Anordnung einer Fortbildung als Verwaltungsakt?
Liebe Leserin, lieber Leser,
in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Dienstherr gegenüber einem Feuerwehrbeamten die Weisung erteilt,
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an einem Ergänzungslehrgang zum Erwerb der Berufsbezeichnung „Notfallsanitäter“ teilzunehmen und
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im Erfolgsfall die erworbene Urkunde zum Führen der Berufsbezeichnung der Personalabteilung vorzulegen.
Das grundsätzliche Interesse des Dienstherrn lag darin, den Beamten weiterhin als Betreuer der Notfallpatienten in seinen Rettungswagen einsetzen zu können. Die Anforderungen für die Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben hatten sich gesetzlich geändert. Es handelte sich deshalb um eine sog. „Anpassungsfortbildung“ und nicht etwa um eine „Förderungsfortbildung“. Die Fortbildung war nach den einschlägigen Bestimmungen für die weitere Wahrnehmung der bisherigen dienstlichen Aufgaben erforderlich.
Die gegen die Fortbildungsanordnung erhobene Klage des Beamten hatte in dritter Instanz Erfolg. Dabei befasste sich das BVerwG mit einigen für das Beamtenrecht äußerst interessanten Fragestellungen.
Infrage stand hier zunächst, ob die Anordnung lediglich eine behördeninterne Wirkung darstellt oder ob sie eine Außenwirkung besitzt und damit als Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG einzustufen ist. Diese Abgrenzung spielt im Beamtenrecht häufig eine wichtige Rolle, so etwa bei der Umsetzung zu einer weit entfernt liegenden Dienststelle (Außenstelle) der Behörde, bei der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung der Dienstfähigkeit, der dienstlichen Beurteilung, der Dienstpostenbewertung, der Anordnung über das äußere Erscheinungsbild (BVerwG v. 2.3.2006 – 2 C 3.05), oder der Einverständniserklärung des aufnehmenden Dienstherrn bei einer Abordnung bzw. Versetzung (vgl. hierzu Hilg/Baßlsperger, ZBR 2015, 145 ff.).
Die Frage, ob eine Maßnahme des Dienstherrn eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen besitzt und damit einen Verwaltungsakt darstellt, ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil den Beamten im Rahmen ihres öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis (Art. 33 Abs. 4 GG) besondere Dienstpflichten auferlegt sind, die über die allgemeinen Pflichten eines Angestellten weit hinausgehen. Für die Klärung der Frage, ob und inwiefern bei beamtenrechtlichen Maßnahmen Außenwirkung vorliegt und damit ein Verwaltungsakt gegeben ist, kann aus praktischen Gründen auf die früher übliche Unterscheidung zwischen Grund- und Betriebsverhältnis zurückgegriffen werden (vgl. dazu auch: Sachs, NWVBl. 2004, 209 ff.).
Demzufolge kann eine den Beamten belastende oder begünstigende Maßnahme des Dienstherrn sich entweder als eine Maßnahme darstellen, die ihn als Verwaltungsakt in seiner persönlichen Rechtsstellung (Grundverhältnis) gegenüber dem Dienstherrn betrifft, oder sich (nur) auf seine Stellung als Amtsträger und Mitglied der Verwaltungsorganisation seines Dienstherrn bezieht (Betriebsverhältnis). Im ersten Fall ist von einer Außenwirkung und damit von einem Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG auszugehen, während es sich im zweiten Fall lediglich um eine innerbetriebliche Organisationsmaßnahme und um die Konkretisierung der Gehorsamspflichten des Beamten (vgl. § 35 BeamtStG/§ 62 BBG) handelt.
- Die Frage ob ein Verwaltungsakt vorliegt, ist zum einen für den Dienstherrn von Bedeutung, weil er in diesem Fall seiner Anordnung nicht nur eine Rechtsbehelfsbelehrung beifügen, sondern auch u.U. die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anordnen und diese auch nach § 80 Abs. 3 VwGO besonders begründen muss.
- Für den Beamten richtet sich die Frage des Rechtsschutzes ebenfalls nach dem Vorliegen eines Verwaltungsakts. Ist ein solcher gegeben, dann besitzt sein hiergegen ergangener Anfechtungswiderspruch (§ 68 Abs. 1 VwGO/§ 126 Abs. 2 BBG bzw. § 54 Abs. 2 BeamtStG) nach § 80 Abs. 1 VwGO ebenso eine aufschiebende Wirkung, wie eine beim Verwaltungsgericht eingelegte Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO). Im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung steht ihm der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Entfall dieser Wirkung offen. Ist die Maßnahme des Dienstherrn dagegen nicht als Verwaltungsakt zu bewerten, dann steht ihm (lediglich) die allgemeine Leistungsklage und – weil diese Möglichkeit schneller und deshalb effektiver zu seinem Rechtsschutz führen kann – der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO (Sicherungsanordnung) zur Verfügung.
Die Unterscheidung nach dem Grund- bzw. Betriebsverhältnis (siehe oben) hat auch das BVerwG in seinem o.g. Urteil vom 22.6.2023 getroffen. Es hat entschieden, dass die mit der Anordnung angestrebte Möglichkeit, den Kläger nach erfolgreichem Abschluss der Ergänzungsprüfung zum Erwerb der Berufsbezeichnung als Notfallsanitäter weiterhin als Betreuer der Notfallpatienten in Rettungswagen einsetzen zu können, zwangsläufig in dessen persönliche (subjektive) Rechtsstellung eingreift und somit ein Verwaltungsakt gegeben ist. Der Kläger wird – so das Gericht – eben nicht nur in seiner innerdienstlichen Funktion als Beamter betroffen, um die Einzelheiten seiner Dienstausübung festzulegen. Dabei kommt auch der Tatsache Bedeutung zu, dass ihm durch die Anordnung die Verpflichtung auferlegt wurde, an einer berufsqualifizierenden Prüfung teilzunehmen und im Erfolgsfall die erworbene Urkunde vorzulegen. Nur auf diese Weise wäre es ihm nach den Planungen seiner Behörde und den geänderten gesetzlichen Voraussetzungen möglich gewesen, sein Amt im konkret-funktionellen Sinn (= Dienstposten) weiterhin ausüben zu können. Damit wird aber gerade das Grundverhältnis – und nicht nur das Betriebsverhältnis – des Beamten betroffen.
Wichtig ist dabei auch noch Folgendes:
Im Rückschluss aus dieser Entscheidung des BVerwG kann angenommen werden, dass eine Fortbildungsanordnung in aller Regel nur das Betriebsverhältnis eines Beamten betrifft und folglich mangels Außenwirkung keinen Verwaltungsakt darstellt, weil sie lediglich auf die Sicherung oder Verbesserung der innerdienstlichen Angelegenheiten bzw. Verfahrensabläufe abzielt. Eine „normale“ Fortbildungsveranstaltung ist deshalb durchaus mit einer Umsetzung vergleichbar, die ebenfalls keine Außenwirkung besitzt.
Wegen der weiteren vom BVerwG entschiedenen Punkte sowie zum Erfolg der Klage siehe den kommenden Beitrag vom 6.11.2023 mit dem Titel:
Anordnung einer Fortbildung: Rechtmäßigkeit und Personalratsbeteiligung
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Lesen Sie zu dem Thema „Tiere und Beamte“ auch:
Der Verwaltungsakt im Beamtenrecht - Teil I: Außenwirkung
Der Verwaltungsakt im Beamtenrecht - Teil II: Regelung
Der Verwaltungsakt im Beamtenrecht - Teil III: Der feststellende Verwaltungsakt

