Zentrales Wettbewerbsregister für öffentliche Aufträge und Konzessionen beim Bundeskartellamt kommt
Darüber hinaus enthält das Gesetzespaket eine Reihe von Folgeänderungen, insbesondere im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und der Gewerbeordnung. Die Neuregelungen treten schrittweise in Kraft, spätestens 2020 soll das Wettbewerbsregister funktionsfähig sein.
Hintergrund des Gesetzes
Ein wesentliches Ziel der Vergaberechtsreform 2016/2017 war, die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption zu verbessern. Wer sich wegen Wirtschaftsdelikten – insbesondere im Zusammenhang mit Korruption – strafbar gemacht hat, soll nicht zum Nachteil von rechtstreuen Unternehmen von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen profitieren, sondern von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Hierzu wurden durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts erstmals auf gesetzlicher Ebene im GWB sowohl zwingende (§ 123 GWB) als auch fakultative (§ 124 GWB) Ausschlussgründe geregelt. Zugleich wurde den Unternehmen aber auch die Möglichkeit eingeräumt, durch den Nachweis von Maßnahmen zur Selbstreinigung einen Ausschluss von der Teilnahme an Vergabeverfahren zu vermeiden (§ 125 GWB). Die UVgO nimmt für den Unterschwellenbereich auf diese Regelungen Bezug. Die öffentlichen Auftraggeber und Konzessionsgeber sind dennoch in Vergabeverfahren oberhalb und unterhalb der EU-Schwellenwerte verpflichtet, vor der Zuschlagserteilung zu prüfen, ob Ausschlussgründe vorliegen. Es ist jedoch für Vergabestellen faktisch oft schwierig nachzuprüfen, ob es bei einem potentiellen Auftragnehmer zu Straftaten oder Fehlverhalten gekommen ist.
In einigen Bundesländern (Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) wurden daher bereits in der Vergangenheit auf gesetzlicher Grundlage sog. Korruptions- oder Wettbewerbsregister eingerichtet, um Daten über unzuverlässige Unternehmen zentral zu sammeln und die Informationen auf Anfrage an öffentliche Auftraggeber zu übermitteln. Per Erlass sind derzeit in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen Korruptionsregister geregelt. Im brandenburgischen Vergabegesetz ist eine zentrale Listung von Auftragssperren vorgesehen. Da nicht alle Länder Register aufweisen und die bestehenden Regelungen sehr unterschiedlich sind, ist nicht sichergestellt, dass der Wettbewerb nicht zulasten rechtstreuer Unternehmen verzerrt wird. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Regelungen in den Ländern ist es außerdem für Unternehmen aufwendig, sich auf das jeweils anwendbare Recht einzustellen. Vor diesem Hintergrund sind die auf Länderebene bestehenden Regelungen auf längere Sicht nicht geeignet, einen hinreichenden Schutz vor unzuverlässigen Unternehmen sicherzustellen. Die Länder haben daher durch Beschlüsse der Justizministerkonferenz am 25./26. Juni 2014 und der Wirtschaftsministerkonferenz am 10./11. Dezember 2014 den Bund aufgefordert, ein bundesweites „Korruptionsregister“ einzuführen.
Inhalt des Gesetzes
In Umsetzung dieser Initiativen wurde nun das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) beschlossen. Mit diesem Gesetz wird ein bundesweites Register zum Schutz des fairen Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen beim Bundeskartellamt eingerichtet, in das von Unternehmen begangene oder Unternehmen zuzurechnende Delikte schwerwiegender Wirtschaftskriminalität eingetragen werden. Eintragungsrelevante Delikte sind nach § 2 WRegG neben Korruptionsdelikten auch Geldwäsche, Menschenhandel, Beteiligung an organisierter Kriminalität und andere schwere Wirtschaftsdelikte, insbesondere Verstöße gegen Wettbewerbsrecht und Steuerhinterziehung. Einzutragen sind darüber hinaus auch das Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Sozialabgaben und Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, Arbeitnehmer-Entsendegesetz und Mindestlohngesetz. Eintragungen erfolgen bei den aufgelisteten Delikten nicht nur bei rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen und Strafbefehlen, sondern auch bei rechtskräftigen Entscheidungen im Ordnungswidrigkeitsverfahren. Die Eintragung in das Register führt jedoch nicht automatisch zu einem Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren. Vielmehr prüfen und entscheiden Auftraggeber weiterhin eigenständig im jeweiligen Einzelfall, ob ein Unternehmen aufgrund der Eintragung im konkreten Einzelfall nach den §§ 123, 124 GWB ausgeschlossen wird. Allerdings wird bei einer Registereintragung eines Unternehmens wegen des Vorliegens eines zwingenden Ausschlussgrundes der Auftraggeber faktisch in aller Regel den Ausschluss des Unternehmens von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren beschließen.
Das WRegG regelt zudem die Übermittlung von Daten, die für die Prüfung des Vorliegens von Ausschlussgründen in Vergabeverfahren von Bedeutung sind, durch die für die Strafverfolgung und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden und die Speicherung dieser Daten durch die Registerbehörde (§ 4 WRegG). Unternehmen, die eingetragen werden sollen, werden im Vorfeld von der Registerbehörde angehört und können Einwendungen geltend machen (§ 5 WRegG). Ferner werden die Verpflichtung und das Recht der öffentlichen Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber geregelt, vor der Zuschlagserteilung bei der Registerbehörde abzufragen, ob im Register Eintragungen vorliegen (§ 6 WRegG). Öffentliche Auftraggeber sind ab einem Auftragswert von 30.000 Euro zu einer solchen Abfrage verpflichtet. Öffentliche Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber sind ab Erreichen der EU-Schwellenwerte zur Abfrage verpflichtet. Aber auch unterhalb dieser Wertgrenzen besteht die Möglichkeit einer Abfrage. Daneben können Auftraggeber bei der Registerbehörde im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs (bei zweistufigen Verfahren) abfragen, ob Eintragungen im Register in Bezug auf diejenigen Bewerber vorliegen, die der Auftraggeber zur Abgabe eines Angebots auffordern will. Die Pflicht zur elektronischen Abfrage aus dem neuen Wettbewerbsregister soll die bisherige Pflicht der öffentlichen Auftraggeber zur Abfrage des Gewerbezentralregisters nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ersetzen. Nach Ablauf bestimmter Fristen (drei oder fünf Jahre) sollen Eintragungen aus dem Register gelöscht werden (§ 7 WRegG). Eingetragenen Unternehmen wird zudem die Möglichkeit eingeräumt, nach erfolgter Selbstreinigung (§ 125 GWB) einen Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Register zu stellen (§ 8WRegG). Wenn die Registerbehörde zu dem Ergebnis kommt, dass das Unternehmen sich erfolgreich selbstgereinigt hat, wird die Eintragung gelöscht. In diesem Fall sind die Vergabestellen an die zentrale Entscheidung der Registerbehörde gebunden und dürfen das Unternehmen nicht mehr ausschließen. Falls der Löschungsantrag abgelehnt wird, kann das Unternehmen Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegen. Die Bundesregierung wird schließlich zum Erlass einer Rechtsverordnung verpflichtet, mit der insbesondere die Einzelheiten der technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Datenspeicherung und -übermittlung sowie die erforderlichen datenschutzrechtlichen Vorgaben geregelt werden (§ 10 WRegG).
Der Inhalt des WRegG ist in nachfolgender Abbildung zusammengefasst:

Abbildung: Das Wettbewerbsregistergesetz
Inkrafttreten des Gesetzes
Das Inkrafttreten des Wettbewerbsregistergesetzes ist gestaffelt:
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Bestimmte Regelungen, wie etwa der Aufbau des Registers beim Bundeskartellamt treten am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.
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Die Kernregelungen bezüglich der Eintragungen in das Register, der Mitteilungen der Strafverfolgungsbehörden und der Ordnungswidrigkeitsbehörden an das Register und die Auskunftsersuchen der Auftraggeber beim Register sind erst ab dem Tag anzuwenden, an dem die konkretisierende Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 10 WRegG in Kraft tritt. Das Bundeswirtschaftsministerium gibt den Tag des Inkrafttretens dieser Rechtsverordnung im Bundesgesetzblatt bekannt.
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Das Inkrafttreten der Änderungen bezüglich der Abfragepflichten nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ist etwas verschachtelt geregelt. Einerseits wird mit dem Tag, an dem die konkretisierende Rechtsverordnung der Bundesregierung in Kraft tritt (s.o.), in den genannten Gesetzen das Gewerbezentralregister durch das Wettbewerbsregister ersetzt. Andererseits tritt die korrespondierende Regelung in § 150a Abs. 1 Gewerbeordnung, wonach Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister an öffentliche Auftraggeber nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zu erteilen sind, erst drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung außer Kraft. Die Auftraggeber können daher während einer Übergangsfrist von drei Jahren, nachdem das Wettbewerbsregister seinen Betrieb aufgenommen hat, weiterhin Daten aus dem Gewerbezentralregister abrufen. Einer solchen Übergangsfrist bedarf es, da Eintragungen in das Wettbewerbsregister für „neue“ strafgerichtliche Verurteilungen und Bußgeldentscheidungen erst ab der Arbeitsaufnahme des Registers erfolgen. Für Entscheidungen über den Ausschluss von Unternehmen sind jedoch auch zurückliegende Verurteilungen und Bußgeldentscheidungen relevant. Für die Vergabepraxis bedeutet das, dass in dem dreijährigen Übergangszeitraum sowohl Anfragen beim Wettbewerbsregister als auch beim Gewerbezentralregister angezeigt sind, damit kein unzuverlässiges Unternehmen „durchrutscht“.
Das Register soll spätestens im Laufe des Jahres 2020 funktionsfähig sein und für Auftraggeber zur Verfügung stehen.
Änderungen im GWB
Gewissermaßen im Huckepack enthält das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters auch einige Änderungen im 4. Teil des GWB:
So wird der zwingende Ausschlussgrund der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 123 Abs. 1 Nr. 6 GWB) vor dem Hintergrund einer entsprechenden Änderung des Strafgesetzbuchs auf den Bereich der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen ausgedehnt.
Durch den neu gefassten § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB wird klargestellt, dass von dem fakultativen Ausschlussgrund des Wettbewerbsverstoßes nicht nur wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, sondern auch wettbewerbsbeschränkende abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen erfasst werden. Die Tatbestandsalternativen der Vereinbarung und der abgestimmten Verhaltensweise stehen sowohl im deutschen als auch im europäischen Kartellrecht gleichwertig nebeneinander. Es ist daher sachgerecht, beide Alternativen zu erfassen, zumal die Frage, welche Alternative verwirklicht ist, in der Praxis häufig offen gelassen wird.
Die Neufassung des § 125 GWB stellt klar, dass Unternehmen, bei denen ein Ausschlussgrund im Sinne von §§ 123 oder 124 GWB vorliegt, Maßnahmen der Selbstreinigung auch gegenüber dem Bundeskartellamt in dem Verfahren nach § 8 WRegG nachweisen können. Der Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ist danach auch dann untersagt, wenn die erforderlichen Maßnahmen der Selbstreinigung gegenüber dem Bundeskartellamt gemäß § 8 WRegG nachgewiesen wurden und die Bindungswirkung der Löschung der Eintragung nach § 7 Abs. 2 WRegG eintritt. Die öffentlichen Auftrag- und Konzessionsgeber sind insoweit an die Entscheidung der Registerbehörde, dass eine ausreichende Selbstreinigung eines Unternehmens vorliegt, gebunden. Eine solche Bindung besteht hingegen nicht bei einer ablehnenden Entscheidung des Bundeskartellamtes zu den Voraussetzungen der Selbstreinigung.
Während die Änderungen in § 123 Abs. 1 Nr. 6 und § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten, wird die Änderung des § 125 GWB erst an dem Tag wirksam, an dem erstmals eine Rechtsverordnung nach § 10 des WRegG in Kraft tritt (s.o.).
Autor: Rudolf Ley


