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Erste Lesung des Reformpakets im Bundestag

Am 9.10. und 10.10.2025 haben im Bundestag die ersten Lesungen zum Vergabebeschleunigungsgesetz, zum Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr und zum Tariftreuegesetz stattgefunden. Im Anschluss an die Beratungen wurden die Gesetzentwürfe in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

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Die Debatte zum Vergabebeschleunigungsgesetz hatte folgende Schwerpunkte:

  • Losvergabe: Hier wiesen die Regierungsfraktionen noch einmal auf die zentrale Bedeutung des Mittelstandes für die Wirtschaft hin. Die Losvergabe bleibe der gesetzliche Regelfall. Die neue gesetzliche Ausnahme beschränke sich daher auf dringliche Projekte aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität. Bemerkenswert ist, dass von keiner Fraktion die vom Bundesrat geforderte weitere Öffnung des Losgrundsatzes aufgegriffen wurde.

    Die Fraktion der AfD forderte, die strikte Losvergabe gänzlich beizubehalten und lehnte selbst die im Gesetzentwurf vorgesehene Öffnung für dringliche Projekte aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität ab (bei 2,5-facher Überschreitung des EU-Schwellenwertes) ab.
  • Direktaufträge: Von der Fraktion der Linken wurde die Anhebung der Wertgrenze für Direktaufträge des Bundes kritisiert. Der weitgehende Verzicht auf Ausschreibungen mache die öffentliche Auftragsvergabe korruptionsanfälliger.

Aus der Debatte zum Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr sind folgende Punkte hervorzuheben:

  • Bundesminister Pistorius betonte für die Bundesregierung, dass mit dem Gesetz „Bremsklötze“ für die Beschaffung gelöst würden und der „Turbo“ eingelegt würde. Er verwies dabei u.a. auf die Ausnahme von der Losvergabe, die Zulässigkeit von Vorauszahlungen und die Nutzung von Innovationspartnerschaften.

  • Von der Opposition wurde angemahnt, dass eine Reform des Vergaberechts die Probleme der Bundeswehr bei der Beschaffung allein nicht lösen würde, sondern vor allem die Abläufe im Bundesverteidigungsministerium verbessert werden müssten (Stichwort „Fehlerkultur“). Verwiesen wurde auch auf Berichte des Bundesrechnungshofes, der jüngst darauf hingewiesen hat, dass das Risiko für unwirtschaftliches Handeln verstärkt werden könnte, wenn der Faktor Zeit oberste Priorität für das Beschaffungswesen bei der Bundeswehr habe.

Zum Tariftreuegesetz betrafen die Beratungen im Wesentlichen folgende Aspekte:

  • Bundesministerin Bas hob hervor, dass für die Bundesregierung der faire Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge absolute Priorität habe. Eine Verfälschung dieses Wettbewerbs durch Unternehmen, die keiner Tarifbindung unterliegen würden, solle durch das Bundestariftreuegesetz entgegengewirkt werden. Sie verwies insbesondere auf die sinkende Zahl der tarifgebundenen Unternehmen. Sie kündigte an, in dieser Legislatur einen Nationalen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen vorzulegen (die Richtlinie 2022/2041 über angemessene Mindestlöhne in der EU fordert entsprechende Aktionspläne, wenn die Tarifbindungsquote in einem Mitgliedsstaat 80 % unterschreitet) Die Abgeordneten der Regierungsparteien begrüßten erwartungsgemäß den Gesetzentwurf.  Die Fraktion der CDU/CSU sah aber noch Handlungsbedarf in Bezug auf Nachweispflichten und Kontrolle derjenigen Unternehmen, die bereits der Tarifbindung unterliegen.

    Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der Linken begrüßten den Gesetzentwurf grundsätzlich. Kritisiert wurden die zu hohe Wertgrenze für die Anwendung des Gesetzes in Höhe von 50.000 Euro und die Herausnahme von Beschaffungen für die Bundeswehr sowie die mangelhafte Ausgestaltung der Durchsetzung des Gesetzentwurfes. Hier wurde noch erheblicher Nachbesserungsbedarf gesehen.

    Die Fraktion der AfD lehnte den Gesetzentwurf ab. Er würde einen Eingriff in die Tarifautonomie darstellen und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen übergebührlich belasten verbunden mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand.

Die Plenarprotokolle zu den Sitzungen finden sich hier:

Die Videos der Sitzung hier:

Ley / Ley

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Fazit:

Inhaltlich verliefen insbesondere die Debatten zum Vergabebeschleunigungsgesetz und zum Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr inhaltlich wenig ergiebig. Das könnte darauf hindeuten, dass es im weiteren Beratungsverfahren eher nicht zu substantiellen Änderungen an den Regierungsentwürfen kommt.

Die Debatte zum Tariftreuegesetz verlief hingegen inhaltlich durchaus kontrovers, obwohl die meisten Fraktionen den Gesetzentwurf im Grundsatz begrüßten. Für das weitere Verfahren ist besonders hervorzuheben, dass auch die CDU/CSU-Fraktion Änderungsbedarf sah, vor allem im Zusammenhang mit den Nachweispflichten und den Umgang mit bereits tarifgebundenen Unternehmen. Hier zeichnet sich ab, dass es auch zwischen den Regierungsfraktionen zu intensiven Diskussionen kommen könnte.

Ley / Altus / Müller

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Wie geht es weiter?

Zum Abschluss der ersten Lesungen wurden die Gesetzentwürfe in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

  • Federführend für das Vergabebeschleunigungsgesetz ist der Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Mitberatend sind die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Verteidigung, Verkehr, Digitales und Staatsmodernisierung, Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen sowie der Haushaltsausschuss.

  • Für das Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr ist ebenfalls der Ausschuss für Wirtschaft und Energie in der Federführung, mitberatend sind der Verteidigungsausschuss und der Haushaltsausschuss.

  • Das Tariftreuegesetz wird federführend vom Ausschuss für Arbeit und Soziales behandelt, in der Mitberatung sind die Ausschüsse für Wirtschaft und Energie, der Verkehrsausschuss und der Haushaltsausschuss.

Jeder Ausschuss kann eine öffentliche Anhörung durchführen, zu der Fachleute aus Wissenschaft und Praxis eingeladen werden, um den Mitgliedern des Ausschusses Informationen zu dem Beratungsthema zu vermitteln. Daneben haben Ausschüsse auch die Möglichkeit, sich in nicht öffentlichen Sitzungen zu informieren und mit Fachleuten zu diskutieren. Es bleibt abzuwarten, ob zu den jeweiligen Gesetzentwürfen entsprechende Anhörungen anberaumt werden.

Die Beratungen in den Ausschüssen enden mit einer Beschlussempfehlung samt Entscheidungsvorschlag für das Plenum. Anschließend finden die zweite und dritte Lesung im Plenum statt, die in der Regel am gleichen Termin stattfinden. Daran schließt sich unmittelbar die Schlussabstimmung an. Gesetzesbeschlüsse des Bundestages werden unverzüglich dem Bundesrat zugeleitet. Damit wird der 2. Durchgang im Bundesrat eröffnet.

Verfasser: Rudolf Ley / Dietmar Altus

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