Bund setzt UVgO in Kraft
Nach Nr. 2 der Neufassung der VV zu § 55 BHO haben Behörden und Einrichtungen des Bundes bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte die Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO) anzuwenden. Unter Nr. 3 der VV wird ergänzend darauf hingewiesen, dass bei Beschaffungsvorgängen, die nicht der UVgO unterfallen, eine Ausnahme nach § 55 Abs. 1 Satz 1 BHO insbesondere bei Sachverhalten angenommen werden kann, für die das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in den § § 107,108,109,116,117 oder 145 von einer Anwendbarkeit des Teils 4 GWB absieht. In jedem Fall sind aber die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Die neue VV zu § 55 BHO tritt am Tag nach dem Datum des Rundschreibens in Kraft, also am 2. September 2017, sodass ab diesem Stichtag die UVgO auf Bundesebene anzuwenden ist. Das Rundschreiben enthält allerdings keine Hinweise dazu, wie mit laufenden Vergabeverfahren umzugehen ist, die vor dem Inkrafttreten der neuen VV eingeleitet wurden. Hier wird man davon ausgehen können, dass analog der Übergangsbestimmungen nach § 186 Abs. 2 GWB Vergabeverfahren, die vor dem 2. September 2017 begonnen haben, nach dem Recht zu Ende geführt werden, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt (also VOL/A Abschnitt 1).
Das BMF-Rundschreiben nebst Anlage soll in Kürze im gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht und auch in die elektronische Vorschriftensammlung des Bundes eingestellt werden.
Hintergrund:
Anders als die VgV ist die UVgO keine Rechtsverordnung i.S.d. Art. 80 GG. Daraus folgt, dass die Veröffentlichung der UVgO im Bundesanzeiger am 7. Februar 2017 aus sich heraus keine Rechtsverbindlichkeit entfaltete, sondern die Vorschriften erst durch den Anwendungsbefehl von Bund und Ländern in Kraft gesetzt werden. Dies ist durch das Rundschreiben des BMF vom 1. September 2017 und der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 55 BHO auf Bundesebene nun geschehen. Dem vorausgegangen war eine Sitzung der Arbeitsgruppe Haushaltsrecht der obersten Bundesbehörden am 26. Juli 2017.
Eine besondere Problematik für das Inkrafttreten der UVgO ergab sich durch die darin enthaltene Gleichstellung der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 8 Abs. 2 S. 1 UVgO). Damit soll die im Oberschwellenbereich mit der Vergaberechtsreform 2016 vorgenommene Gleichstellung des offenen und des nicht offenen Verfahrens (§ 119 Abs. 2 S. 1 GWB) im Unterschwellenbereich nachvollzogen werden. Dies stand unterhalb der EU-Schwellenwerte jedoch im Widerspruch zu dem gesetzlich verankerten Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung in §§ 30 HGrG, 55 BHO bzw. den Landeshaushaltsordnungen. Mit der Änderung des § 30 Haushaltsgrundsätzegesetzes und des § 55 Bundeshaushaltsordnung vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122) wird der in der UVgO etablierte Gleichrang zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb nun auch gesetzlich legitimiert. Dies war Voraussetzung für die jetzt erfolgte Änderung der VV zu § 55 BHO.
Während beim Bund die UVgO nun scharf geschaltet wurde, ist dies in den Bundesländern jedenfalls flächendeckend noch nicht absehbar. Hier besteht noch die zusätzliche Hürde, dass in einigen Ländern nicht nur die Landeshaushaltsordnung, sondern auch das jeweilige Landesvergabegesetz geändert werden muss. So nehmen etwa die bestehenden Vorschriften in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen noch auf den 1. Abschnitt der VOL/A Bezug, die durch die UVgO ersetzt werden soll. Einige Länder haben bereits angekündigt, einzelne Regelungen der UVgO nur in abgeänderter Form übernehmen zu wollen. Damit droht bei der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen im Unterschwellenbereich bundesweit ein regelungstechnischer Flickenteppich zu bleiben. Hier kann man nur an die Verantwortlichen appellieren, besonders im Interesse der beteiligten Wirtschaftskreise das Kirchturmsdenken aufzugeben und für klare Rechtsverhältnisse zu sorgen.
Autor: Rudolf Ley


