Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit seiner Entscheidung vom 04.07.2022, Az. 2 B 5.22 mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein Beamter auf Widerruf sein Ausscheiden aus dem Dienst, und zwar vor der Beendigung des Vorbereitungsdienstes mit der Folge zu vertreten hat, dass die Behörde bereits gezahlte Anwärterbezüge von ihm wieder zurückfordern kann. Das Gericht hat in seiner Entscheidung nicht nur die Rechtsgrundlagen für die Möglichkeit der Rückforderung von Anwärterbezügen aufgezeigt, sondern zudem den für die Praxis wichtigen Begriffe der „Auflage“ erläutert.
Die Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Anwärterbezügen ist in § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG (soweit im Folgenden keine weiteren Angaben enthalten sind, sind die Vorschriften in den jeweiligen Rechtsbereichen der Länder inhaltlich identisch, vgl. etwa hier § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW) in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB normiert. Danach besteht ein Anspruch des Dienstherrn auf Rückzahlung von Bezügen, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eintritt.
Nach § 59 Abs. 5 BBesG kann die Gewährung von Anwärterbezügen für Anwärter, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes ein Studium ableisten, von der Erfüllung von „Auflagen“ abhängig gemacht werden. Insoweit handelt es sich um eine besondere Zweckbestimmung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB.
Die in § 59 Abs. 5 BBesG enthaltene Ermächtigung umfasst die Befugnis, die Anwärterbezüge an die - vor deren Auszahlung ausdrücklich zu erklärende - Verpflichtung zu koppeln,
Darüber hinaus darf der Dienstherr die Zahlung der Anwärterbezüge daran knüpfen, dass der Anwärter nicht aus einem von ihm zu vertretenden Grund aus dem Vorbereitungsdienst ausscheidet (BVerwG 10.02.2000 – 2 A 6.99 -, Schütz BeamtR ES/C I 2 Nr. 29).
Scheidet ein Beamter auf Widerruf aus dem Dienst aus, so hat er dies zu vertreten, wenn es auf Umständen beruht, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Umstände, die zum Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis geführt haben, maßgeblich durch das Verhalten des Beamten geprägt sind. Hierbei muss der Dienstherr allerdings immer auch die Motive des Beamten für das Ausscheiden aus dem Dienst berücksichtigen.
Damit ist letztlich entscheidend, ob das Verhalten des Beamten auf Widerruf bei der Einbeziehung der Motivation in dem jeweiligen rechtlichen Zusammenhang, in dem er steht, "billigerweise" dem von dem Bediensteten oder dem vom Dienstherrn zu verantwortenden Bereich zuzuordnen ist (BVerwG 16.01.1992 – 2 C 30.90 -, Schütz BeamtR ES/C I 2 Nr. 16). Letztlich handelt es sich damit also eine Umsetzung der klassischen „Sphärentheorie“.
Ob der Beamte sein Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu vertreten hat, bedarf immer einer Prüfung und Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
Begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung als Unterfall der persönlichen Eignung des Beamten auf Widerruf für die angestrebte Beamtenlaufbahn stellen sogar einen sachlichen Grund dar, der die "jederzeitige" Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf gemäß § 37 Abs.1 Satz 1 BBG, § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG - rechtfertigen kann (BVerwG 09.06.1981 – 2 C 48.78 -, E 62, 267).
Die Frage, ob ein Beamter charakterlich geeignet ist, bedarf einer prognostischen Einschätzung des Dienstherrn dahingehend, inwieweit der Beamte der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht (werden) wird. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Beamten, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen. Letztlich bedarf es damit einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls. Allerdings kann selbst ein einmaliges Fehlverhalten Rückschlüsse auf die charakterliche Nichteignung eines Beamten zulassen, wie die Entscheidung des BVerwG vom 20.07.2016, Az. 2 B 17.16 eindrucksvoll zeigt, Verneinung der charakterlichen Eignung wegen eines „Kollegenstreichs“ wegen „Lagekoller“).
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Dienstherrn im Streitfall nicht beanstandet. Dieser berief sich im Rahmen der Rückforderung der Anwärterbezüge u. a. darauf, dass der Beamte
Weitere Einzelheiten zum Begriff der charakterlichen Eignung finden Sie bei Hoffmann, B. in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, BeamtStG, Rn. 38 ff. zu § 9; zur Geltendmachung von Rückforderungen bei Nichterfüllung der Auflage siehe Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, § 59 BBesG Rn. 30 ff.)
Verfasser: Dr. Boris Hoffmann, o. Prof. an der Fachhochschule NRW für öffentliche Verwaltung
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