Menschenrechte - Frauenrechte
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das war vor genau 220 Jahren! Noch mehr als 150 Jahre später gab es bei der Erarbeitung des Grundgesetzes im Nachkriegsdeutschland von 1949 ein langes und zähes Ringen um die Formulierung von Artikel 3 Absatz 2 GG, der nun lautet „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Elisabeth Selbert sei ewiger Dank!
Die Verfasserin der Frauenrechtserklärung bezahlte ihre Kühnheit und ihr Engagement mit dem Leben. Ihr Satz „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Sie muss gleichermaßen das Recht besitzen, die Rednertribüne zu besteigen" wurde für sie in umgekehrter Reihenfolge schreckliche Realität.
Olympe de Gouges (1748 - 1793), Schriftstellerin und Autorin von Theaterstücken, eckte gleich mit ihrem ersten Stück an, in dem sie sich mit der Sklaverei in den Kolonien auseinandersetzte. Der Streit darüber brachte die Autorin kurzfristig sogar in die Bastille und das Stück selbst verursachte einen politischen Skandal.
Während der Französischen Revolution von 1789 bis 1799 wurde Olympe de Gouges eine leidenschaftliche Verfechterin der Menschenrechte und vor allem der Rechte der Frau und Bürgerin. Sie hatte aufmerksam verfolgt, dass die Revolutionäre zwar für „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ kämpften, die weibliche Hälfte der Bevölkerung jedoch komplett ausschlossen.
Als Anfang September 1791 die Verfassung verabschiedet wurde, die ausschließlich auf der „Erklärung der Rechte des Mannes und Bürgers“ aufbaute, druckte sie in aller Eile ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ und schickte sie an die Nationalversammlung. Sie erklärte die neue „männliche“ Verfassung für nichtig, da sie ohne Beteiligung der Frauen entstanden sei, und forderte das Parlament auf, ihre Erklärung zu verabschieden.
Olympe de Gouges veröffentlichte in den Revolutionsjahren viele politische Texte zu aktuellen Ereignissen. Sie ließ sie auf eigene Kosten drucken und verteilte sie als Broschüren, Flugblätter und Plakate. Dadurch geriet sie ins Visier der Terrorherrschaft Robbespierres, wurde lange ins Gefängnis gesteckt und schließlich Ende 1793 auf der Guillotine hingerichtet.
In Artikel 6 ihrer Frauenrechtserklärung heißt es: „Das Gesetz soll Ausdruck des Willens aller sein; alle Bürger und Bürgerinnen sollen persönlich oder über ihren Vertreter zu seiner Entstehung beitragen.“ Diese Forderung nach politischer Teilhabe und Stimmrecht für Frauen wurde in Europa vor 105 Jahren umgesetzt: 1906 gewährte Finnland den Frauen als erstes Land in Europa das Wahlrecht. Deutschland folgte 1918 und das Schlusslicht bildete 1971 – also sage und schreibe erst vor 30 Jahren – die Schweiz; im Kanton Appenzell erhielten die Frauen sogar erst 1990 das kommunale Wahlrecht – fast 200 Jahre nach Olympe de Gouges. Was für ein weiter Weg!
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
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