Bundespersonalvertretungsgesetz und Gleichstellung (II)
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit 20 Jahren haben die Personalräte also aktive Rechte und Pflichten im Bereich Frauenförderung und Gleichstellung. Vor allem mit den Bestimmungen in § 68 (Förderung der Gleichberechtigung als allgemeine Aufgabe des Personalrats), § 76 (Mitbestimmung bei Maßnahmen, die der Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung dienen) und § 77 (Zustimmungsverweigerung bei Maßnahmen, die gegen den Frauenförderplan verstoßen) könnte eine gleichstellungsorientierte Personalvertretung die Gleichstellungsbeauftragte nachdrücklich unterstützen und damit ihren eigenen Gestaltungsspielraum im Interesse der weiblichen Beschäftigten nutzen.
Viele Berichte dieser positiven Art kenne ich nicht. Daher stellt sich die Frage, warum das so häufig nicht geschieht. Darüber haben wir Gleichstellungsbeauftragte schon häufig diskutiert, aber eine Lösung ist kaum in Sicht. Es gibt zwar tatsächlich einige wenige Gleichstellungsbeauftragte, die von einer guten Zusammenarbeit mit dem Personalrat berichten. Aber selbst in diesen Fällen beschränkt sich die unbelastete Zusammenarbeit nicht selten darauf, dass Gleichstellungsbeauftragte und Personalrat sich nicht ins Gehege kommen. Ich kenne nur ganz wenige Fälle, in denen von wirklich aktiver gegenseitiger Unterstützung berichtet wird.
Liegt es an der Männerdominanz in Personalräten? 2008 – nach der vorletzten PR-Wahl; die letzte fand 2012 statt - hatte ich die Zusammensetzung der Personalvertretungen der obersten Bundesbehörden erhoben mit folgenden Ergebnissen:
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Nur 13 von 43 (Örtlichen, Gesamt- und Haupt-)Personalräten hatten 50% oder mehr weibliche Mitglieder, das waren 30,33 %.
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Nur in fünf von 43 Personalvertretungen waren Frauen Personalratsvorsitzende; das waren 11,62 %.
Dass hier die Frauenförderung keine fröhlichen Urständ feiert(e) und die männlichen Personalräte mit den meist männlichen Staatssekretären und den überwiegend männlichen Verwaltungsleitungen keine aktive Gleichstellungspolitik mach(t)en, lässt/ließ sich so gut erklären.
Und selbst wenn die Frauen-Vorgaben stimm(t)en, muss(te) die Gleichstellungspolitik dieser von Frauen geführten und/oder überwiegend mit Frauen besetzten Gremien nicht zwangsläufig besonders gleichstellungsfreundlich sein. Hier fand und findet oft eine bemerkenswerte Abgrenzung des Personalratsgremiums zur Einzelfrau Gleichstellungsbeauftragte statt. Das mag am Männersystem Gewerkschaft liegen, aus dem sich Personalräte in der Regel rekrutieren und in dem sich auch Personalrätinnen nach der Decke strecken (müssen).
Oder liegt es vielleicht am Beharrungsvermögen von Personalräten, quasi der Trägheit der Vertretungsmasse? Seit 40 Jahren gelang keine umfassende Modernisierung des BPersVG, obwohl der DGB schon 1982 Grundsätze „zur Weiterentwicklung des Bundespersonalvertretungsrechts“ vorgelegt hatte, die er 1985 konkretisierte. Und obwohl sich gerade die Technikwelt seit 1974 geradezu explosionsartig verändert hat.
Ist es daher nicht auch denkbar, dass Personalräte einfach Neues verhindern oder - wenn es sich nicht verhindern lässt - es anschließend erfolgreich ignorieren, zumindest im Hinblick auf die Gleichstellung?
Bestimmungen des Frauenfördergesetzes (Artikel 1 des o.g. 2.GleiGB) von 1994 und vor allem des Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) von 2001 haben den Personalräten so lieb gewordene Dinge wie das Anciennitätsprinzip, das Befördern nach Dienst- und Lebensalter außer Kraft gesetzt. Das hat den wenigsten Personalvertretungen gefallen und manche haben versucht, es zu re-installieren z.B. über die Anwendung eines Kriteriums „Erfahrung“, die sich positiv auf die jetzige Tätigkeit auswirke. Am Ende des Tages sollte aber auch das nur wieder dazu führen, dass das alte Prinzip „Ar... - ähem - Gesäß mal Zeit“ wieder zum Tragen kommt.
Es bleibt einfach erstaunlich, dass sich im Bereich Gleichstellung die Welt dreimal verändert hat – 1986 Frauenförderrichtlinie, 1994 Frauenfördergesetz, 2001 Bundesgleichstellungsgesetz – und sich nun 2014 bereits die vierte Veränderung über eine BGleiG-Novellierung abzeichnet, während ein BPersVG 40 Jahre nahezu unverändert bleibt. Aus meiner Sicht spricht das Bände.
Vielleicht ist es auch müßig, sich nach 13 Jahren Bundesgleichstellungsgesetz darüber weiter Gedanken zu machen. Wichtig ist, dass die Beschäftigten ihre Rechte kennen und wissen, dass sie auch gegenüber dem Personalrat Fragen der Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellen und ihre Rechte einfordern können. Wie wäre es daher einmal mit einem Antrag in der Personalversammlung zu den Aktivitäten des Personalrats zur Umsetzung des Gleichstellungsplans? Das würde ich gerne mal erleben.
Und zum letzten Male „vielleicht“: Vielleicht schaffen wir es auf diesem Wege, d.h. über gut informierte Beschäftigte, die ihre Rechte nicht nur bei der Gleichstellungsbeauftragten, sondern auch beim Personalrat einfordern, dass Gleichstellung früher erreicht wird als von der UNO einmal ausgerechnet: im Jahre 2490!! 2090 wäre mir ja schon zu lange, aber unsere Ururenkelinnen würden es uns sicher danken!
Herzlich
Kristin Rose-Möhring
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