In 2024 ist ein ganzes Paket von EU-Umweltgesetzen mit vergaberechtlichen Bezügen in Kraft getreten. Die aufgeführten Verordnungen gelten grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten unmittelbar, während die Richtlinien noch in das nationale Recht umzusetzen sind.
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Leitfaden durch das Verfahren, Ablaufschemata, Formularsammlung und alle wichtigen Vorschriften
EU-Verordnung über CO₂-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge
Mit der Verordnung 2024/1610 vom 14.5.2024 werden die bisherigen CO₂-Emissionsziele für schwere Nutzfahrzeuge verschärft. Die Verordnung legt neue Zielvorgaben für 2030, 2035 und 2040 fest, um die Klimabelastung stufenweise weiter zu senken. So soll im Vergleich zu 2019 der CO₂-Ausstoß neuer Reisebusse und Lkw über 7,5 Tonnen 2030 um 45 Prozent sinken, 2035 um 65 Prozent und 2040 um 90 Prozent. Ausnahmeregelungen bestehen für Fahrzeuge für den Einsatz bei Bundeswehr und Feuerwehr sowie Fahrzeuge für den Einsatz im Katastrophenschutz, der öffentlichen Ordnung und der medizinischen Versorgung.
Mit den neuen Vorschriften wird die Zielvorgabe einer 100%‑igen Emissionsfreiheit für neue Stadtbusse bis 2035 eingeführt, mit einem Zwischenziel von 90 % für diese Fahrzeugkategorie bis 2030.
Art. 3e der Verordnung betrifft öffentliche Auftraggeber direkt. Danach sind sie im Regelfall verpflichtet, mindestens zwei der dort genannten Kriterien als technische Spezifikationen oder Zuschlagskriterien bei der Beschaffung von Stadtbussen zu verwenden. Von den verwendeten Kriterien muss mindestens eines in Bezug auf den Beitrag des Angebots zur Versorgungssicherheit nach näher dargestellten Maßstäben haben.
Die Verordnung ist seit dem 1.7.2024 anzuwenden.
Handbuch für die umweltfreundliche Beschaffung online
Praxisleitfaden
EU Netto-Null-Industrie-Verordnung
Mit der neuen Verordnung 2024/1735 vom 13.6.2024 wird auf eine Steigerung der europäischen Produktion von sog. „Netto-Null-Technologien“, d. h. Technologien, die dem Klimaschutz dienen, abgezielt. Das gilt z. B. für die Bereiche Solar-, Windkraft-, Batterietechnologie und Elektrolyseure. Einen wichtigen Teil der Bestimmungen bilden bereichsspezifische Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die im Anwendungsbereich der Verordnung gelten.
Wesentliche Einzelheiten zur öffentlichen Auftragsvergabe sind insbesondere in der sehr umfangreichen Bestimmung des Art. 25 zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Resilienz bei der öffentlichen Auftragsvergabe sowie Art. 27 zur vorkommerziellen Auftragsvergabe und zur Vergabe innovativer Lösungen geregelt.
Die Verordnung gilt seit dem 29.6.2024. Bis zum 30.6.2026 gilt Art. 25 Abs. 1 nur für Aufträge, die von zentralen Beschaffungsstellen im Sinne der Vergaberichtlinien geschlossen werden, und für Aufträge, deren Wert 25 Mio. EUR oder mehr beträgt.

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EU-Ökodesign-Verordnung
Die Verordnung 2024/1781 vom 13.6.2024 zielt darauf ab, nachhaltige Produkte im EU-Binnenmarkt zur Norm zu machen und negative Umwelt- und Klimaauswirkungen zu verringern. Aufbauend auf den Erfolgen der Ökodesign-Richtlinie soll die neue Regelung für nachhaltige Produkte sicherstellen, dass Produkte länger halten, dass sie Energie und Ressourcen effizienter nutzen, leichter repariert und recycelt werden können und mehr recycelte Materialien enthalten. Außerdem sollen damit die Wettbewerbsbedingungen für nachhaltige Produkte im EU-Binnenmarkt verbessert und die globale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die nachhaltige Produkte anbieten, gestärkt werden.
Die vergaberechtlichen Vorgaben der Verordnung finden sich in Art. 65 zur umweltorientierten Vergabe öffentlicher Aufträge. Danach kann die Kommission mittels Durchführungsrechtsakten Mindestanforderungen für die Beschaffung von Produkten festlegen. Die Mindestanforderungen werden je nach Sachlage festgelegt, um Anreize für das Angebot an und die Nachfrage nach ökologisch nachhaltigen Produkten zu schaffen.
Die Verordnung trat am 18.7.2024 in Kraft. Darüber hinaus sieht die Verordnung verschiedene zeitlich gestaffelte Übergangsfristen vor.
EU-Gebäuderichtlinie
Die Richtlinie 2024/1275 vom 24.4.2024 zielt darauf ab, die Energieeffizienz von Gebäuden in den Mitgliedstaaten der EU zu verbessern und somit einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor zu leisten. Mit der Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie werden ambitionierte Ziele verfolgt: Die Förderung von Nullemissionsgebäuden, die deutliche Verbesserung der Energieeffizienz von Bestands- und Neubauten, die Installation von Solarenergie und die Einrichtung von Ladeinfrastrukturen für Elektromobile. Für öffentliche Gebäude gelten im Vergleich zu privaten ambitioniertere Ziel- und Zeitvorgaben.
Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 29.5.2026 umsetzen.
EU-Lieferkettenrichtlinie
Die Richtlinie2024/1760 vom 13.6.2024 verpflichtet Unternehmen dazu, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang ihrer globalen Wertschöpfungskette zu erfüllen.
Nach Art. 31 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Beachtung der Verpflichtungen der nationalen Umsetzungen der Lieferkettenrichtlinie oder ihrer freiwilligen Anwendung als ein umweltbezogener oder sozialer Aspekt gelten kann, den öffentliche Auftraggeber als Zuschlagskriterium bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionsverträgen sowie als umweltbezogene und/oder soziale Bedingung im Rahmen der Ausführungsbestimmungen berücksichtigen können.
Die Lieferkettenrichtlinie ist am 25.7.2024 in Kraft getreten und von den Mitgliedstaaten bis zum 26.7.2026 in nationales Recht umzusetzen.
EU-Entwaldungsverordnung
Nach der Verordnung 2023/1115 vom 31.5.2023 dürfen bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein- oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.
Die Verordnung sieht in Art. 24 Sanktionen vor, die bei Verstößen gegen Marktteilnehmer und Händler verhängt werden können. Dies kann nach Art. 24 Abs. 2 Satz 2 d) der Verordnung den vorübergehenden, im Höchstfall 12 Monate dauernden Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen umfassen.
Die Verordnung sollte ursprünglich nach einer Übergangszeit ab dem 30.12.2024 anzuwenden sein. Für kleine Unternehmen war eine Übergangszeit bis zum 30.6.2025 vorgesehen. Um den Wirtschaftsteilnehmern mehr Zeit für die Vorbereitung auf die neue Regelung zu geben, soll die Anwendungsverpflichtung nun auf den 30.12.2025, für kleine Unternehmen auf den 30.6.2026 verschoben werden.
Verfasser: Rudolf Ley