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Wie Sie Mitarbeiter möglichst flexibel für gemeindliche Aufgaben einsetzen können – Das Weisungsrecht des Arbeitgebers

Prof. Dr. Boris Hoffmann, Hochschule für Polizei und Verwaltung NRW, Köln

28.5.2020

Die Corona-Krise erfordert es immer wieder, dass Sie möglichst schnell und flexibel das Ihnen zur Verfügung stehende Personal zielgerichtet einsetzen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Sie vor der Aufgabe stehen, kurzfristig Frei- oder Schwimmbäder zu öffnen oder für die Verkehrssicherheit auf Sportplätzen zu sorgen. In diesen Fällen kann es erforderlich sein, das Ihnen zur Verfügung stehende Personal möglichst weitreichend einzusetzen, um allen gemeindlichen Aufgaben zeitgleich gerecht zu werden. Um festzustellen, welche Aufgaben Sie Ihrem Mitarbeiter im Einzelfall übertragen dürfen, bedarf es zunächst eines Blickes in den entsprechenden Arbeitsvertrag.

 
Hinweis!

Sie alle verwenden regelmäßig sogenannte „Musterarbeitsverträge“, die Sie etwa auf der Homepage des KAV Bayern finden und abrufen können.

 

Wichtig ist, dass Sie im Arbeitsvertrag selbst lediglich die grundlegenden Rechte und Pflichten Ihrer Mitarbeiter festlegen. Insoweit handelt es sich um Rahmenbedingungen, welche Sie durch das Ihnen zustehende arbeitgeberseitige Direktionsrecht (=Weisungsrecht) weiter konkretisieren können.

 

Rechtsgrundlagen:
Sie finden die Grundlegende Vorschrift zum Direktionsrecht in § 106 GewO. Danach können Sie nach Satz 1 sowohl Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung einseitig festlegen. Sie müssen allerdings hierbei billiges Ermessen und entgegenstehendes höherrangiges Recht (z. B. den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandart) beachten.


Hinweis!

In § 4 TVöD finden Sie noch eine tarifvertragliche Erweiterung des Ihnen zustehenden Direktionsrechts. Hierbei geht es insbesondere darum, Beschäftigten außerhalb des Gemeindebereichs Aufgaben im Rahmen der Abordnung, Versetzung und Zuweisung zu übertragen.

 

Welche Tätigkeiten Sie Ihren Mitarbeitern „einseitig“ zuweisen dürfen:

Sie sind im Rahmen des Ihnen zustehenden Direktionsrecht berechtigt, Ihren Mitarbeitern grundsätzlich alle Tätigkeiten zuzuweisen, die 

  1. der sogenannten vereinbarten Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag und
  2. der Eingruppierung Ihres Mitarbeiters entsprechen und damit gleichwertig sind (BAG 9.5.2006 – 9 AZR 424/05).

 

Beispiel 1:
Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass Ihr Mitarbeiter als „Vollbeschäftigter“ (=Tätigkeitsbeschreibung) eingestellt worden ist. Seine tarifliche Eingruppierung entspricht nach § 12 TVöD der EG 4. 

In diesem Fall könnten Sie Ihrem Mitarbeiter grundsätzlich alle Tätigkeiten eines Beschäftigten im Sinne des TVöD zuweisen, die der Entgeltgruppe 4 entsprechen. Damit haben Sie sich durch Ihre vertragliche Vereinbarung ein recht weites Direktionsrecht gesichert.

 

Beispiel 2:
Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass Ihr Mitarbeiter als „Fachangestellter für Bäderbetriebe“ (=Tätigkeitsbeschreibung) eingestellt worden ist. Seine tarifliche Eingruppierung entspricht nach § 12 TVöD der EG 6. 

Jetzt könnten Sie Ihrem Beschäftigten alle Tätigkeiten eines Fachangestellten für Bäderbetriebe übertragen, die der EG 6 entsprechen. Damit haben Sie Ihr Direktionsrecht durch die Konkretisierung der Tätigkeitsbeschreibung eingegrenzt, was aber nicht immer nachteilig sein muss, etwa dann, wenn Sie Ihren Mitarbeiter ausschließlich im Rahmen der vereinbarten Tätigkeit beschäftigen möchten.

 

Sie müssen billiges Ermessen wahren:
Soweit die Ihrem Mitarbeiter zu übertragende Tätigkeit sowohl von der arbeitsvertraglichen Tätigkeitsbeschreibung umfasst ist als auch seiner Eingruppierung entspricht, müssen Sie noch beachten, ob die Zuweisung der konkreten Tätigkeit auch billigem Ermessen entspricht. In diesem Zusammenhang spielt es insbesondere eine Rolle, ob Ihr Mitarbeiter überhaupt fachlich nach seiner Ausbildung und seinen weiteren Qualifikationen geeignet bzw. tatsächlich in der Lage ist, die im übertragenden Tätigkeiten tatsächlich auszuüben (die Aufgabenerledigung muss damit zumutbar sein). So werden Sie einem Mitarbeiter, der einen handwerklichen Beruf erlernt hat, in der Regel keine allgemeinen Verwaltungsaufgaben der Kernverwaltung (z. B. im Personalamt) übertragen können.

 

Sie müssen höherrangiges Recht beachten:
Sie können ihre Mitarbeiter nur dort einsetzen, wo Sie u. a. auch den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard gewährleisten können. Insoweit haben Sie die dort näher konkretisierten zusätzlichen Hygieneregeln und Abstandsgebote zu beachten. 

Beispiel: Installation von Trennwänden bei Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr. 

Damit ergibt sich für Sie folgendes Prüfschema, wenn Sie Ihrem Mitarbeiter (neue) Tätigkeiten übertragen möchten:  

Voraussetzungen

 

Einzelheiten

Ja

Nein

Entspricht die Tätigkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsbeschreibung?

Sie können diese im Rahmen der Vertragsfreiheit individuell gestalten und damit enger oder weiter fassen, was wiederum unmittelbare Auswirkungen auf Ihr Direktionsrecht hat.

 

 

 

Entspricht die Tätigkeit der tariflichen Eingruppierung Ihres Mitarbeiters?

Die Eingruppierung richtet sich nach § 12 TVöD und damit nach der vom Beschäftigten auszuübenden (gemeint ist wirksam übertragenden) Tätigkeiten (sogenannte „Tarifautomatik“).

 

 

 

Entspricht Ihre Weisung billigem Ermessen?

An dieser Stelle müssen Sie insbesondere in den Blick nehmen, ob der Beschäftigte auch tatsächlich geeignet ist, die ihm übertragenden Aufgaben auszufüllen.

 

 

 

Entspricht Ihre Weisung geltendem Recht?

Hier haben Sie insbesondere den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandart zu gewährleisten.

 

 

 

  

Zum arbeitgeberseitigem Direktionsrecht finden Sie weitere vertiefende Ausführungen in Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD-Kommentar, Loseblatt, § 4 Rn. 3 ff.

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