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§ 8 TVÜ-Bund: Bewährungsaufstieg wg. tariflicher Besitzstandsregelung

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Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Auslegung der tariflichen Übergangsregelung des § 8 TVÜ-Bund zu befassen.

 

Kernaussagen

 

  • Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist für eine Höhergruppierung in Anwendung der Besitzstandsregelung ein schriftlicher Antrag des Beschäftigten erforderlich. Aus dem Antragserfordernis ergibt sich zugleich, dass die Besitzstandsregelung nach Abs. 3 keine Höhegruppierung im Weg der Tarifautomatik ermöglicht, sondern es sich um einen individualrechtlichen Anspruch handelt, der zum individuellen Höhergruppierungszeitpunkt schriftlich geltend gemacht werden muss.

  • Für eine Höhergruppierung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist erforderlich, dass die vom Beschäftigten auszuübende Tätigkeit zum Überleitungszeitpunkt am 1.10.2005 die Anforderungen desjenigen Tätigkeitsmerkmals nach der Anlage 1a BAT erfüllt, das eine Höhegruppierung durch Bewährungsaufstieg ermöglicht.

  • Die Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund, die die Geltung des § 8 Abs. 1 TVÜ-Bund voraussetzt, enthält lediglich eine Ausnahme von der sog. Hälftigkeitsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund. Eine entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund erfordert weiterhin, dass die Beschäftigten, die in eine der genannten EntgGr. des TVöD übergeleitet worden sind, „bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts“ zu einem individuellen Aufstiegszeitpunkt „höhergruppiert wären“. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten zum Überleitungszeitpunkt das Tätigkeitsmerkmal derjenigen VergGr. erfüllt hatten, welches den Bewährungsaufstieg ermöglicht. Von diesem Erfordernis sieht § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund keine Ausnahme vor.

  • Diese Voraussetzung entspricht dem Sinn und Zweck des § 8 TVÜ-Bund, der im 3. Abschnitt „Besitzstandsregelungen“ des TVÜ-Bund steht. Die Tarifvertragsparteien wollten als Ausnahme zu § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD, nach dem auch die übergangsweise weitergeltenden Eingruppierungsregelungen keinen Aufstieg mehr ermöglichen, für die Beschäftigten, deren Höhergruppierungen nach dem 30.9.2005 anstanden, eine Besitzstandsregelung schaffen. Damit sollte allerdings nicht das System des Bewährungsaufstiegs für jene Beschäftigte „fortgeschrieben“ werden, denen erst nach dem Inkrafttreten des TVöD eine Tätigkeit übertragen wird, die nach den Tätigkeitsmerkmalen des BAT einen Bewährungsaufstieg ermöglicht hätte. Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung würden verkannt, wenn man auch nach dem Überleitungszeitpunkt erfolgte Umgruppierungen unter Außerachtlassung des § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD noch von der Bestimmung des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund als erfasst ansähe.

  • Die tarifliche Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. GG, weil sie zum Überleitungszeitpunkt eine Eingruppierung in eine Vergütungs- und Fallgruppe voraussetzt, die einen Bewährungsaufstieg ermöglicht:

 

Nach der ständigen Rspr. des BAG sind Stichtagsregelungen „Typisierungen in der Zeit“. Sie sind Ausdruck einer pauschalierenden Betrachtung, ohne die insbesondere eine Umstellung von Vergütungssystemen nicht durchführbar wäre. Solche Regelungen sind aus Gründen der Praktikabilität – ungeachtet damit eventuell verbundener Härten – zur Angrenzung der begünstigten Personenkreise sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert. Insbesondere bei der Einführung einer neuen Entgeltordnung wie der des TVöD müssen die Tarifvertragsparteien notwendigerweise generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit gerecht werden zu können. Bei der Regelung von derartigen Massenerscheinungen liegen Randunschärfen in der Natur der Sache. Angesichts der Komplexität und der Vielzahl der zu regelnden Fallgestaltungen war es nicht möglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigungsgruppen in der Vergütungsstruktur gegenüber dem bisherigen Recht mit sich brachte. Nur mit Kompromissen beider Tarifvertragsparteien war der Einstieg in eine neue Entgeltstruktur für den öffentlichen Dienst möglich.

Den Tarifvertragsparteien des TVöD war deshalb nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, eine Aussicht auf eine erst in der Zukunft anstehende Höhergruppierung nur dann in die Besitzstandsregelungen des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund aufzunehmen, wenn die Bewährungszeit zum Überleitungszeitpunkt bereits begonnen hatte. Zugleich konnten sie, nachdem Bewährungsaufstiege im neuen Entgeltsystem des TVöD nicht mehr vorgesehen sind, ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG davon absehen, weitergehende Erwartungen zu schützen, die sich überhaupt erst aufgrund einer möglichen Änderung der auszuübenden Tätigkeit nach dem Überleitungszeitpunkt hätten ergeben können.

Hinzu kommt für den Beschäftigtenkreis, der in Anwendung des § 8 TVÜ-Bund höhergruppiert wird, dass die Berechnungsregelungen des § 6 Abs. 2 TVÜ-Bund, die verlängerten Stufenlaufzeiten und der Ausschluss der Stufen 5 und 6 der EntgGr. 9 TVöD eingreifen. Demgegenüber wird bei Beschäftigten, denen erst nach dem 1.10.2005 eine solche Tätigkeit übertragen wurde, das dann erworbene Erfahrungswissen jedenfalls bei der Stufenzuordnung berücksichtigt. Zudem haben die Tarifvertragsparteien unmittelbare vergütungsrechtliche Nachteile für die betroffenen Beschäftigten vermieden, indem sie durch §§ 5 bis 7 TVÜ-Bund sichergestellt haben, dass jeder Übergeleitete grundsätzlich zumindest sein bisheriges Entgelt weiter erhält.

 

 

Auf die vollständige Begründung des Urteils wird verwiesen.

 

 

BAG vom 17.4.2013 – 4 AZR 770/11 –

 

 

Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

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