vorab festgelegt werden, wie die möglichen Antworten des Bewerbers zu werten sind. Was Sie vermeiden sollten: verzichten Sie darauf, den Bewerber unnötig unter Druck zu setzen. Die Frage nach einer Schwangerschaft sollten Sie übrigens nur Ihrer Partnerin, nicht einer Bewerberin stellen ;-)
7) Führt die richtige Fragetechnik automatisch zum richtigen Mitarbeiter oder was gilt es zu beachten?
Die richtigen Fragen zu stellen, ist ein wichtiger Schritt in die Richtung, die beste Mitarbeiterin / den besten Mitarbeiter zu finden. Zu einer wirksamen Personalauswahl gehört aber mehr als die Fragetechnik im Interview. Gute Personalauswahl zeichnet sich z. B. auch dadurch aus, dass das Interview durch andere Verfahren der Eignungsdiagnostik ergänzt wird. Dadurch stehen dem Personalauswählenden unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung, die den Bewerber aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und so zu besseren Auswahlentscheidungen führen.
8) Gibt es Auswahlverfahren, die sich insbesondere für die Auswahl im öffentlichen Sektor eignen? Wenn ja, wie unterscheiden sich diese Verfahren von denen in der freien Wirtschaft?
Gerade im öffentlichen Sektor sind wir darauf angewiesen, dass wir Auswahlentscheidungen objektiv, fair und diskriminierungsfrei treffen. Ich wünsche mir, dass wir deshalb vermehrt Leistungstests und Arbeitsproben anwenden. Diese Verfahren können übrigens sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Sektor angewendet werden.
9) Was gibt es weiterhin bei der Personalauswahl im öffentlichen Sektor zu beachten– gerade im Vergleich zur freien Wirtschaft?
Der öffentliche Sektor hat am Arbeitsmarkt – von Ausnahmen wie z. B. der Polizei abgesehen – ein gravierendes Imageproblem. Wir gelten im Allgemeinen als konservativ, langsam, faul, langweilig – um nur einige Assoziationen zu nennen. Häufig bewirbt man sich bei uns, weil man einen wenig fordernden Job mit gesichertem Gehalt sucht. Diesen falschen Vorstellungen ist im Rahmen des Personalmarketings und der Personalauswahl entgegen zu treten. Zum Beispiel müssen wir uns bei der Personalauswahl durch moderne Verfahren und schnelles Handeln auszeichnen.
10) Welche Entwicklungen und Trends zeichnen sich auf dem Gebiet der Personalauswahl ab?
Bei vielen Verwaltungen ist zu beobachten, dass sie derzeit ihre Auswahlverfahren professionalisieren. Es wird zunehmend erkannt, dass die bisherige Praxis so nicht weitergeführt werden kann. Eine Folge der Professionalisierung wird sein, die Personalauswählenden besser auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Im Bereich der Eignungsdiagnostik erkenne ich den Trend, mehr als bislang die Selbstselektionsprozesse der Bewerberinnen und Bewerber zu fördern.
11) Worin liegen die Chancen der Optimierung der eigenen Personalauswahlverfahren in der gegebenen Organisation? Was kann damit erreicht/verbessert werden?
Die größte Chance liegt darin, Beschäftigte in die eigene Organisation zu bekommen, die ihre Aufgaben dauerhaft gern und gut erledigen. Dies hat natürlich unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität der Behördenleistungen insgesamt, aber auch auf das Betriebsklima in einer Organisation. Die Gestaltungen von Auswahlprozessen hat nach meiner Erfahrung stets auch einen Einfluss auf die Unternehmenskultur in einer Behörde. So müssen sich z. B. die Auswählenden (und damit häufig auch die Spitze einer Behörde) darüber klar werden, welche Handlungsweisen sie von ihren Führungskräften in konkreten Situationen erwarten.
12) Wer muss wie handeln, um gelungene und rechtssichere Personalauswahlverfahren mittelfristig erfolgreich umzusetzen? Bei wem liegen die Hauptverantwortlichkeiten?
Die Hauptverantwortung liegt bei der Organisationsspitze. Sie hat ein klares Bekenntnis zu fairen, modernen und am Prinzip der Bestenauslese ausgerichteten Auswahlverfahren zu geben und muss hierfür auch die Ressourcen zur Verfügung stellen. Das Personalamt / die Personalabteilung hat für neue Entwicklungen offen zu sein und sollte sich als Ideengeber, Motor und Moderator einer Modernisierung verstehen. Fachabteilungen sollten verstehen, dass eine Modifikation von Auswahlprozessen für ihre Interessen keine Gefahr sondern eine neue Chance darstellt. Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragte sollten sich – wie bislang – aktiv und konstruktiv in den Gestaltungsprozess einbringen; Personalauswahlverfahren, die frei vom „Nasen“-Faktor sind, liegen genau in ihrem Interesse.
Ich hoffe, Sie konnten hier einige Anregungen für Ihre eigenen Personalauswahlverfahren finden.
Herzlich
Ihr
Andreas Gourmelon

