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Wunschzettel ans Christkind –realitätsbesprenkelt!

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Ein Wunschzettel ans Christkind und nicht an den Weihnachtsmann – das ist für eine Gleichstellungsbeauftragte ein Muss. Beim Fehlen einer Weihnachtsfrau muss die Wahl zwischen einem alten Mann und einem sächlichen, dazu überirdischen Wesen zugunsten des letzteren ausgehen. Denn zumindest kommt „ES“ in weiblicher Verpackung daher, mit langem blonden Haar, mit einem langen Kleid und überhaupt ungeheuer weiblich. Eine Gleichstellungsbeauftragte kann sich also vorstellen, dass „ES“, das weihnachtliche It-Girl, etwas für Frauen tut. Also los:

„Liebes Christkind,

alle Menschen wünschen sich in der Advents- und Weihnachtszeit ungeheuer viel von dir. Ich habe nur einen einzigen Wunsch, aber vorher muss ich dir erklären, wie ich dazu gekommen bin.

Eine Gleichstellungsbeauftragte erlebt im Amt die seltsamsten Dinge. Ich habe dir eine kleine Hitliste zusammengestellt und, du wirst es nicht glauben, die Ereignisse sind alle wahr:

◊ Eine GB erwähnt in lockerer Runde ihren Mann. Ein Kollege zeigt sich ungeheuer überrascht: „Sie sind verheiratet? Ich dachte, Sie hassen Männer!“ „Nein“, sagt die GB, „aber in meinem Amt habe ich sie hassen gelernt.“

 Über Monate ringt eine GB mit ihrer Dienststelle um einen zielführenden Gleichstellungsplan. Als sich alle schon in den Haaren liegen, hält ihr der Verwaltungsleiter vor: „Sie sind aber wirklich verdammt anstrengend!“

 In regelmäßigen Abständen gibt eine GB ein internes Info heraus. Als ein Referatsleiter mal wieder eins in seinem Postfach findet, fragt der die Kollegin neben sich: „Muss ich dieses Hexenblatt wirklich lesen?“

 Eine Kollegin beschwert sich bei der GB, dass die neuen Beurteilungsrichtlinien in rein männlicher Sprache im Intranet stehen. Ungläubig überprüft sie den Vorgang und stellt fest: Die Dienststelle hat ihr im Beteiligungsverfahren eine perfekt gegenderte Fassung vorgelegt, diese aber zur Veröffentlichung wieder „entgendert“.

 Eine GB hat das Gefühl, mit dem Leiter ihrer Behörde ein Kommunikationsproblem zu haben; kein Gespräch scheint zu gelingen. In einem Vier-Augen-Termin spricht sie das Problem an. Postwendende Antwort des Alphatiers: „Nein, wir haben kein Kommunikationsproblem, aber wenn Sie noch einmal mit Kolleginnen über sie betreffende Angelegenheiten sprechen, werde ich den Kontakt zu Ihnen abbrechen.“ Als die GB freundlich anmerkt, dann sähe „man“ sich wohl vor Gericht wieder, ist das Gespräch beendet und das nicht vorhandene Kommunikationsproblem steht wieder im Raum.

 Ein übereifriger Mitarbeiter kommt bei der Überprüfung möglicher Korruptionspotentiale zu dem Schluss, dass die GB über die Maßen korruptionsgefährdet ist. Im Gespräch mit seinem Vorgesetzten schlägt er vor, die gewählte GB alle fünf Jahre im Rahmen der routinemäßigen internen Rotation umzusetzen.

 In einer Behörde steht ein Leitungswechsel an; die Amtsübergabe findet im Rahmen einer kleinen Feier statt. Die bisherige Leiterin steuert mit der neuen Chefin auf die nichtsahnende GB zu und stellt sie ihr mit den Worten vor: „Das ist unsere Gleichstellungsbeauftragte; die nervt meist ganz schön.“

 Die Beteiligung einer GB klappt nicht und sie versucht, dem Amtsleiter zu erklären, was das Bundesgleichstellungsgesetz mit „unverzüglich“, „umfassend“, „frühestmöglich“ und „aktiver Teilnahme am Entscheidungsprozess“ meint. Da fährt der gerügte Amtsleiter sie an: „Da kann ich Sie mir ja gleich auf den Schoß setzen.“

 In einem Infoblatt hat die GB als Sprecherin ihres Arbeitskreises mitgeteilt, dass ein Gleichstellungsziel die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen sei. Postwendend erhält sie eine Mail des Verwaltungschefs, die er netterweise auch gleich cc an alle Beschäftigten der Behörde sendet: „Ich teile Ihnen nur mit, das ich trotz Ihres Bedauerns über das Nichtvorhandenseins eines weiblichen [Chefs] im [Amt x] weder gewillt bin, mein Amt aufzugeben noch mich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen.“

Du siehst, liebes Christkind, Gleichstellungsbeauftragte haben es nicht leicht. Wir sind tough, haben Frustrationstoleranz und können einstecken. Für meine Kolleginnen und mich habe ich dennoch den e i n e n Weihnachtswunsch:

 Bitte mach die Bundesbehördenwelt zu einem Ort, an dem auch Gleichstellungsbeauftragte gerne leben.

Sternstrahlende Grüße aus der Gleichstellungssubkultur*!“


Wenn Sie weitere Gleichstellungs-Weihnachtsbetrachtungen suchen, finden Sie sie in den Blogs „Nikolaus, Weihnachten und das weibliche Element“ vom 6.12.2010,

„Es ist ein Junge!“ vom 19.12.2011l und „Knecht Ruprecht/Knechtin GB - Von drauß' vom Wald komm ich her“ vom 17.12.2012 .

Herzlich

Ihre Kristin Rose-Möhring


* Laut Wikipedia – http://de.wikipedia.org/wiki/Subkultur – ist der Begriff der Subkultur („Unterkultur“) ein in der Soziologie verwendeter Terminus, mit dem eine bestimmte Untergruppe … einer Kultur beschrieben wird, die sich im Hinblick auf zentrale Normen deutlich von der Kultur der Herrschenden abgrenzen. Ich denke, das können wir unterschreiben, nicht wahr?

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