Die EU-Kommission hat einen Projektbericht zu der Frage veröffentlicht, wie man sozial verantwortliche öffentliche Beschaffung (SRPR) in der Vergabepraxis umsetzt. SRPP integriert soziale Gesichtspunkte in Vergabeverfahren und fördert Beschäftigung, soziale Inklusion, angemessene Arbeitsbedingungen, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit.
Der Bericht wurde von EISMEA (EISMEA - European Innovation Council and SMEs Executive Agency) in Auftrag gegeben und von PwC EU Services und ICLEI (ICLEI – Local Governments for Sustainability) erarbeitet.
Der nur in englischer Sprache verfügbare Bericht (siehe auch: how to apply socially responsible public procurement-EA0125073ENN.pdf) beschreibt die Entwicklung eines Modells zur Messung der sozialen Auswirkungen öffentlicher Auftragsvergaben in der EU. Der Bericht enthält zudem Beispiele bewährter Praktiken und identifiziert gemeinsame Erfolgsfaktoren sowie Herausforderungen bei der (Messung der) sozialen Auswirkungen in der öffentlichen Auftragsvergabe.
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Darüber hinaus gibt der Bericht konkrete politische Handlungsempfehlungen für eine EU-weite Umsetzung, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, soziale Aspekte besser in ihre Vergabepraxis zu integrieren:
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Ganzheitlicher Ansatz für SRPP: Alle Aspekte der sozial verantwortlichen öffentlichen Beschaffung sollten integriert werden, um die soziale Gesamtwirkung zu verbessern. Es gilt, klare soziale Ziele zu setzen, Mechanismen zur Einhaltung zu etablieren und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen, Auftragnehmern und der Zivilgesellschaft zu fördern, um die Praxis EU-weit zu standardisieren.
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Umgestaltung der öffentlichen Beschaffung zum sozialen Nutzen: Strategische Maßnahmen sollten eingeführt werden, um soziale Belange in allen Vergabearten zu stärken. Vorrang sollen dabei transformative und wirkungsvolle Verfahren haben.
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Standardisierung bewährter SRPP-Praktiken in der EU: Einheitliche Standards für Beschäftigung, Arbeitsbedingungen, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit und die Bewertung sozialer Auswirkungen sollen eingeführt werden. Die Standardisierung erleichtert zudem die Einhaltung und Überwachung der Vorgaben und stellt die Kohärenz bei der Integration sozialer Aspekte in Vergabeverfahren sicher.
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Einführung umfassender Monitoring- und Berichtsmechanismen: Bestehende Lücken bei der Umsetzung von SRPP sollen durch Protokolle für Audits, Bewertungen und Berichterstattung geschlossen werden. Lieferanten sollten verpflichtet werden, regelmäßig über die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards zu berichten. Dies sollte über eine zentralisierte nationale Datenbank zur Nachverfolgung und Transparenz erfolgen.
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Schließung kritischer Daten- und Transparenzlücken: Die Verfügbarkeit und Transparenz von Daten in den Ausschreibungsunterlagen der Tenders Electronic Daily (TED) sollen verbessert werden.
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Ausbau und Förderung eines Rahmens zur Messung sozialer Auswirkungen: Ein analytischer Rahmen zur Bewertung sozialer Wirkungen bei der öffentlichen Beschaffung soll entwickelt und umgesetzt werden.
Die Anwendung des Modells auf 75 Vergabeverfahren aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten zeigte, dass einige Verfahren soziale Aspekte gut integrierten, viele jedoch nur geringe soziale Auswirkungen aufwiesen. Häufig berücksichtigte Indikatoren waren Beschäftigung, soziale Inklusion und menschenwürdige Arbeitsbedingungen, während Barrierefreiheit und nachhaltige Praktiken seltener priorisiert wurden.
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Praxisleitfaden
Bereits im Juni 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Sammlung von 71 Fällen bewährter Verfahren, aus denen hervorgeht, wie öffentliche Auftraggeber ein sozial verantwortliches öffentliches Beschaffungswesen umgesetzt haben, um Beschäftigungsmöglichkeiten, menschenwürdige Arbeit, soziale Inklusion, Zugänglichkeit und die Einhaltung von Sozial- und Arbeitnehmerrechten in der EU und weltweit zu fördern und gleichzeitig hochwertige Sozialdienstleistungen zu erbringen und den Zugang von Sozialunternehmen zu öffentlichen Ausschreibungen zu erleichtern.
Im Bericht vom 19. Juni 2020 forderte SRPP öffentliche Auftraggeber auf, über den Preis der Produkte oder Dienstleistungen hinauszublicken und auch Herstellung und Transport der Leistungen zu berücksichtigen. Der SRPP-Bericht verweist auf eine breite Palette rechtlicher und praktischer Instrumente, die seitens der öffentlichen Auftraggeber genutzt werden können, um positive soziale Ergebnisse im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe zu erzielen.

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Verfasser: Rudolf Ley / Dietmar Altus