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Kündigungsschutzklage – Streitgegenstand – Klagefrist

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Vor dem Bundesarbeitsgericht haben die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und zweier hilfsweise erklärter ordentlicher Kündigungen gestritten.

Leitsatz

Eine Kündigungsschutzklage wahrt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG auch für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem Auflösungstermin der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger ihre Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz explizit geltend macht und mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erfasst.


Orientierungssätze

  1. Ist einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG der Zusatz „… und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht“ unmittelbar und ohne optische Absetzung angefügt, muss es sich dabei nicht um einen eigenständigen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO handeln. Ebenso gut kann der Zusatz als gleichsam redaktionelle Bekräftigung ohne eigenen Inhalt zu verstehen sein. Etwas anderes gilt dann, wenn sich aus der Klagebegründung ergibt, dass damit ein eigener Sachantrag gestellt sein soll. Ist dies nicht schon aus der Klageschrift ersichtlich, sondern stellt der Kläger sein Begehren erst später klar, wird der allgemeine Feststellungsantrag erst ab diesem Zeitpunkt anhängig.

  2. Von einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist regelmäßig das Begehren umfasst festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff). Dies setzt voraus, dass es bis zu eben diesem Auflösungszeitpunkt – einschließlich seiner selbst – durch keinen anderen Tatbestand geendet hat. Etwas anderes gilt, wenn der Kläger den Gegenstand eines Kündigungsschutzantrags (konkludent) auf die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung begrenzt hat und das Gericht sodann auf die Unwirksamkeit der Kündigung erkennt, ohne dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer früher wirkenden Kündigung bereits rechtskräftig entschieden wäre.

  3. In einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG liegt damit regelmäßig zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfalten sollen.

  4. Eine Kündigungsschutzklage wahrt daher die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG auch für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem Termin der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger ihre Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz explizit geltend gemacht und mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erfasst hat. Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 6 KSchG.



Auf die vollständige Begründung des Urteils wird Bezug genommen.


BAG vom 18.12.2014 – 2 AZR 163/14 –


Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

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