Altersteilzeit im öffentlichen Dienst – genereller Ausschluss des Blockmodells – Ermessensausübung
Das BAG hatte über die Frage zu entscheiden, ob ein genereller Ausschluss des Blockmodells bei der Gewährung von Altersteilzeit im öffentlichen Dienst zulässig ist.
Vorbemerkungen
Der vom BAG entschiedene Fall betrifft den Geschäftsbereich der Bundesagentur für Arbeit (BA). Dort gilt ein Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ), der – soweit es um die zu entscheidenden Fragen ging – vollständig identisch ist mit dem TV ATZ, der im Geltungsbereich von TVöD und TV-L Anwendung findet. Die Rechtsprechung ist demnach übertragbar.
Der TV ATZ räumte einen Anspruch auf die Altersteilzeitarbeit bzw. die Möglichkeit der Vereinbarung der Altersteilzeitarbeit zu den dort normierten Voraussetzungen nur bis zum 31.12.2009 ein.
Vgl. zu den ab 1.1.2010 geltenden neuen tarifvertraglichen Regelungen den Fachbeitrag von R. Braun vom 4.6.2010: „Neue Altersteilzeit für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes“
Sachverhalt
Der im Juni 1949 geborene Kläger ist seit einer Reihe von Jahren als Arbeitsvermittler beschäftigt. Er beantragte Altersteilzeit im Blockmodell. Die Arbeitsphase sollte von Juli 2009 bis Dezember 2011 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2012 bis Juni 2014. Die Beklagte lehnte den Antrag ab und stellte es dem Kläger frei, Altersteilzeitarbeit im Teilzeitmodell zu beantragen.
Prozessergebnis
Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.
Begründung (Zusammenfassung)
Der Kläger hat Anspruch auf Abschluss des verlangten Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell. Der Arbeitnehmer hat nach §§ 2, 3 TV ATZ keinen Vollanspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat vielmehr nach billigem Ermessen über die Verteilung der Arbeitszeit zu entscheiden (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB). Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen berücksichtigt hat. Zu berücksichtigen sind alle sachlichen Gründe, die sich auf die Lage der Arbeitszeit beziehen.
Die tariflichen Vorschriften geben weder dem Blockmodell noch dem Teilzeitmodell den Vorrang. Es ist unzulässig, eines der beiden tariflich vorgesehenen Arbeitzeitverteilungsmodelle gänzlich auszuschließen. Die Regelung in § 3 Abs. 3 TV ATZ liefe teilweise leer, wenn der Arbeitgeber aus finanziellen oder hauswirtschaftlichen Gründen von vornherein bestimmen könnte, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur im Teilzeitmodell durchgeführt werden darf. Dadurch würde der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien unterlaufen.
Im Streitfall überwiegen die Interessen des Klägers gegenüber den Belangen der Beklagten. Mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell bringt der Arbeitnehmer eine bestimmte Lebensplanung zum Ausdruck. Der Arbeitgeber hat demgegenüber Sachgründe hiergegen vorzubringen. Sonst überwiegen die Belange des Arbeitnehmers. Dafür spricht insbesondere § 3 Abs. 3 TV ATZ. Der Arbeitgeber wird durch diese Regelung verpflichtet, den Wunsch des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer Einigung zu erörtern.
Die mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell ausgedrückte Lebensplanung zeigt sich in dem zu entscheidenden Fall daran, dass sich die Ehefrau des Klägers bereits in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet. Die von der Beklagten vorgebrachten Umstände stellen keine sachlich berechtigten betriebsorganisatorischen oder wirtschaftlichen Gegengründe dar.
BAG, U. v. 17.8.2010
Az. 9 AZR 414/09
-gk-