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Smartphone-Verbot

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Abgrenzung zwischen Arbeits- und mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

ich darf Sie zunächst ganz herzlich im neuen Jahr 2024 begrüßen. Ich hoffe, Sie hatten einen guten Start und Sie schauen mit Zuversicht in die Zukunft. Ich möchte mich in meinem ersten Block in diesem Jahr mal mit Fragen der Mitbestimmung beschäftigen. Letztlich geht es im Kern um die Frage, wie der mitbestimmungsrechtliche Begriff des „Arbeitsverhaltens“ bzw. des „Ordnungsverhaltens“ zu verstehen bzw. zu interpretieren ist. Insoweit macht der zuständige erste Senat des Bundesarbeitsgerichts1 in seiner Entscheidung vom 17.10.2023, Az. 1 ABR 24/22 deutlich, dass er ein eher ein weites Verständnis des Begriffs des Arbeitsverhaltens präferiert.

Hinweis! Zwar erging die streitige Entscheidung zu § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, gleichwohl ist Sie auch in anderen Rechtskreisen zu beachten. So gilt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts etwa auch im Zusammenhang mit § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW.

Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

An einigen Arbeitsplätzen kam es immer wieder mal zu Arbeitsunterbrechungen. Um diese zu überbrücken, wurden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Teil anderweitig eingesetzt. Im Übrigen sollten zudem während der zeitlich limitierten Arbeitsunterbrechungen gewisse Nebenarbeiten am Arbeitsplatz erledigt werden.

Um aus der Sicht der Arbeitgeberin einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu gewährleisten, hing diese im Betrieb eine Mitarbeiterinformation mit Datum vom 18. November 2021 aus. Diese trug die Überschrift „Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden insoweit darauf hingewiesen, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet sei. Bei Verstößen sei mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen „bis hin zur fristlosen Kündigung“ zu rechnen.

Der Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin unter Hinweis auf ein Mitbestimmungsrecht vergeblich auf, diese Maßnahme zu unterlassen. Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe mit der einseitigen Anordnung sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt, da das Verbot das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb betreffe.

Das Bundesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Nach der Rechtsauffassung des 1. Senats seien Maßnahmen, die das sogenannte Arbeitsverhalten regeln sollen, nicht mitbestimmungspflichtig.

Hinweis! Damit betreffen auch Anweisungen, die die vertraglich zu verrichtende Tätigkeit zwar nicht unmittelbar konkretisieren, aber gleichwohl ihre Erbringung sicherstellen sollen, das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten.

Das Ordnungsverhalten sei jedoch nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

Hinweis! Ordnungsverhalten ist immer dann mitbestimmungspflichtig, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers auf die Gestaltung des kollektiven Miteinanders oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt.

Da sich hier das Verbot der Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit sowohl auf das Arbeits- als auch auf das Ordnungsverhalten ausgewirkt hat, war der überwiegende Regelungszweck der Maßnahme für die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, maßgebend.

Hinweis! Der überwiegende Regelungszweck richtet sich nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nach dem objektiven Inhalt der Maßnahme sowie der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens. Dabei sei eine - qualitative - Gewichtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

Im Ergebnis schloss sich der 1. Senat der Rechtsauffassung der Vorinstanzen an. Durch das Verbot der Smartphone-Nutzung sei nach seinem maßgeblichen, überwiegenden Regelungszweck das Arbeitsverhalten und die Art und Weise der Arbeitserbringung betroffen und damit nicht das Ordnungsverhalten. Das Verbot unterfiele damit nicht der Mitbestimmung.

Fazit für Sie!
Damit hat das Bundesarbeitsgericht den Streit, ob ein arbeitgeberseitiges Verbot der Handy- bzw. Smartphonenutzung eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme darstellt, beendet.

Zudem enthält die Entscheidung allgemeine Hinweise zur Abgrenzung zwischen mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten und mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten.

Mit diesen Hinweisen verabschiede ich mich für heute von Ihnen.

Herzliche Grüße

Ihr
Boris Hoffmann


1 Bag 17.10.2023 – 1 ABR 24/22, juris.

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