„Vorsorgliche“ Änderungskündigung – Auslegung des Klageantrags
Leitsatz
Ordnet der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechts an und spricht er zusätzlich eine darauf bezogene Änderungskündigung für den Fall aus, dass die Maßnahme nicht ohne eine Änderung des Arbeitsvertrags zulässig ist, kann der Arbeitnehmer – falls er zugleich die einseitige Maßnahme gerichtlich angreift – seinen Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG unter die Bedingung stellen, dass über diesen nur befunden wird, wenn es nach Auffassung des Gerichts für die streitgegenständliche Maßnahme einer Vertragsänderung bedarf.
Orientierungssätze
- Klageanträge sind nach den für Willenserklärungen maßgeblichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht.
- Der Arbeitgeber, der eine Änderungskündigung vorsorglich i. S. von hilfsweise und nur für den Fall erklärt, dass seine Rechtsauffassung, er könne die beabsichtigte Änderung auch ohne Kündigung herbeiführen, in einem Rechtsstreit von den Arbeitsgerichten nicht geteilt werde, bekundet damit, die Kündigung solle nur gelten, wenn er nicht schon einseitig zu der von ihm beabsichtigten Veränderung berechtigt ist. In diesem Fall ist die Kündigung zulässigerweise unter eine auflösende sog. Rechtsbedingung gestellt.
- Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig angewiesen, künftig an einem anderen Arbeitsort tätig zu werden, und hat er außerdem nur „vorsorglich“ eine auf das gleiche Ziel gerichtete Änderungskündigung erklärt, kann der Arbeitnehmer neben einem Antrag auf Feststellung, die „Versetzung“ sei unwirksam, einen Änderungsschutzantrag gem. § 4 Satz 2 KSchG unter der Bedingung stellen, dass es nach Auffassung des Gerichts keiner Vertragsänderung für die vom Arbeitgeber angestrebte Versetzung bedurfte. Die Antragstellung unter einer entsprechenden innerprozessualen Bedingung ist zulässig.
- Mit der Entscheidung des Gerichts, ein solcher Hilfsantrag sei ihm nicht zur Entscheidung angefallen, weil die auflösende Bedingung, unter der er gestellt war, eingetreten sei, ist die der Rechtskraft i. S. des § 322 Abs. 1 ZPO fähige Feststellung verbunden, es habe für die vom Arbeitgeber mit der Änderungskündigung angestrebte Änderung des Arbeitsorts keiner Vertragsänderung bedurft.
Auf die vollständige Begründung der Entscheidung wird verwiesen.
BAG vom 17.12.2015 – 2 AZR 304/15 –
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

