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Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz – Regelungen zur öffentlichen Auftragsvergabe im Wachsamkeits- und Notfallmodus

EU-Kommission und Rat der Europäischen Union schaffen Regelungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge im Krisenfall.

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Der Rat der Europäischen Union nimmt das Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz an und schafft im Titel V die Grundlage für eine gemeinsame Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Mitgliedstaaten im Krisenfall.

Der Rat der Europäischen Union hat am 26.9.2024 endgültig seine Zustimmung für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens von Maßnahmen für Binnenmarkt-Notfälle Binnenmarkt-Resilienz (Binnenmarkt-Notfall-Resilienzgesetz / internal market emergency and resilience act – IMERA) gegeben. Damit ist der Beschlussfassungsprozess abgeschlossen.

Ursächlich für die Verordnung sind u.a. die Ereignisse in Verbindung mit der COVID-19-Krise. Die Ereignisse haben auch deutlich gemacht, dass die Union koordiniert vorgehen und besser auf mögliche künftige Krisen vorbereitet sein muss, was insbesondere angesichts der anhaltenden Auswirkungen des Klimawandels und der dadurch hervorgerufenen Naturkatastrophen sowie der weltweiten wirtschaftlichen und geopolitischen Instabilität gilt. Weitere Krisen, die möglicherweise eine schnellere Reaktion erfordern, um Hindernisse für den freien Verkehr im Binnenmarkt zu verhindern und schwerwiegende Störungen der Lieferketten zu vermeiden, die für die Aufrechterhaltung der Tätigkeiten im Binnenmarkt unerlässlich sind, sind beispielsweise Waldbrände, Erdbeben oder groß angelegte Cyberangriffe. Die Tatsache, dass es sich bei solchen Krisen um Ausnahmesituationen und plötzliche Ereignisse außergewöhnlicher Art und Größenordnung handelt, bedeutet, dass solche Ereignisse eher unerwartet sind. Da nicht bekannt ist, welche Art von Krisen als nächste auftreten und schwerwiegende Auswirkungen auf den Binnenmarkt und seine Lieferketten haben könnte, haben EU-KOM und der Rat nunmehr ein Instrument vorgesehen, das im Hinblick auf die Auswirkungen einer Vielzahl von Krisen auf den Binnenmarkt Anwendung findet.

Die Verordnung selbst gliedert sich in sieben Titel mit insgesamt 48 Artikeln.

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Titel I Allgemeine Bestimmungen

Kapitel I – Gegenstand, Ziele, Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1) Mit der Verordnung wird ein Rahmen harmonisierter Maßnahmen zur wirksamen Antizipation der Auswirkungen von Krisen auf den Binnenmarkt sowie zur Vorbereitung und Reaktion darauf geschaffen.

(2) Der in Absatz 1 genannte Rahmen soll

a)   den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Personen einschließlich Arbeitnehmern garantieren und erleichtern;

b)   die Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen von entscheidender krisenrelevanter Bedeutung im Binnenmarkt sicherstellen, wenn die Mitgliedstaaten unterschiedliche nationale Maßnahmen erlassen haben oder voraussichtlich erlassen werden; und

c)   Hindernisse für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts verhindern.

(3) Mit dieser Verordnung wird insbesondere Folgendes festgelegt:

a)   Vorschriften für die Einrichtung und Arbeitsweise eines Notfall- und Resilienzgremiums für den Binnenmarkt, das die Kommission bei der Antizipation und Vorbeugung der Auswirkungen einer Krise auf den Binnenmarkt sowie deren Bewältigung unterstützt und berät,

b)   Eventualfallmaßnahmen zur Antizipation, Planung und Resilienz,

c)   im Wachsamkeitsmodus für den Binnenmarkt Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen einer drohenden Krise, die über das Potenzial verfügt, sich zu einem Binnenmarkt-Notfall zu verschärfen,

d)   im Notfallmodus für den Binnenmarkt Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen einer Krise auf den Binnenmarkt, einschließlich Maßnahmen zur Erleichterung des freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Personen, auch Arbeitnehmern, in diesem Modus,

e)   Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Wachsamkeits- und Notfallmodus für den Binnenmarkt,

f)   Vorschriften für die Bereitstellung digitaler Instrumente und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden.

Die Gültigkeit der Verordnung umfasst Waren, Dienstleistungen und Personen, einschließlich Arbeitnehmern im Binnenmarkt. Sie findet keine Anwendung auf in der Verordnung konkret benannten Arzneimittel und Medizinprodukte sowie medizinische Gegenmaßnahmen, Energieerzeugnisse, Finanzdienstleistungen und Verteidigungsgüter.

Begriffsbestimmungen:

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

  1. „Krise“ ein außergewöhnliches, unerwartetes und plötzliches natürliches oder vom Menschen verursachtes Ereignis außergewöhnlicher Art und außergewöhnlichen Ausmaßes, das sich innerhalb oder außerhalb der Union ereignet, sich äußerst nachteilig auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirkt oder auswirken könnte und den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Personen oder das Funktionieren seiner Lieferketten stört;

  2. „Wachsamkeitsmodus für den Binnenmarkt“ einen Rahmen zur Bewältigung einer drohenden Krise, die über das Potenzial verfügt, sich innerhalb der nächsten sechs Monate zu einem Binnenmarkt-Notfall zu verschärfen;

  3. „Notfallmodus für den Binnenmarkt“ einen Rahmen zur Bewältigung einer Krise mit erheblichen negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt, die den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Personen oder, wenn eine solche schwerwiegende Störung Gegenstand unterschiedlicher nationaler Maßnahmen ist oder sein dürfte, das Funktionieren seiner Lieferketten ernsthaft stören;

  4. „Bereiche von entscheidender Bedeutung“ die Bereiche, die für die Union und ihre Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit von entscheidender und grundlegender Bedeutung sind und deren Störung, Ausfall, Verlust oder Zerstörung im Fall einer drohenden Krise erhebliche negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts haben kann;

  5. „Waren von entscheidender Bedeutung“ oder „Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung“, zusammen „Waren und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung“, Waren oder Dienstleistungen, die nicht substituierbar, nicht diversifizierbar oder für die Aufrechterhaltung lebenswichtiger gesellschaftlicher Funktionen oder wirtschaftlicher Tätigkeiten unerlässlich sind, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und seiner Lieferketten in Bereichen von entscheidender Bedeutung sicherzustellen, und die in einem vom Rat gemäß Artikel 14 Absatz 1 erlassenen Durchführungsrechtsakt aufgeführt sind;

  6. „krisenrelevante Waren“ oder „krisenrelevante Dienstleistungen“, zusammen „krisenrelevante Waren und Dienstleistungen“, Waren oder Dienstleistungen, die nicht substituierbar, nicht diversifizierbar oder für die Aufrechterhaltung lebenswichtiger gesellschaftlicher Funktionen oder wirtschaftlicher Tätigkeiten unerlässlich sind, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und seiner Lieferketten sicherzustellen, und die für die Reaktion auf eine Krise als wesentlich erachtet werden und in einem vom Rat gemäß Artikel 18 Absatz 4 erlassenen Durchführungsrechtsakt aufgeführt sind;

  7. „bedeutende Ereignisse“ Ereignisse, die das Funktionieren des Binnenmarkts und seiner Lieferketten erheblich stören oder erheblich stören könnten;

  8. „betroffener Wirtschaftsteilnehmer“ einen Wirtschaftsteilnehmer entlang der Lieferkette mit der Fähigkeit oder Kapazität, Folgendes herzustellen oder zu vertreiben:
    a)  
    Waren von entscheidender Bedeutung oder Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung;
    b)
       krisenrelevante Waren oder krisenrelevante Dienstleistungen;
    c)
       Bestandteile der unter den Buchstaben a und b genannten Waren;

  9. „Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen“ bzw. „KMU“ Kleinstunternehmen sowie kleine Unternehmen und mittlere Unternehmen im Sinne des Artikels 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission.

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Kapitel II (Governance) umfasst insbesondere

  • Die Einrichtung eines Notfall- und Resilienzgremiums aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission. Daneben können Sachverständige mit spezifischen Kenntnissen hinzutreten. Das Gremium hat eine beratende Funktion gegenüber der EU-Kommission.

  • Möglichkeit des Erlasses eines Durchführungsrechtsaktes durch die EU-Kommission zur Festlegung von detaillierten Modalitäten für einen Eventualfallrahmen.

  • Durchführung von Schulungen und Simulationen und Stresstests.

  • Regelungen zur Unterrichtung von bedeutenden Ereignissen durch die Verbindungsbüros der Mitgliedstaaten.

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TITEL II Eventualfallplanung für den Binnenmarkt

Durch die EU-Kommission Konkretisierung der Modalitäten zur Festlegung der detaillierten Modalitäten für einen Eventualfallrahmen, der die Krisenvorsorge, die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und die Krisenkommunikation für den Wachsamkeits- und den Notfallmodus für den Binnenmarkt betrifft.

In diesem Durchführungsrechtsakt werden die Modalitäten für Folgendes festgelegt:

a)   die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und den Einrichtungen auf Unionsebene während des Wachsamkeits- und des Notfallmodus für den Binnenmarkt,

b)   den sicheren Informationsaustausch und

c)   ein koordiniertes Konzept für die Krisenkommunikation im Wachsamkeits- und des Notfallmodus für den Binnenmarkt gegenüber der Öffentlichkeit mit einer koordinierenden Rolle der Kommission.

Regelung der Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten,

  • insbesondere Zuständigkeiten der beteiligten Behörden,
  • Konsultationen mit Wirtschaftsvertretern und Sozialpartnern,
  • Zusammenarbeit auf technischer Ebene.

TITEL III Wachsamkeit im Binnenmarkt

Titel III enthält Regelungen hinsichtlich der Aktivierung und Deaktivierung des Wachsamkeitsmodus für den Binnenmarkt durch den Rat der Europäischen Union. Die Aktivierung des Wachsamkeitsmodus schließt die Überwachung der Lieferketten für Waren und Dienstleistungen sowie die Freizügigkeit von Personen einschließlich der Arbeitnehmer, die an der Herstellung und Bereitstellung solcher Waren und Dienstleistungen beteiligt sind, ein.

Titel IV – Binnenmarktnotfall

Titel IV beinhaltet unter anderem

  • die Voraussetzungen für die Aktivierung bzw. Deaktivierung des Notfallmodus,

  • die Sicherstellung des freien Warenverkehrs im Einklang mit dem Unionsrecht, insbesondere in Bezug auf Nichtdiskriminierung, Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit,

  • Sicherstellung von klaren und unmissverständlichen Informationen über Einschränkungen des freien Warenverkehrs und der Freizügigkeit von Personen,

  • Regelungen zur koordinierten Verteilung krisenrelevanter Waren und Dienstleistungen.

Titel V – Vergabe öffentlicher Aufträge

Der Titel V normiert in drei Kapiteln die Vergabe öffentlicher Aufträge während eines Wachsamkeits- oder Notfallmodus für den Binnenmarkt

Kapitel I regelt die Möglichkeit von zwei oder mehr Mitgliedstaaten für Rechnung oder im Namen der Mitgliedstaaten, die sich durch die Kommission vertreten lassen, Waren und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung oder krisenrelevante Waren und Dienstleistungen im Rahmen einer gemeinsamen Auftragsvergabe zu beschaffen. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Vereinbarung legt dabei die

  • genauen Bedingungen für die Auftragsvergabe fest,
  • einschließlich der praktischen Modalitäten,
  • der vorgeschlagenen Höchstmengen,
  • der Bedingungen für den gemeinsamen Erwerb oder die gemeinsame Anmietung für Rechnung oder im Namen der beteiligten Mitgliedstaaten,
  • einschließlich der Preise und Lieferfristen.

Kapitel II beinhaltet Regelungen in Bezug auf den Verfahrensablauf einer gemeinsamen Auftragsvergabe während des Wachsamkeits- und Notfallmodus für den Binnenmarkt. Die EU-Kommission und ein oder mehrere öffentliche Auftraggeber können gemeinsame Vergabeverfahren für die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung oder für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen durchführen. Die Mitgliedstaaten können die gemeinsam beschafften Kapazitäten vollständig erwerben, mieten oder leasen.

Kapitel III befasst sich mit derAuftragsvergabe durch die Mitgliedstaaten im Notfallmodus für den Binnenmarkt, insbesondere mit Blick auf die Konsultation und Koordinierung in Bezug auf die individuelle Auftragsvergabe durch die Mitgliedstaaten.

Die Mitgliedstaaten sind im Falle der Aktivierung des Notfallmodus gehalten, sich nach besten Kräften zu bemühen, sich gegenseitig und die Kommission über die laufenden Vergabeverfahren für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen zu informieren.

Vor Einleitung neuer Vergabeverfahren müssen die Mitgliedstaaten

a)   einander über die Absicht eines ihrer öffentlichen Auftraggeber oder Auftraggeber unterrichten, Vergabeverfahren für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen einzuleiten;

b)   die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission zu der am besten geeigneten Art und Weise der Auftragsvergabe konsultieren; und

c)   ihre Vergabeverfahren bei einem Binnenmarkt-Notfall im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten koordinieren.

TITEL VI befasst sich mit Regelungen

  • zum Datenschutz,
  • zur Vertraulichkeit,
  • zu Sicherheitsvorschriften
  • und digitalen Instrumenten.

TITEL VI

Dieser enthält Schlussbestimmungen hinsichtlich Berichterstattung, Überprüfung und Bewertung.

Inkrafttreten

Die Annahme der Verordnung datiert vom 26. September 2024. Nach Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates des Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht

Am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union tritt sie in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben 18 Monate nach dem Tag des Inkrafttretens Zeit, die Verordnung umzusetzen.

Verfasser: Dietmar Altus

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