Für die beabsichtigte Reform der europäischen Vergaberichtlinien führt die Europäische Kommission im Vorfeld der Erarbeitung ihrer Legislativvorschläge eine öffentliche Konsultation zu Fragen der öffentlichen Beschaffung durch. Beiträge können bis zum 26. Januar 2026 eingereicht werden.
Am 21. Oktober 2025 hat die EU-Kommission ihr Arbeitsprogramm 2026 vorgestellt. Das Arbeitsprogramm trägt den Titel „Der Moment der Unabhängigkeit Europas“ und legt eine Reihe von Maßnahmen dar, die zum Aufbau eines souveräneren und unabhängigeren Europas beitragen sollen. Es geht um aktuelle und künftige Herausforderungen, die sich aus Bedrohungen der europäischen Sicherheit und Demokratie, Konflikten und geopolitischen Spannungen, Risiken für die Wirtschaft und Industrie sowie der Beschleunigung des Klimawandels ergeben. Die Kommission will im Jahr 2026 den Bürokratieabbau fortsetzen. Viele der Initiativen sollen sich darauf konzentrieren, die EU-Rechtsvorschriften zu vereinfachen und die Kosten zu senken.
Ein Teil dieses Arbeitsprogramms befasst sich mit der Reform des Vergaberechts.
Das Arbeitsdokument zur Evaluierung der drei zentralen Vergaberichtlinien hatte die Kommission bereits am 14. Oktober 2025 vorgelegt. Untersucht wurden die Richtlinie 2014/23/EU über Konzessionen, die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe sowie die Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe in den Bereichen Wasser, Energie, Verkehr und Postdienste. Die Bewertung umfasste den Zeitraum von 2016 bis 2024 (siehe Newsletter vom 17.9.2025). Die Überarbeitung der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge sollten nach Auffassung der EU-Kommission unter anderem Folgendes bezwecken:
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Vorrang für europäische Produkte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, dadurch Beitrag zur Gewährleistung des EU-Mehrwerts und Sicherung der Versorgung mit wesentlichen Technologien, Produkten und Dienstleistungen.
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Modernisierung und Vereinfachung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge bei gleichzeitiger Nutzung der Auftragsvergabe als Instrument für strategische Investitionen.
Das Ergebnis der Evaluierung hatte gezeigt, dass die gesetzten Ziele nur teilweise erreicht wurden.
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Die Ergebnisse im Einzelnen
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Weder Rechtsklarheit noch Flexibilität hat sich verbessert; neue sektorspezifische Vorschriften haben die Komplexität erhöht.
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Die Transparenz hat sich verbessert und das Auftragsvolumen hat sich verdoppelt, aber es bestehen weiter Korruptionsrisiken und Datenlücken erschweren die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften.
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Der Wettbewerb ist uneinheitlich: Die Zahl der durchschnittlichen Gebote pro Ausschreibung ist zurückgegangen, aber große Aufträge stoßen nach wie vor auf großes Interesse, und KMU erhalten 71 Prozent der Aufträge.
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Die direkte grenzüberschreitende Beteiligung in der EU ist nach wie vor begrenzt.
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Die umweltfreundliche, soziale und innovative Beschaffung schreitet voran, jedoch ungleichmäßig in der gesamten EU).
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Praxisleitfaden
Kommission ruft zur Beteiligung auf
Vor dem Hintergrund der Evaluierungsergebnisse und der dringenden Notwendigkeit der Reform der europäischen Vergaberichtlinien hat die EU-KOM nunmehr öffentlich dazu aufgerufen, Vorschläge mit dem Ziel einzureichen, die europäischen Vergaberichtlinien zu modernisieren und zu vereinfachen, um zu einem effizienteren und strategischeren System für öffentliche Investitionen zu kommen.
An der Konsultation können alle interessierten Interessengruppen teilnehmen.
Insbesondere gehören dazu nationale, lokale und regionale Behörden, Unternehmen, Organisationen der Zivilgesellschaft und einzelne Bürger/innen. Die Rückmeldungen können bis zum 26 Januar 2026 (Mitternacht Brüsseler Zeit) eingereicht werden. Auf dem Portal der EU-KOM „Have Your Say“ steht ein öffentlicher Fragebogen zur Verfügung. Die eingegangenen Rückmeldungen werden veröffentlicht. Sie müssen daher den für Feedback geltenden Regeln entsprechen. Über die Website „EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge – Überarbeitung“ können die Beiträge eingereicht werden. Die EU-KOM weist daraufhin, dass die Beiträge den dargestellten Vorgaben entsprechen müssen.

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Legislativvorschlag im 2. Quartal 2026
Die Beiträge sollen in die Ausarbeitung eines Legislativvorschlags einfließen, der im zweiten Quartal 2026 vorgelegt werden soll. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Reform hatte das Europäische Parlament bereits am 9. September 2025 eine Entschließung zur Vergabe öffentlicher Aufträge verabschiedet (siehe Newsletter vom 17.9.2025).
Verfasser: Rudolf Ley / Dietmar Altus