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EuGH: Kein Recht auf Gleichbehandlung für Bieter aus Drittstaaten!

Der EuGH hat mit Urteil vom 22.10.2024 entschieden, dass Unternehmen, die aus Drittstaaten stammen, die keine internationalen Übereinkünfte mit der EU im Bereich des öffentlichen Auftragswesens geschlossen haben, in Vergabeverfahren keinen Anspruch auf Gleichbehandlung nach den EU-Vergaberichtlinien haben.

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Der Fall

Ein kroatischer Auftraggeber führte ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags für den Bau einer Eisenbahninfrastruktur nach der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU durch. Kolin, ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei, focht die Rechtmäßigkeit der zugunsten eines anderen Bieters ergangenen Zuschlagsentscheidung an. Im Rahmen dieses Verfahrens legte das zuständige nationale Gericht dem EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen vor und bat um Klarstellung der Umstände, unter denen die öffentlichen Auftraggeber nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Angeboten die Bieter nach der einschlägigen Vergaberichtlinie auffordern können, Berichtigungen oder Klarstellungen ihres ursprünglichen Angebots vorzunehmen.

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Die Entscheidung

Der EuGH erklärte das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig, da die Sektorenrichtlinie 2014/25/EU auf den Ausgangsrechtsstreit gar nicht anwendbar sei.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass die EU gegenüber bestimmten Drittländern durch internationale Übereinkünfte gebunden sei, u. a. durch das Übereinkommen der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA), die den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zu öffentlichen Aufträgen in wechselseitiger und gleicher Weise gewährleisten. Art. 43 der Richtlinie 2014/25/EU spiegele diese Verpflichtungen wider, indem er bestimme, dass Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern, die Vertragsparteien einer solchen Übereinkunft sind, nicht ungünstiger behandelt werden dürfen als Wirtschaftsteilnehmer der Union. Wirtschaftsteilnehmer aus diesen Drittländern könnten sich auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen.

Dagegen könnten Wirtschaftsteilnehmer aus jenen Drittländern, die wie die Türkei keine solche internationale Übereinkunft mit der Union geschlossen haben, in einem Vergabeverfahren nicht die Gleichbehandlung mit Bietern aus den Mitgliedstaaten oder aus den durch eine solche Übereinkunft gebundenen Drittländern fordern. Sie könnten sich auch nicht auf die Bestimmungen der einschlägigen Vergaberichtlinie berufen, um die Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags anzufechten. Würde man die Bestimmungen der Richtlinie auf Bieter aus solchen Drittländern erstrecken, stelle dies einen Verstoß gegen Art. 43 der Richtlinie 2014/25/EU dar, der die Gleichbehandlung gerade nur Unternehmen aus solchen Drittländern einräume, mit denen eine Übereinkunft zum wechselseitigen Zugang zu öffentlichen Aufträgen bestehe.

Nach Auffassung des EuGH verbiete es Unionsrecht zwar nicht, Wirtschaftsteilnehmer aus Drittstaaten, die keine Übereinkunft mit der EU geschlossen haben, zur Teilnahme an einem unter die Richtlinie 2014/25 fallenden Vergabeverfahren zuzulassen, es hindere diese Wirtschaftsteilnehmer jedoch daran, sich im Rahmen ihrer Teilnahme an einem solchen Verfahren auf diese Richtlinie zu berufen und somit eine Gleichbehandlung ihres Angebots mit den Angeboten zu fordern. Deshalb stehe es Auftraggebern beispielsweise frei, in den Auftragsunterlagen abweichende Behandlungsmodalitäten (etwa bei der Bewertung der Angebote) vorzusehen, je nachdem, ob ein Unternehmen aus einem Drittstaat stammt, der eine Übereinkunft mit der EU geschlossen hat oder nicht.

Zwar ist es nach dem EuGH denkbar, dass die Modalitäten der Behandlung dieser Wirtschaftsteilnehmer bestimmten Anforderungen, wie denen der Transparenz oder der Verhältnismäßigkeit, entsprechen müssten, doch könne ein Rechtsbehelf eines dieser Wirtschaftsteilnehmer, mit dem gerügt werde, dass der Auftraggeber solche Anforderungen nicht beachtet habe, nur anhand des nationalen Rechts und nicht anhand des Unionsrechts bzw. der zu seiner Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften geprüft werden.

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Hinweis:

Die vom EuGH im Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU getroffene Entscheidung lässt sich auf die Vergaberichtlinie 2014/24/EU übertragen. Der vom EuGH als streitentscheidend angesehene Art. 43 der Richtlinie 2014/25/EU findet seine Entsprechung in Art. 25 der Richtlinie 2014/24/EU, der die Gleichbehandlung in Vergabeverfahren ebenfalls auf Unternehmen aus Drittstaaten beschränkt, die durch internationale Übereinkünfte wie das GPA gebunden sind.

Das vorliegende Urteil bezog sich auf ein Unternehmen aus der Türkei, beispielsweise besteht aber auch zu China keine Übereinkunft zum wechselseitigen Zugang zu öffentlichen Aufträgen.

Verfasser: Rudolf Ley

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